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Kalibriersystem für Sampled-Value-basierte digitale Energiezähler

30.11.2021

Zukünftig werden Messwandler und zugehörige Messgeräte in Hochspannungsnetzen digital sein. Dabei werden die analogen Signale (Sekundärspannungen und -ströme) der Messwandlersysteme zeitlich synchronisiert und digitalisiert.

 

 

 

Die den Messgeräten schließlich zugeführten Signale sind daher Abtastwerte (Sampled Values, SV). Um SV-basierte Messinstrumente für den Einsatz in elektrischen Verteilungs- und Übertragungsnetzen zu validieren, werden neuartige SV-basierte Kalibriersysteme benötigt. Die PTB hat ein Kalibriersystem entwickelt, welches für digitale Energiezähler für die Messung der elektrischen Energie geeignet ist. Da bislang noch keine Norm für digitale Energiezähler existiert, wurde für den Prüfplan und für die Genauigkeitsanforderung zunächst die schon bestehende Norm IEC 62053-22 für elektronische Wirkverbrauchszähler der Genauigkeitsklassen 0,2 S und 0,5 S herangezogen. In Anlehnung an diese Norm wurden die Messabläufe für digitale Energiezähler in mehrere Teile gegliedert. Unterschieden werden: dreiphasige symmetrische Belastung, einphasige Belastung bei symmetrischer Spannung an den Spannungspfaden, und andere Einflussgrößen.


Der Messaufbau für die Kalibrierung eines digitalen Energiezählers ist im Bild dargestellt. Die Kalibrierung besteht hauptsächlich aus einem in der PTB entwickelten SV-Generator (blauer Block im Bild), dem digitalen Energiezähler als DUT („Device under Test“, Prüfling) und einem Rechner (PC) mit einem Steuerprogramm.


Der in der PTB entwickelte SV-Generator wurde als Simulator für Geräte mit digitalem Ausgang betrachtet und kann zur Kalibrierung eines SV-basierten Messgeräts verwendet werden. Das Basismodul ist eine 32-Bit ARM Cortex-M4 CPU mit Ethernet- und USB-Anschlüssen. Der SV-Generator sendet vorprogrammierte Abtastwerte von Dreiphasen-Vierleiterströmen und -spannungen über Ethernet unter Verwendung des Protokolls IEC 61850-9-2 bei den normierten Abtastraten fs von 4 kHz, 4,8 kHz, 5,76 kHz und 14,4 kHz. Jeder Spannungs- und Stromkanal kann mit beliebigen Signalen programmiert werden. Referenzleistung und -energie werden durch die integrierten Algorithmen im Steuerprogramm des SV-Generators bestimmt.


Grundsätzlich können die Messwerte des digitalen Energiezählers mit drei verschiedenen Verfahren ermittelt werden: i) die Anzeigewerte für Startenergie Estart und Endenergie Eend vom Display ablesen, ii) die Anzahl der LED-Impuls Nimp. vom digitalen Energiezähler messen und iii) die Periodendauer der LED-Impuls Timp. vom digitalen Energiezähler messen. Der im gezeigten Aufbau verwendete Funktionsgenerator ermöglicht die notwendige Zeitsynchronisation für das Messverfahren i). Die zu messende Energie nach Gleichung EX-display = Eend - Estart kann damit ermittelt werden. Der Einsatz des Konverters (optisch zu elektrisch) und des Universal Counters dienen der Durchführung der Messverfahren gemäß ii) und iii). Die gemessene Energie wird hierbei mittels der Zählerkonstante sowie der Anzahl der Impulse Nimp. für das Messverfahren ii), bzw. über die Messung der Periodendauer der Impulse Timp. für das Messverfahren iii) abgeleitet. Die Messunsicherheit ergibt sich hauptsächlich aus der Auflösung der angezeigten Werte bzw. der vom digitalen Energiezähler gezählten Impulse. Zudem ergibt sich ein weiterer Unsicherheitsbeitrag durch Rundung der Abtastwerte im Protokoll 61850-9-2.


Mit dem vorgestellten Kalibriersystem wurde ein kommerzieller digitaler Energiezähler der Klasse 0,2S bei 50 Hz kalibriert. Der Zähler war für eine nominale Spannung von 100 kV und einem nominalen Strom von 1 kA parametriert. Die erzielten Messunsicherheiten lagen unter allen Bedingungen bei deutlich unter 0,1 %. Die drei unterschiedlichen Messverfahren stimmten innerhalb von 0,02 % überein. Dies macht insbesondere das Messverfahren iii) interessant, da die erzielte Messzeit für die Periodendauer der Impulse bei gleicher Messunsicherheit um zwei Größenordnungen geringer ausfällt als bei dem Verfahren mit der Zählung der Impulse (Verfahren ii), bzw. dem Ablesen der Anzeigewerte für die Energie (Verfahren i).

 

 

 

Bild: Messaufbau zur Kalibrierung des digitalen Energiezählers.

 

 

 

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