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Werkzeug für die Radionuklidmetrologie

Verbesserte Aktivitätsmessungen durch die Bestimmung fundamentaler Nukliddaten

PTBnews 1.2021
07.01.2021
Besonders interessant für

Radionuklidmetrologie

höchstauflösende Spektrometrie

Neutrinophysik

Nuklearmedizin

Mit metallisch-magnetischen Kalorimetern (MMC) können Emissionsspektren von Radionukliden vermessen werden. In der PTB wurde ein MMC-Spektrometer aufgebaut, mit dem sich fundamentale Radionukliddaten mit bisher unerreichter Genauigkeit bestimmen lassen. Diese Daten sind als Eingangsgrößen für einige Methoden zur Aktivitätsbestimmung von grundlegender Bedeutung, sodass die Einheit Becquerel mit kleineren Unsicherheiten in Form von Aktivitätsnormalen weitergegeben werden kann. Auch für andere Bereiche wie Neutrinophysik oder Nuklearmedizin sind die Daten bedeutsam.

Vergleich der Energieauflösung verschiedener Detektorsysteme (schematisch für die K-Röntgenstrahlung von 59Co)(NaI: Szintillationsdetektor; Si(Li): Halbleiterspektrometer)

In den letzten 15 Jahren haben Tieftemperaturdetektoren einen großen technologischen Aufschwung erlebt, und immer neue Anwendungsfelder wurden erschlossen. Von großem Interesse für metrologische Anwendungen sind hierbei insbesondere metallisch-magnetische Kalorimeter (MMC), die maßgeblich an der Universität Heidelberg entwickelt werden und für spektrometrische Anwendungen zunehmend Verbreitung finden. Sie bieten eine hervorragende Energieauflösung bei gleichzeitig hoher Nachweiswahrscheinlichkeit, hoher Linearität und niedriger Energieschwelle.

Eine Aufgabe der PTB ist die Weitergabe der Einheit Becquerel in Form von Aktivitätsnormalen. Für die Aktivitätsbestimmung sind oft aufwendige Messverfahren wie die Flüssigszintillationszählung nötig, die fundamentale Radionukliddaten wie Betaspektren und Wahrscheinlichkeiten für den Elektroneneinfang als Eingangsdaten erfordern. Zwar sind solche Daten oft schon vor Jahrzehnten gemessen oder berechnet worden; doch diese „historischen“ Daten genügen heutigen Ansprüchen an die Genauigkeit nicht mehr, mit Auswirkungen auf die Messunsicherheit der Aktivitätsbestimmung.

Im Rahmen der EMPIR-Projekte „MetroBeta“ und „MetroMMC“ wurde in der PTB ein MMC-Spektrometer aufgebaut, um in Zusammenarbeit mit zahlreichen europäischen Partnern durch die Bestimmung fundamentaler Nukliddaten Aktivitätsmessungen grundlegend zu verbessern. Dies ist speziell für Radionuklide relevant, deren Aktivität sich vor allem mit Flüssigszintillationsmethoden bestimmen lässt. Besonders für Radionuklide mit niederenergetischen Emissionen ohne gleichzeitigen Gamma-Übergang können deutlich kleinere Messunsicherheiten erreicht werden.

Die mit MMCs gemessenen Daten fließen in Datenbanken mit evaluierten Nukliddaten ein und bilden damit die Basis für die Validierung und Verbesserung theoretischer Modelle zur genaueren Berechnung von Spektren. Zudem nutzen nationale Metrologieinstitute die Daten für Aktivitätsmessungen auf höchstem Niveau.

Von den besseren Daten profitieren auch alle Anwender, die ihre konventionellen Detektoren mit entsprechenden Aktivitätsnormalen der PTB kalibrieren und dadurch ihrerseits genauer messen können.

Ansprechpartner

Ole Nähle
Fachbereich 6.1
Radioaktivität
Telefon: (0531) 592-6110
Opens local program for sending emailole.j.naehle(at)ptb.de

Wissenschaftliche Veröffentlichung

M. Loidl, J. Beyer, L. Bockhorn, C. Enss, S. Kempf, K. Kossert, R. Mariam, O. Nähle, M. Paulsen, P. Ranitzsch, M. Rodrigues, M. Schmidt: Beta spectrometry with metallic magnetic calorimeters in the framework of the European EMPIR project MetroBeta. Appl. Radiat. Isot. 153, 108830 (2019)