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Spektroskopie an einzelnen gefangenen Molekülen

Neue Methode der Zustandsdetektion für Molekülionen

PTB-News 1.2016
12.01.2016
Besonders interessant für

Entwicklung molekularer optischer Uhren

Grundlagenforschung in der Physik

Quantenchemie

Astronomie

Am QUEST-Institut der PTB ist es erstmalig gelungen, den Quantenzustand von gefangenen und indirekt lasergekühlten Molekülionen nachzuweisen, ohne das Molekül oder seinen internen Zustand zu zerstören. Dadurch konnten von der thermischen Umgebungsstrahlung induzierte Quantensprünge in einem einzelnen Molekül direkt beobachtet und eine neue Form der Spektroskopie demonstriert werden. Die neue Methode ermöglicht Präzisionsspektroskopie an Molekülionen mit Anwendungen, die von der Chemie bis hin zu Tests fundamentaler Physik reichen.

(a) Konzeptioneller Aufbau des Experiments mit MgH+(orange) und Mg+ (grün) in einer linearen Ionen-falle. Der Ionenkristall wird über Mg+ in den Grundzustand gekühlt. Eine oszillierende Dipolkraft ändert den Bewegungszustand abhängig vom Rotationszustand von MgH+. Dies wird über Mg+ ausgelesen. (b) Typisches Detektionssignal, in dem ein Quantensprung in den (J = 1)-Rotationszustand (Sprung vom roten zum blauen Bereich) des Moleküls und aus ihm heraus (blau nach rot) zu sehen ist.

Im Zuge der Entwicklung von optischen Frequenznormalen und Uhren wurden diverse Präparations- und Detektionstechniken an atomaren Systemen erfolgreich demonstriert, wie etwa das Laserkühlen zur Kontrolle der Bewegung und die Detektion von Quantenzuständen basierend auf zustandsabhängiger Fluoreszenz. Jedoch können die bei Atomen so erfolgreichen Verfahren der resonanten Lasermanipulation im Allgemeinen nicht auf Moleküle mit ihren zusätzlichen Freiheitsgraden der Rotation und Vibration und einer Vielzahl an möglichen Übergängen übertragen werden.

PTB Forschern ist es gelungen, einen ausgewählten Quantenzustand eines gefangenen Molekülions (MgH+) über die starke elektrostatische Wechselwirkung mit einem gleichzeitig gefangenen atomaren Ion (Mg+) zerstörungsfrei auszulesen. Dazu wird die Bewegung der beiden Ionen entlang einer Richtung über das atomare Ion mit Lasern bis in den Grundzustand gekühlt. Ein weiterer Laser wird so abgestimmt, dass er nur dann eine oszillierende optische Kraft (ähnlich der einer optischen Pinzette) auf das molekulare Ion ausübt, wenn dieses sich in einem ausgewählten Zustand der Rotation befindet. Die Schwingungsfre-quenz der Kraft ist auf die Periode einer gemeinsamen Schwingung der beiden Ionen in der Falle abgestimmt, welche dadurch resonant verstärkt wird. Nur wenn das Molekülion sich im ausgesuchten Zustand befindet, wird der Bewegungszustand der beiden Ionen angeregt. Über das atomare Ion kann diese Bewegungs-anregung ausgelesen werden. Die ther-mische Strahlung der Umgebung wechselwirkt mit den Rotationszuständen des Molekülions und induziert Übergänge zwischen ihnen. Diese Quantensprünge des Rotationszustands des Moleküls konnten "live" beobachtet werden.

Des Weiteren wurde gezeigt, dass die Abhängigkeit der optischen Kraft von der Verstimmung des Lasers bezüglich einer Resonanz im Molekülion für eine neue Form der Spektroskopie genutzt werden kann. In Verbindung mit effizienten Zustandspräparationsverfahren ermöglicht die demonstrierte Zustandsdetektion Präzisionsspektroskopie an schmalbandigen Übergängen für molekulare optische Uhren und Tests fundamentaler Physik, wie z. B. einer möglichen Änderung von Naturkonstanten. Weiterhin sind Anwendungen der Methode in der Quantenchemie und für die Interpretation von Spektren kalter Molekülionen im Weltraum denkbar.

Ansprechpartner

Piet O. Schmidt
QUEST-Institut in der PTB
Telefon (0531) 592-4700
Opens window for sending emailpiet.schmidt(at)quantummetrology.de

 

Wissenschaftliche Veröffentlichung

F. Wolf, Y. Wan., J.C. Heip, F. Gebert, Ch. Shi, P.O. Schmidt: Opens external link in new windowNon-destructive state detection for quantum logic spectroscopy of molecular ions. Nature (2016), Doi:10.1038 nature 16513