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Kooperation mit Großwindkanal-Betreiber WindGuard

11.05.2010

In vielen Bereichen der Industrie, wie beispielsweise in der Klima- und Umwelttechnik, der Meteorologie, Luftfahrt oder Windenergiebranche, ist die Kenntnis der Strömungsgeschwindigkeit von zentraler Bedeutung. Messgeräte zur Erfassung der Messgröße Strömungsgeschwindigkeit, wie z.B. Flügelrad-Anemometer, werden üblicherweise in Windkanälen kalibriert. Die PTB betreibt zur Darstellung und Weitergabe der Einheit Strömungsgeschwindigkeit zwei Windkanäle. Der größere von beiden entspricht mit seiner Düsenquerschnittsfläche von 0,1 m² einer mittleren Baugröße und ist für Kalibrierungen im Geschwindigkeitsbereich von unter 1 m/s bis über 60 m/s geeignet.

Bei der Kalibrierung von Anemometern muss beachtet werden, dass das Einbringen der Prüflinge in den Windkanal Rückwirkungen auf das Strömungsfeld verursacht. Diese Rückwirkungen sind von der Größe, der Bauform und dem Funktionsprinzip des Anemometers sowie von der Größe des Windkanals selbst abhängig und werden durch Anwendung unterschiedlicher Kalibrierverfahren und durch unterschiedliche Korrekturfaktoren berücksichtigt. Bei internationalen Vergleichsmessungen wurde jedoch festgestellt, dass die Vergleichbarkeit der Kalibrierergebnisse im Rahmen der dokumentierten Messunsicherheiten dennoch häufig nicht gegeben ist. Lediglich Windkanäle mit gegenüber den Anemometerabmessungen großen Düsenquerschnittsflächen und großen Messfeldlängen erlauben die Realisierung nahezu wechselwirkungsfreier Anemometeranströmungen und bieten somit Möglichkeiten zur Beurteilung von Kalibrierergebnissen anhand idealer Referenzbedingungen.

Die PTB hat jetzt Zugang zu Großwindkanälen erhalten. Basierend auf einer guten und vertrauensvollen Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren, wurde eine Kooperationsvereinbarung mit dem mittelständischen Unternehmen Deutsche WindGuard GmbH in Varel abgeschlossen. WindGuard ist Entwickler, Betreiber und Eigentümer von vier Windkanälen (u. a. auch von Großwindkanälen mit Düsenquerschnittsflächen von 1 m², 11 m²), die die PTB nun für gemeinsame Forschungs- und Entwicklungsarbeiten und nach Bestückung mit PTB-Messtechnik auch als Referenzwindkanäle nutzen kann. WindGuard besitzt fast 20-jährige Erfahrung im Bereich der Anemometerkalibrierung, betreibt hier eigene Forschungsaktivitäten und arbeitet zudem in internationalen Gremien mit. Besonderes messtechnisches Interesse der PTB gilt dem neuen, zum bisher akkreditieren 1 m²-Kalibrierwindkanal baugleichen, auf den Geschwindigkeitsbereich von 0,1 m/s bis 35 m/s erweiterten Kanal. Dieser Kanal, der sich insbesondere durch hohe Turbulenzarmut und hohe räumliche Kohärenz auszeichnet, sollte im Rahmen der Kooperation zukünftig Kalibrierungen mit Messunsicherheiten von U < 0,5% erlauben.

Die Deutsche WindGuard GmbH wurde seinerzeit vom Deutschen Akkreditierungssystem Prüfwesen (DAP) zum Prüflaboratorium von Windenergieanlagen sowie vom Deutschen Kalibrierdienst (DKD) zum Kalibrierlaboratorium im Bereich Strömungsmessgrößen akkreditiert und ist mittlerweile ein international tätiges Dienstleistungsunternehmen der Windenergiebranche. Die Deutsche WindGuard Wind Tunnel Services GmbH, ein Tochterunternehmen der WindGuard, führt mehr als 50% der weltweiten Anemometer-Kalibrierungen im Bereich der Windenergie durch, ist Mitglied von MEASNET, einem internationalen Messnetzwerk von Einrichtungen im Bereich der Windenergie und ist Mitglied der Windenergie-Agentur Bremerhaven/Bremen, in der sich mehr als 200 Unternehmen und Institutionen der Branche zusammengeschlossen haben.

Die Kooperation zwischen PTB und WindGuard liefert somit beste Voraussetzungen, Referenzbedingungen für die Kalibrierung von Anemometern unterschiedlicher Bauart und Funktionsweisen zu realisieren und somit die Vergleichbarkeit von Kalibrierergebnissen in diesem Bereich sicherzustellen.

Ansprechpartner:

Helmut Többen, FB 1.4, E-Mail: helmut.toebben@ptb.de