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Interkontinentaler Vergleich optischer Uhren – Ticken alle Uhren gleich?

Erstmals wurden optische Atomuhren über eine Entfernung von 9000 km direkt und in Echtzeit verglichen

PTB-News 1.2015
07.04.2015
Besonders interessant für
  • Entwickler optischer Uhren
  • Geodäsie
  • Grundlagenforschung

Interkontinentale Vergleiche von Atomuhren sind derzeit nur mithilfe von Satelliten möglich. Das bei den verwendeten Methoden vorhandene Messrauschen bestimmt dabei die erforderliche Messzeit. Für den Vergleich der optischen Strontium-Gitteruhren der PTB und des japanischen Institute of Information and Communications Technology (NICT) in Tokio wurde jetzt eine neue, vom NICT entwickelte Methode mit verbesserter Stabilität verwendet.

Schema des Satellitenvergleichs der optischen Strontium-Gitteruhren der PTB in Braunschweig und des NICT in Tokio. Die Pfeile repräsentieren den Up- (rot) und Down-Link des Zweiwegverfahrens, das Störungen sehr gut unterdrückt.

Optische Frequenznormale werden derzeit weltweit in Forschungseinrichtungen unter anderem in Bezug auf Ihren Einsatz für eine Neudefinition der Sekunde hin untersucht. Eine Fragestellung ist dabei, inwieweit Atomuhren des gleichen Typs auch tatsächlich identische Frequenzen liefern. Der Typ der Strontium- Gitteruhren wird relativ häufig untersucht, so auch am NICT und der PTB. Um beide Uhren zu vergleichen, wurde im Frühjahr 2013 eine Messkampagne gestartet, die eine vom NICT entwickelte Methode zur Nutzung der Trägerphase in Zweiweg- Frequenzvergleichen über Satellit verwendete. Dies führt im Vergleich zu bisherigen satellitengestützten Methoden mit modulierten Signalen zu geringerem Rauschen und verbesserter Stabilität. Auch wird eine geringere Übertragungsbandbreite benötigt. Eine Verbindung über einen geostationären Fernsehsatelliten überbrückte die 9000 km lange Strecke zwischen beiden Instituten und wurde für einige Monate kontinuierlich betrieben. Das wesentliche Ergebnis war der Nachweis einer erheblich verringerten Instabilität für Frequenzvergleiche bei kurzen Mittelungszeiten von 2 ∙ 10−13 in 1 s.

Im Sommer 2013 wurden die optischen Strontium-Gitteruhren des NICT und der PTB direkt miteinander verglichen, was weltweit der erste Vergleich dieser Art war. Es wurde gezeigt, dass beide Uhren im Rahmen der Gesamtmessunsicherheit von 1,6 ∙ 10–15 übereinstimmen. Die Messunsicherheit der beteiligten Strontium-Gitteruhren ist dabei bereits so gering, dass die Gesamtmessunsicherheit hauptsächlich aus dem Vergleich herrührt. Diese Echtzeit-Methode ist somit eine Alternative zu Vergleichen via primäre Cäsium-Atomuhren oder die Weltzeit und steht prinzipiell auch Instituten ohne direkten Anschluss an metrologische Infrastruktur offen.

Weitere Verbesserungen um eine Größenordnung erscheinen möglich, wenn eine optimierte Kontrolle der Umgebungsbedingungen der Sende- und Empfangselektronik und längere Messzeiten angewendet werden. Dies ist insbesondere interessant für die weitere Entwicklung optischer Uhren, aber auch für grundlegende Experimente zur Relativitätstheorie oder Anwendungen in der Geodäsie, bei denen aus dem Gangunterschied der Uhren auf deren Höhendifferenz geschlossen werden könnte.

Ansprechpartner

Dirk Piester
Fachbereich 4.4 Zeit und Frequenz
Telefon (0531) 592-4421
E-Mail: dirk.piester(at)ptb.de

Wissenschaftliche Veröffentlichung

H. Hachisu, M. Fujieda, S. Nagano, T. Gotoh, A. Nogami, T. Ido, S. Falke, N. Huntemann, C. Grebing, B. Lipphardt, C. Lisdat, D. Piester: Direct comparison of optical lattice clocks with an intercontinental baseline of 9000 km. Optics Letters 39, 4072-5 (2014)