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PTB-Kalibrierservice für Luftultraschall

Erstmals Rückführung für Schalldruck bei Frequenzen über 20 kHz möglich

PTB-News 3.2016
01.09.2016
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In der PTB wurde ein Verfahren zur Kalibrierung von Mikrofonen im Ultraschallbereich bis zu 100 kHz entwickelt. Damit können Bezugs- und Gebrauchsnormale für Labore aus Industrie und Forschung hergestellt werden, um eine Rückführung für Luftultraschall zu gewährleisten. Der neue Kalibrierservice ist ab sofort verfügbar.

Reference microphone for airborne ultrasound (¼-inch measurement microphone mounted on an adapter to ½ inch) in the calibration setup at PTB’s acoustic anechoic chamber.

Der Einsatz von Ultraschalltechnik nimmt in vielen Bereichen des täglichen Lebens zu. Damit werden auch Luftschallmessungen in diesem Frequenzbereich wichtiger, beispielsweise um Grenzwerte der Lärmemissionen zu überprüfen. Arbeitgeber und Berufsgenossenschaften messen und bewerten dazu den Schalldruckpegel an entsprechend belasteten Arbeitsplätzen, etwa Ultraschall-Schweißanlagen. Hersteller von Mess- und Laborgeräten müssen nach DIN EN 61010-1 durch eine Luftultraschallmessung bis 100 kHz die Ungefährlichkeit ihrer Produkte nachweisen.

Bisher gab es für Messungen von Schall mit Frequenzen über 20 kHz keine metrologische Rückführung für die Schalldruckeinheit Pascal. Das dänische Metrologieinstitut (DFM) hat kürzlich ein Primärverfahren vorgestellt, mit dem spezielle Messmikrofone als primäres Transfernormal bis zu 150 kHz kalibriert werden können. Da diese Methode auf einen bestimmten Mikrofontyp beschränkt ist, wurde in der PTB ein Verfahren entwickelt, mit dem die Kalibrierung beliebiger Mikrofone möglich werden soll. Grundlage ist das klassische Substitutionsverfahren nach DIN EN 61094-8, bei dem ein kontrolliertes Schallfeld erzeugt und nacheinander von Primärnormal und Prüfling vermessen wird. Es wurde an die besonderen Eigenschaften von Luftultraschall angepasst.

Da die Wellenlänge des in der Luft geleiteten Schalls nur wenige Millimeter beträgt (3,4 mm bei 100 kHz), verursachen kleinste Flächen und Kanten, die im Hörschall vernachlässigt werden können, Reflexion und Beugung, was das Schallfeld und damit die Präzision der Kalibrierung empfindlich stört. Zudem ist die Dämpfung in Luft schon ab ca. 10 kHz nicht mehr vernachlässigbar, steigt im Ultraschallbereich drastisch an und ist außerdem stark von den Umgebungsbedingungen abhängig. Das stellt hohe Anforderungen an die Schallquelle und an eine präzise Kontrolle der Messbedingungen. Im Vergleich zu Kalibrierungen für hörbaren Schall sind Aufwand und Messunsicherheiten höher; letztere liegen je nach Frequenz und Bauart des Prüflings bei 0,4 dB bis etwa 0,6 dB.

Mit dem neuen Kalibrierverfahren können Mess- und Gebrauchsmikrofone der Baugrößen ½-Zoll und ¼-Zoll (mit Adapter) für Frequenzen bis zu 100 kHz auf das dänische Primärnormal zurückgeführt werden. Sie dienen in Forschung und Industrie als sekundäre Transfernormale oder werden selbst für Messungen eingesetzt. Im nächsten Schritt soll das Verfahren weiterentwickelt werden, sodass beliebige Mikrofone, wie zum Beispiel Mikrofon-Verstärker-Kombinationen, MEMS-Mikrofone, optische Mikrofone oder Schallpegelmesser, kalibriert werden können.

Ansprechpartner

Christoph Kling
Fachbereich 1.6 Schall
Telefon: (0531) 592-1730
Opens window for sending emailchristoph.kling(at)ptb.de

 

Wissenschaftliche Veröffentlichung

C. Kling: Microphone calibration service for airborne ultrasound. Proceedings INTER-NOISE Hamburg (2016)