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Wie schnell messen Vakuummessgeräte?

Besonders interessant für:
  • Vakuumtechnik
  • Prozesstechnik

Mit einem neuen dynamischen Drucknormal der PTB kann der Druck von 100 kPa bis 100 Pa innerhalb von 20 ms stufenartig oder innerhalb von 1 s in definierter Weise verringert und damit das Zeitverhalten von Vakuummessgeräten untersucht werden.

In vielen Bereichen der Industrie müssen Vakuummessgeräte schnelle Druckänderungen mit hoher Zeitauflösung verfolgen. Beispiele sind die Beschichtung von PET-Flaschen im Hochvakuum, die Metallisierung von CDs oder DVDs, Lecktests mit Vakuumtechnik oder diverse Prozesse in der Beleuchtungsindustrie, jeweils mit Taktzeiten von nur 1,5 s bis 3 s. Während die Hersteller von Vakuummessgeräten beim Elektronikteil ihren Kunden recht gut nachweisen können, dass ihre Messgeräte schnell genug für die Steuerung dieser Prozesse sind, gibt es bisher für den dem Vakuum ausgesetzten Messkopf keine Möglichkeit, die Antwortzeit des realisierten Messprinzips auf schnelle Druckänderungen zu testen.

Die PTB hat dafür im Rahmen des europäischen Forschungsprojekts EMRP IND12 ein dynamisches Vakuumnormal aufgebaut. Dabei wird der Druck um drei Dekaden gesenkt, indem das Gas aus einem sehr kleinen Volumen von etwa 0,1 L in ein sehr großes evakuiertes Volumen von etwa 180 L expandieren kann. Die zu testenden Vakuummessgeräte werden am kleinen Volumen angeflanscht. Ein großes, speziell zu diesem Zweck entwickeltes Schieberventil, das innerhalb von 4,6 ms einen Querschnitt von 12,5 cm2 freigibt, öffnet den Weg für das Gas zwischen den zwei Volumina, sodass der Druck im kleinen Volumen innerhalb von 20 ms von 100 kPa auf 100 Pa abgesenkt werden kann. Über Blenden oder Düsen lassen sich auch langsamere Expansionen realisieren.

Um das Zeitverhalten bei der Druckmessung zu ermitteln, werden die experimentellen Werte mit Berechnungen zum zeitlichen Verlauf des Drucks im kleinen Volumen während der Expansion verglichen. Diese Simulationen sind sehr aufwendig, da zu jedem Zeitpunkt alle drei Strömungsarten auftreten, nämlich viskose, molekulare und Übergangsströmung, und sich deren räumliche Übergänge zeitlich verändern. Auch sind die veränderliche Geometrie des sich schnell öffnenden Ventils und die starken Einflüsse der schnellen Druckänderungen auf die Temperatur zu berücksichtigen. So konnte vor einer Blende eine Temperaturabsenkung auf etwa 165 K berechnet und gemessen werden. Die Simulationen wurden mit der Software ANSYS CFX und einem selbstentwickelten Programm auf der Basis von OpenFOAM® durchgeführt.

An dem neuen Normal wurden bereits die ersten Vakuummessgeräte getestet. Bei schnellen kapazitiven Membranvakuummetern, die von der Firma INFICON speziell für das Projekt entwickelt worden waren, wurde eine Obergrenze von 1,3 ms für die 1/e-Antwortzeit bei Druckänderung ermittelt.

Wissenschaftliche Veröffentlichung:

K. Jousten, S. Pantazis, J. Buthig, R. Model, M. Wüest, J. Iwicki: A standard to test the dynamics of vacuum gauges in the millisecond range. Vacuum 100, 14–17 (2013)