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Symmetrie der Raumzeit mit Atomuhren getestet

Der Vergleich zweier optischer Atomuhren bestätigt deren hohe Genauigkeit und eine Grundannahme der Relativitätstheorie

PTB-News 2.2019
15.05.2019
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Grundlagenforschung der Physik

Entwickler optischer Atomuhren

Ein erster Langzeitvergleich zweier optischer Ytterbiumuhren lieferte zuverlässige Resultate über deren Genauigkeit und Stabilität an der Grenze des bislang Messbaren. Gleichzeitig konnte damit die Lorentz-Symmetrie für Elektronen in noch engeren experimentellen Grenzen bestätigt werden.

Ein abstimmbarer Laser regt eine äußerst schmalbandige Resonanz eines Yb+-Ions in einer Atomuhr an. Zwei Ionen mit senkrecht zueinander ausgerichteten Wellenfunktionen (gelb) werden mit Laserlicht mit einer einstellbaren Frequenzverschiebung Δ f abgefragt, um eine möglicherweise auftretende Frequenzdifferenz zu messen. Der gesamte Experimentaufbau rotiert mit der Erde einmal am Tag relativ zum Fixsternhimmel.

Eine der Grundannahmen von Einsteins Relativitätstheorie besagt, dass die Lichtgeschwindigkeit in alle Raumrichtungen gleich ist. Experimentell wurde dies von Michelson und Morley schon 1887 mit einem drehbar gelagerten Interferometer gezeigt, das die Lichtgeschwindigkeit entlang zweier senkrecht zueinander stehender optischer Achsen vergleicht. Nun kann man fragen: Gilt diese nach Hendrik Antoon Lorentz benannte Symmetrie des Raumes auch für die Bewegung materieller Teilchen, oder gibt es Richtungen, entlang derer sie sich bei gleicher Energie schneller oder langsamer bewegen? Insbe s ondere für hohe Energien der Teilchen sagen theoretische Modelle der Quantengravitation eine Verletzung der Lorentz-Symmetrie vorher.

Mit zwei Atomuhren wurde jetzt ein Experiment durchgeführt, um diese Fragestellung mit hoher Präzision zu untersuchen. Die Frequenz dieser Atomuhren wird jeweils von der Resonanzfrequenz eines einzelnen, in einer Falle gespeichertenYb+-Ions gesteuert. Während die Verteilung der Elektronen des Yb+-Ions im Grundzustand kugelsymmetrisch ist, befinden sich die Elektronen im angeregten Zustand in einer deutlich elongierten Wellenfunktion und bewegen sich damit hauptsächlich entlang einer Raumrichtung. Die Ausrichtung der Wellenfunktion wird durch ein in der Uhr angelegtes Magnetfeld bestimmt und wurde für beide Uhren etwa senkrecht zueinander gewählt. Die Uhren sind im Labor fest montiert und drehen sich gemeinsam mit der Erde einmal pro Tag (genuer: einmal in 23,9345 Stunden) relativ zu den Fixsternen. Eine Abhängigkeit der Elektronengeschwindigkeit von der Orientierung im Raum würde sich daher als periodisch mit der Erdrotation auftretende Frequenzdifferenz zwischen beiden Atomuhren zeigen. Um einen solchen Effekt klar von möglichen technischen Einflüssen unterscheiden zu können, wurden die Frequenzen der Yb+-Uhren über mehr als 1000 Stunden verglichen. Es wurde dabei keine Veränderung der Uhren zueinander für den zugänglichen Bereich von Periodendauern von wenigen Minuten bis zu 80 Stunden beobachtet. Für die theoretische Interpretation und Rechnungen zur Atomstruktur des Yb+-Ions hat das PTB-Team mit theoretikschen Physikern von der Universität von Delaware in den USA zusammengearbeitet. Die aktuellen Resultate verbessern diejenigen von Forschern der Universität Berkeley aus dem Jahr 2015 mit Ca+-Ionen um etwa einen Faktor 100.

Im Mittel über die gesamte Messzeit zeigten beide Uhren eine relative Frequenzabweichung von weniger als 3 · 10–18. Dies bestätigt die vorher abgeschätzte systematische Unsicherheit der Uhren von 4 · 10–18 und ist ein wichtiger Fortschritt in der Charakterisierung von optischen Atomuhren auf diesem Genauigkeitsniveau. Potenziell zeigen diese Uhren erst nach etwa 10 Milliarden Jahren eine Differenz von 1 s an.

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Ekkehard Peik
Fachbereich 4.4
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Wissenschaftliche Veröffentlichung

C. Sanner, N. Huntemann, R. Lange, C. Tamm, E. Peik, M. S. Safronova, S. G. Porsev: Optical-clock comparison for Lorentz symmetry testing. Nature 567, 204– 208 (2019)