Logo der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt
Symbolbild "Zeitschriften"

Strahlenschutz beim Röntgen – bleiarm, aber trotzdem sicher

aktualisierte Norm verbessert den Personenschutz

PTB-News 1.2016
12.01.2016
Besonders interessant für

Hersteller von Schutzausrüstungen

Personal und Patienten in der Radiologie und Nuklearmedizin

Eine neue Messmethode aus der PTB ist in die aktualisierte Version der internationalen Normenreihe IEC 61331 eingegangen. Die Anwendung dieser unter Federführung der PTB entstandenen Norm bedeutet eine erhebliche Verbesserung des Strahlenschutzes für das Personal und die Patienten in der medizinischen Röntgendiagnostik und der Nuklearmedizin.

Alte (oben) und neue Methode (unten) im Vergleich: Die Intensität der Röntgenstrahlung wird mit Ionisationskammern gemessen. Wie stark eine Materialschicht (Testobjekt) die Röntgenstrahlung (rot) schwächt, ergibt sich aus dem gemessenen Verhältnis der Strahlungsintensität mit und ohne Testobjekt im Strahl. Die Streustrahlung (blau) wird bei der herkömmlichen Schmalstrahlgeometrie (SSG) von der Ionisationskammer nicht erfasst; bei der neuen Methode der inversen Breitstrahlgeometrie (IBG) ist die flache Ionisationskammer dazu in der Lage.

Persönliche Strahlenschutzausrüstungen und Abschirmungen (etwa Schutzschürzen, -handschuhe und -brillen, Gonaden-, Hoden- und Ovarienschutz oder auch lichtdurchlässige Schutzscheiben wie z. B. Bleiglasscheiben) müssen der Normenreihe IEC 61331 genügen, in der Anforderungen, Prüfprozeduren und Kennzeichnungen definiert werden.

Die Schutzwirkung dieser Ausrüstungen beruhte lange Zeit ausschließlich auf Blei (z. B. in Bleigummi oder Bleiglasscheiben). Deshalb hat sich zu deren Kennzeichnung der „Bleigleichwert“ eingebürgert. Er bezeichnet die Dicke einer Schicht aus reinem Blei, die (in einem Strahl von festgelegter Strahlungsqualität und unter spezifizierten geometrischen Bedingungen) den gleichen Grad an Abschwächung ergäbe wie das tatsächlich eingesetzte Material.

Für die Herstellung der häufig eingesetzten Röntgenschutzschürzen werden seit vielen Jahren neben Bleigummi auch Materialien verwendet, die wenig oder kein Blei enthalten. Sie sind bei gleicher Schutzwirkung um bis zu 20 % leichter und einfacher zu entsorgen. Um die Schutzwirkung dieser neuen Materialien adäquat zu beschreiben, war die bisherige Bestimmung des Bleigleichwertes nicht mehr geeignet. Bei dem neuen in der PTB entwickelten Messverfahren, der inversen Breitstrahlgeometrie, erfasst eine flache Ionisationskammer neben der durch die Materialprobe geschwächten Primärstrahlung nun auch die Streu- und Fluoreszenzstrahlung an der Strahlenaustrittsseite der Probe. Da Röntgenschutzschürzen direkt am Körper getragen werden, kommt diese veränderte Geometrie der realen Situation sehr nahe.

In der aktuellen, zweiten Edition der Norm IEC 61331 ist das neue Verfahren zwingend vorgeschrieben. Weitere Verbesserungen in der Norm bestehen in der Erweiterung des Anwendungsbereiches auf photonenemittierende Radionuklide, der Definition besser geeigneter Strahlungsqualitäten für die Prüfungen, der Einbeziehung aller Arten von lichtdurchlässigen Strahlenschutzplatten (nicht nur Bleiglas) und der Einbeziehung weiterer Schutzausrüstungen wie Schutzhalsbändern für die Schilddrüsen, Schutzbrillen und Masken für die Augen sowie Schutzschürzen für den dentalen Röntgenbereich. Die konsequente Anwendung der zweiten Editionen der Normenreihe IEC 61331 bedeutet eine erhebliche Verbesserung des Strahlenschutzes des Personals und der Patienten in der medizinischen Röntgendiagnostik und der Nuklearmedizin.

Ansprechpartner

Ludwig Büermann
Fachbereich 6. 2 Dosimetrie für Strahlentherapie und  Röntgendiagnostik
Telefon: (0531) 592-6250
E-Mail: Opens window for sending emailludwig.bueermann @ptb.de

Die Norm

IEC 61331:2014, Protective devices against diagnostic medical X-radiation. Part 1: Determination of attenuation properties of materials. Part 2: Translucent protective plates. Part 3: Protective clothing, eyewear and protective patient shields