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Hörschwellen für neue Kurzzeitsignale: Gleichheit der Hörschwelle für Click- und Chirpsignale gezeigt

14.07.2008

Click- und Chirp-Signale mit identischem Amplitudenspektrum haben für die audiometrische Praxis gleiche subjektive Hörschwellen. Dies kann die Kalibrierung wesentlich vereinfachen.

Bei dem zur objektiven Audiometrie zählenden Verfahren der "Hirnstamm-Audiometrie" wird die Reaktion des Gehirns auf Geräusche mit auf der Kopfhaut befestigten Elektroden gemessen. Dazu werden üblicherweise genormte Kurzzeitsignale, ("Clicks" und Kurztöne) verwendet. In jüngerer Zeit haben klinische Forschungen gezeigt, dass die "Akustisch Evozierte Potentiale" genannten Reaktionen des Gehirns deutlicher ausfallen, wenn man kurze "Chirps" (engl. "Zwitschern") verwendet.

Sowohl die Clicks als auch die Chirps setzen sich aus vielen Einzeltönen zusammen, dem so genannten akustischen Spektrum. Alle Einzeltöne haben ihre individuellen Schalldruckpegel, aber auch individuelle Startzeiten der Sinusschwingungen. Wenn man Chirps erzeugt, welche bei allen Frequenzkomponenten jeweils dieselben Schalldruckpegel haben wie die entsprechenden Frequenzkomponenten der Clicks, aber umso spätere Startzeiten, je höher die Frequenz ist, dann haben diese Chirps eine ansteigende Momentanfrequenz und zeigen die erwähnte höhere Wirksamkeit für akustisch evozierte Potentiale des Gehirns. Physiologischer Grund dafür ist die Art und Weise der Wellenausbreitung der Signale innerhalb des Innenohrs. Die Wirksamkeit der Chirps ist am größten, wenn die Verzögerungen für hohe Frequenzen tatsächlich aus den Laufzeiten im Innenohr berechnet werden.

Kopfhörer-Klemmenspannungen von Click und Chirp

Bild 1: Kopfhörer-Klemmenspannungen von Click und Chirp

Die höhere Wirksamkeit kann nur dann bewiesen werden, wenn man zeigt, dass diese Chirps nicht etwa deshalb wirksamer sind, weil sie prinzipiell lauter sind als Clicks, sondern selbst dann, wenn sie denselben Lautstärkepegel haben.

Zum Beweis muss man die Hörschwellen für die beiden zu vergleichenden Signale messen.

Die im Rahmen eines Projekts in der Arbeitsgruppe "Hörschall" an Versuchspersonengruppen durchgeführten Hörschwellenmessungen zeigten, dass tatsächlich Signale mit so unterschiedlichem Zeitverlauf unter Verwendung konventioneller Audiometrie-Kopfhörer in statistischem Sinne gleiche Hörschwellen hervorrufen. Die Abbildung zeigt die zugehörigen Kopfhörer-Klemmenspannungen für Click und Chirp. Wenn beide Signale mit 30 dB über der Hörschwelle dargeboten werden, erzeugen die Chirps deutlich größere Reaktionen des Gehirns (akustisch evozierte Potentiale).

Der Nutzen dieses Ergebnisses für die Anwendung in der praktischen Audiometrie liegt darin, dass die Notwendigkeit entfällt, jedes Signal innerhalb einer Gruppe von Testsignalen, die verschiedene Phasen-, aber identische Amplitudenspektren besitzen, separat zu kalibrieren. Es genügt, die Kalibrierung für eines davon durchzuführen. Das bedeutet die Einsparung einer großen Anzahl von aufwendigen Hörschwellenmessungen an Versuchspersonengruppen zur Ermittlung von Bezugs-Hörschwellen.

Ansprechpartner:

Johannes Hensel, FB 1.6, AG 1.61, E-Mail: Johannes.Hensel@ptb.de