3D-Lasermeter mit Brechzahlkompensation
Interferometrische Längenmessung unter erschwerten Umgebungsbedingungen
Die Anforderungen an die Maßhaltigkeit großer Komponenten mit einigen Metern Ausdehnung nehmen in Industrie und Grundlagenforschung stetig zu. So müssen z. B. in der Luftfahrtindustrie Bohrungen in Flügelsegmenten mit Genauigkeiten im Bereich weniger zehn Mikrometer positioniert werden. Solche Genauigkeiten lassen sich mit verschiedenen optischen, vor allem interferometrisch basierten Messverfahren erreichen. Dabei muss allerdings zur korrekten Messung die Brechzahl der Luft hinreichend genau bekannt sein, was wiederum die sorgfältige Erfassung der Umweltparameter Druck, Temperatur, relativer Feuchte und CO2-Gehalt erfordert. Soll eine Länge z. B. über 10 m mittels Lasermesstechnik auf 1 μm sicher bestimmt werden, so muss die Temperatur im Strahl auf 0,1 K genau bekannt sein. Für Messungen außerhalb von gut klimatisierten Laboren ist dies näherungsweise nur durch ein sehr enges und aufwendiges Netzwerk an Sensoren für die Umweltparameter zu realisieren.
Im Rahmen eines internationalen Projektes wurde der alternative Weg verfolgt, die Brechzahl parallel zur eigentlichen Längenmessung mittels dispersiver Refraktionskompensation zu ermitteln. Dabei wird die geometrische Länge mithilfe zweier Interferometer mit sehr genau bekannten, aber unterschiedlichen optischen Frequenzen bzw. Wellenlängen gemessen. Durch Kombination beider Weglängeninformationen lässt sich die Brechzahl – und damit die genaue geometrische Länge – ohne zusätzliche Informationen mit einer Genauigkeit von bis zu 1 · 10–7 bestimmen.
Im Rahmen des internationalen Projektes LUMINAR (Large Volume Metrology in Industry) hat die PTB zusammen mit der Firma SIOS Meßtechnik GmbH den Prototyp eines intrinsisch brechzahlkompensierenden selbstnachführenden Interferometers entwickelt. Der Messkopf kann einem Messreflektor im Raum selbständig folgen. Dabei werden zwei Wellenlängen zweier aufeinander stabilisierter NdYAG-Laser genutzt.
Das 3D-Lasermeter wurde im Rahmen desselben Projektes auf der 50-m- Komparatorstrecke des polnischen Metrologieinstituts GUM unter kontrolliert erschwerten Umgebungsbedingungen erprobt. Außerdem wurde das 3D-Lasermeter auch unter realen Industriebedingungen in einer Testhalle von Airbus in Filton, Großbritannien, erfolgreich getestet. Dabei konnte demonstriert werden, dass die Messunsicherheit der intrinsisch optischen Brechzahlkompensation im Mikrometerbereich liegt.
Zum Verfahren wurden zwei Patente erteilt. Mithilfe von bekannten Multilaterationsverfahren kann das System zur Bestimmung der räumlichen Lage von Punkten verwendet werden, d. h. es könnte in Zukunft zur Kalibrierung von großen Koordinatenmessgeräten, z. B. für die Messung der Komponenten von Windkraftanlagen, eingesetzt werden.
Ansprechpartner
Florian Pollinger
Fachbereich 5.4 Interferometrie an Maßverkörperungen
Telefon: (0531) 592-5420
florian.pollinger(at)ptb.de
Wissenschaftliche Veröffentlichung
K. Meiners-Hagen, T. Meyer, G. Prellinger, W. Pöschel, D. Dontsov, F. Pollinger: Overcoming the refractivity limit in manufacturing environment, Opt. Express 24, 25092 (2016)