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Untersuchungen zum Einfluss der Prozessbedingungen bei Vergleichs- und Anschlussmessungen mit industriellen Durchflussmessgeräten mit Hilfe des Hydrodynamischen Prüffelds der PTB

09.10.2006

Untersuchungen mit industriellen Durchflussmessgeräten am Hydrodrodynamischen Prüffeld (HDP) der PTB haben gezeigt, dass die häufig durchgeführten rechnerischen Korrekturen für die vor Ort herrschenden Prozessbedingungen (Medientemperatur, Prozessdruck) die Messabweichungen dieser Vergleichsmessgeräte nur unvollkommen kompensieren. Da im HDP der Einfluss der Prozessbedingungen experimentell ermittelt werden kann, stellt es ein unverzichtbares Bezugsnormal für den Anschluss von industriellen Durchfluss-Normalmesseinrichtungen dar.

Die Messbedingungen in den industriellen Durchfluss-Normalmesseinrichtungen unterscheiden sich mehrheitlich von den nahezu idealen - mit entsprechendem technischen und wirtschaftlichen Aufwand realisierten - Messbedingungen im Hydrodynamischen Prüffeld der PTB (HDP) darin, dass im HDP die Prozessparameter, wie Medientemperatur und Prozessdruck im jeweils zu kalibrierenden bzw. als Transfermessgerät dienenden Durchflussmessgerät in einem weiten Bereich eingestellt werden können.

Die bisherige Praxis besteht darin, dass eine rechnerische Korrektion der betreffenden Prozesseinflüsse vorgenommen wird (wie zum Beispiel durch Korrektur der Temperaturausdehnung der Messturbine oder durch Umrechnung des Volumenstroms in die Reynoldszahl). Im Allgemeinen liegen diesen Korrektionen Modellbetrachtungen zugrunde, die im Wesentlichen lediglich strömungsbedingte Auswirkungen und Druck- bzw. Temperaturwirkungen auf den das Durchfluss-Sensorelement umgebenden Rohrteil des Messgerätes berücksichtigen. Untersuchungen am HDP haben gezeigt, dass Auswirkungen dieser Einflussgrößen auf das eigentliche Durchfluss-sensitive Messelement aufgrund der Komplexität auf theoretischer Basis nur bedingt möglich sind, und das auch nur in Ausnahmefällen.

Die Bilder 1 und 2 zeigen die Messabweichungen einer Durchflussmessturbine als Funktion des Volumendurchflusses und Darstellungen dieser Ergebnisse als Funktion der Reynoldszahl sowie nach einer Korrektur der thermischen Ausdehnung von Turbinenrad und Messrohr. Wie die in den Bildern 1a und 1b dargestellten Messergebnisse im Vergleich jeweils als Funktion des Volumenstroms, d.h. der tatsächlich zu messenden Größe, bzw. der Reynoldszahl anschaulich belegen, verringert die Darstellung als Funktion der Reynoldszahl (Bild 1 b) zwar den Temperatureinfluss, stellt jedoch keine Temperaturkorrektur der Messanordnung "Durchflussmesser" dar. Selbst die Einbeziehung der thermisch bedingten Dimensionsänderungen von Messrohr und Turbinenlaufrad eines Turbinendurchflussmessgerätes (Bild 2a) stellt nur eine unvollkommene Temperaturkorrektion dar. Die im Bild 2b dargestellten Reynoldszahl bezogenen Werte können sogar als eine Art Überkompensation, sprich Umkehrung dieses theoretisch bestimmten Temperaturkoeffizienten, interpretiert werden.

Messabweichungen einer Durchflussmessturbine als Funktion der Reynolds-Zahl (Rohdaten) Messabweichungen einer Durchflussmessturbine als Funktion des Volumenstroms (Rohdaten)

Bild 1: Messabweichungen einer Durchflussmessturbine: "Roh-"Daten
       a) (links) Messabweichung als Funktion des Volumenstroms
       b) (rechts) Messabweichung als Funktion der Reynolds-Zahl

Messabweichungen einer Durchflussmessturbine DN150 als Funktion des Volumenstroms - Rechnerische Temperaturkorrektion unter Berücksichtigung der thermischen Längenausdehnung der Messturbine Messabweichungen einer Durchflussmessturbine DN150 als Funktion der Reynolds-Zahl - Rechnerische Temperaturkorrektion unter Berücksichtigung der thermischen Längenausdehnung der Messturbine

Bild 2: Messabweichungen einer Durchflussmessturbine DN150:
       Rechnerische Temperaturkorrektion unter Berücksichtigung der thermischen Längenausdehnung der Messturbine
       a) (links) Messabweichung als Funktion des Volumenstroms
       b) (rechts) Messabweichung als Funktion der Reynolds-Zahl

Die Messergebnisse zeigen beispielhaft, dass es notwendig ist, im Falle von Anschlussmessungen von industriellen Durchfluss-Normalmesseinrichtungen, entsprechende, diese Einflüsse quantitativ exakt beschreibenden Gerätecharakteristika durch Messungen in Messeinrichtungen wie dem HDP zu bestimmen.

Eine Messeinrichtung wie das Hydrodynamische Prüffeld der PTB stellt daher als nationales Normal für die Messgröße Durchfluss ein unverzichtbares Bezugsnormal für den Anschluss von industriellen Durchfluss-Normalmesseinrichtungen mit Hilfe von als Transfernormale dienenden Durchflussmessgeräten dar.

[1] R. Engel, H.-J. Baade: Determination of liquid flowmeter characteristics for precision measurement purposes by utilizing special capabilities of PTB's 'Hydrodynamic Test Field'. Proceedings, 6th International Symposium on Fluid Flow Measurement FLOMEKO 2003, Querétaro, Mexico, 16.-18. Mai 2006

Ansprechpartner:

Rainer Engel, FB 1.5, AG 1.52, E-Mail: rainer.engel@ptb.de