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Darstellung von Gasvolumenströmen mit erheblich verringerter Messunsicherheit

05.03.2009

Die europäische Metrologieorganisation EURAMET hat sich im Bereich der Durchflussmessung gasförmiger Medien das Ziel gesetzt die Messunsicherheit vor Ort um den Faktor fünf zu verringern. Mit einer neuartigen Fundamentalapparatur ist die PTB diesem Ziel nun entscheidend näher gekommen.

Zur Kalibrierung von Gasmessgeräten entwickelt die PTB Fundamentalapparaturen, die an der Spitze der Kalibrierketten stehen. Zur exakten Darstellung mittlerer Volumenströme wurde ein neuartiges Glockenkolbengerät mit Spindel-Schrittmotorantrieb entwickelt und bereits erfolgreich getestet. Das Kolbengerät gestattet Durchflüsse mit sehr guter Wiederholbarkeit zu erzeugen und erlaubt auch die Kalibrierung von Prüflingen, die selbst einen konstanten Durchfluss erzeugen wie z.B. kritisch betriebene Düsen, die häufig auch als Transfernormale eingesetzt werden.

Prinzipdarstellung des Aufbaus des GlockenkolbengerätsIn einem druckfesten Behälter befindet sich der Glockenkolben, der am oberen Ende über einen Schrittmotor und eine Kugelgewindespindel mit Spindelmutter bewegt wird (siehe Bild 1). Der Glockenkörper ist an seiner Außenseite und innen an den Führungsstangen jeweils über Doppeldichtungen abgedichtet. Eine mögliche Leckage kann über eine Druckmessung zwischen den Dichtungen festgestellt werden. Das System besteht aus einer oberen und einer unteren Kammer, die über eine Verbindungsleitung mit eingebautem Absperrventil V1 und Durchflussindikator miteinander verbunden sind.

Im Vergleich zu einem konventionellen Kolbengerät liegt der Vorteil dieser Konstruktion darin, dass die Rückführung auf die Längeneinheit über Außendurchmesserwerte erfolgt. Diese sind mit wesentlich geringeren Unsicherheiten als Innendurchmesserwerte messbar. Mit einer Koordinatenmessmaschine der PTB wurden die für die Darstellung relevanten Durchmesserwerte mit einer relativen Unsicherheit von besser als Urel = 8·10-5 (k = 2) ermittelt.

Bei einem Außendurchmesser der Glocke von ca. 380 mm und einem Hub von 720 mm beträgt das maximal verdrängte Volumen ca. 80 Liter. Der Darstellungsbereich liegt zwischen QV = 40 l/h und 4000 l/h, die Messzeit beträgt mindestens 1 min.

Um eine Temperaturangleichung zu erzielen, strömt vor der Messung für einen gewissen Zeitraum die Prüfluft durch das komplette System, d.h. durch die obere Kammer, durch die Verbindungsleitung in die untere Kammer, an dem stehenden Kolben vorbei letztendlich durch den Prüfling. Abhängig von seinem Prinzip kann der Prüfling auch den Durchfluss erzeugen, wie z.B. bei einer kritische Düse.

Während der eigentlichen Messung einer kritischen Düse wird der Glockenkolben von der Startposition beginnend langsam mit steigender Geschwindigkeit nach unten bewegt. Der durch die Kammern geleitete Volumenstrom wird zunehmend vom Glockenkolben übernommen, d.h. der vom Flowindikator in der Verbindungsleitung angezeigte Durchflusswert sinkt. Sobald der Flowindikator den Wert Null erreicht, hat der Glockenkolben exakt den von Düse vorgegebenen Volumenstrom QV,Düse erzeugt, der über die Durchmesserwerte dKolben und dFührung, der Motorschrittfrequenz f und der Spindelsteigung s gemäß der folgenden Gleichung rückgeführt bestimmt werden kann.

Das vorgestellte Messprinzip realisiert erstmals ein Kolbengerät, das als Durchflusskomparator betrieben werden kann. Aufgrund seiner Auslegung erlaubt das Gerät erstmals direkte Düsenkalibrierungen bei Eingangsdrücken von bis zu 10 bar mit einem aktiv angetrieben Kolben. Zudem ist auch der Einsatz mit unterschiedlichen Prüfgasen prinzipiell möglich. Mit der neuen Apparatur wird eine Verbesserung der Messunsicherheit bzgl. der Rückführung von Volumenströmen auf Urel= 0,04 % (k = 2) erreicht. Vergleichsmessungen mit den Normalen der PTB, insbesondere der Gasmessglocke, zeigen eine sehr gute Übereinstimmung (siehe Bild 2).

Ergebnisse der Vergleichsmessungen mittels kritisch betriebenen Düsen zwischen etablierten Referenznormalen der PTB (CMC-Einträge DE37, DE41 und DE43) und dem neuen Glockenkolbengerät (Nulllinie im Diagramm).

Bild 2: Ergebnisse der Vergleichsmessungen mittels kritisch betriebenen Düsen zwischen etablierten Referenznormalen der PTB (CMC-Einträge DE37, DE41 und DE43) und dem neuen Glockenkolbengerät (Nulllinie im Diagramm).

Ansprechpartner:

Rainer Kramer, FB 1.4, AG 1.42, E-Mail: rainer.kramer@ptb.de