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Einfachere Messunsicherheitsabschätzung bei bestimmten Modellfunktionen

14.01.2011

Gängige Verfahren zur Bestimmung der Unsicherheit von Messergebnissen setzen in der Regel eine Modellfunktion voraus, mit Hilfe derer die Beiträge zur Gesamtmessunsicherheit berechnet werden. Dazu werden die partiellen Ableitungen dieser mathematischen Funktion gebildet, die als so genannte Sensitivitätskoeffizienten angeben, wie stark der Einzelbeitrag in das Gesamtbudget eingeht. Nun gibt es Fälle, wo diese Ableitungen null sind, dennoch ist der Einzelbeitrag der damit beschriebenen Größe vorhanden.

Beispiele für solche Funktionen sind die trigonometrischen Funktionen Sinus und Kosinus. Sie treten unter anderem bei der Messungen von Drehmomenten mit Hebel-Masse-Systemen auf: eine Neigung des Hebels aus der horizontalen Position heraus führt zu einer Verkürzung der effektiven Hebelarmlänge, die mit einer Kosinusfunktion beschrieben werden kann. Die Ableitung dieser Funktion ergibt bis auf das Vorzeichen eine Sinusfunktion, deren Wert aber bei einem Winkel von 0 rad gleich null ist, so dass der Beitrag der Unsicherheit der Winkelmessung zur Gesamtmessunsicherheit null wäre, was aber offensichtlich nicht sein kann.

In den einschlägigen Veröffentlichungen wird nun darauf hingewiesen, dass in einem solchen Fall die Nichtlinearität der Funktion (hier also des Kosinus) zu berücksichtigen ist oder Monte-Carlo-Berechnungen anzustellen sind. Beide Wege sind recht aufwändig. Aus diesem Grund wurde ein einfaches Verfahren gefunden, das eine konservative Abschätzung des Unsicherheitsbeitrags der Winkelmessung zur Unsicherheit des Gesamtergebnisses liefert. Das Prinzip ist im Bild 1 erläutert. Die Unsicherheit der Eingangsgröße x (hier also das Ergebnis der Messung des Neigungswinkels) sei mit ux bezeichnet. Man bestimmt nun den Funktionswert der Ableitung der Kosinusfunktion, also in diesem Fall den Wert der Funktion -sin(x), an der Stelle x + ux und nimmt diesen als Sensitivitätskoeffizienten. Mit einem Winkel von 0 rad als Erwartungswert ergibt sich -sin(ux). Dadurch dass Messunsicherheiten geometrisch addiert werden (Wurzel aus der Summe der Quadrate), spielt ein negatives Vorzeichen keine Rolle, der quadrierte Beitrag hat dann also die Form sin²(ux)·(ux)².Wie man dem Bild ebenfalls entnehmen kann, ist der somit abgeschätzte Beitrag stets größer als der Wert der Kosinusfunktion an der Stelle x + ux, allerdings ist die Abweichung für kleine Winkel, die hier zur Diskussion stehen, sehr gering.

Im Falle der Drehmomentmessung wurde der zusätzliche relative Messunsicherheitsbeitrag aufgrund der sehr genauen Neigungsmessung mit 1,6·10-6 bestimmt, was hinreichend klein ist im Vergleich zur Messunsicherheit der Messeinrichtung. Allerdings können mit dem neuen Verfahren auch Unsicherheiten bei ungenaueren Winkelmessungen abgeschätzt werden.

Vereinfachte Messunsicherheitsabschätzung für eine Kosinus-Funktion

Bild 1: Vereinfachte Messunsicherheitsabschätzung für eine Kosinus-Funktion

Literatur:

[1] Röske, D.: Uncertainty Contribution In The Case Of Cosine Function With Zero Estimate – A Proposal. IMEKO 2010: TC3, TC5 and TC22 Conferences, Pattaya, 21-25, November, 2010, Download:
http://www.imeko.org/publications/tc3-2010/IMEKO-TC3-2010-028.pdf

Ansprechpartner:

Dirk Röske, FB 1.2, AG 1.22, E-Mail: dirk.roeske@ptb.de