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Großer Detektor für kleine Teilchen

Besonders interessant für:
  • dimensionelle Nanometrologie
  • Medizin
  • Biotechnologie

In Kooperation mit der PTB hat die Schweizer Firma Dectris hat eine vakuumtaugliche Version ihres Röntgendetektors Pilatus entwickelt, mit dem auch Photonenenergien unterhalb von 5 keV erreicht werden können. Damit lassen sich beispielsweise Experimente zur Größenbestimmung von Nanopartikeln mit Röntgenkleinwinkelstreuung (Small Angle X-ray Scattering, SAXS) auch an den Absorptionskanten der leichten Elemente Calcium, Schwefel, Phosphor oder Silizium mit hoher Dynamik und Ortsauflösung durchführen. Insbesondere ist dies für die Untersuchung biologischer Proben von Bedeutung.

Röntgenkleinwinkelstreubild einer multilamellaren Liposom-Probe, aufgenommen bei einer Photonenenergie von 3 keV mit einem vakuumtauglichen Pilatus-Detektor am FCM-Strahlrohr der PTB bei BESSY II.

Durch SAXS mit Synchrotronstrahlung werden im PTB-Labor am Elektronenspeicherring BESSY II die Größe von Nanopartikeln oder die dimensionellen Parameter von nanostrukturierten Oberflächen bestimmt. Mit dem neuen Detektor haben sich die Messmöglichkeiten insbesondere bei schwach streuenden Proben und bei elementspezifischen Untersuchungen entscheidend verbessert. Eingesetzt wird dies zum Beispiel im Rahmen von Projekten des Europäischen Metrologie-Forschungsprogramms EMRP, bei denen komplexe biologische Nanoobjekte und Nanopartikel in komplexen biologischen Matrices durch SAXS-Messungen mit Synchrotronstrahlung dimensionell charakterisiert werden. Einer der Schwerpunkte liegt dabei zurzeit auf Mikrovesikeln, die in allen Körperflüssigkeiten vorhanden sind. Mediziner, beispielsweise am Amsterdam Medical Center, das an einem der Projekte maßgeblich beteiligt ist, wollen die Größenverteilung der Mikrovesikel zur Früherkennung von Krankheiten nutzen.

Die apparative Weiterentwicklung des Hybrid-Pixel-Detektors Pilatus betrifft vor allem die räumliche Trennung der Detektormodule mit insgesamt einer Million Pixel, die sich nun in Vakuum befinden, und einem Teil der hochkomplexen Detektorelektronik, der u. a. aus Gründen der Kühlung an Luft betrieben werden muss. Der Betrieb der Detektormodule im Vakuum erlaubt das Experimentieren mit Röntgenstrahlung auch bei niedriger Photonenenergie, die an Luft zu stark absorbiert würde. Das weltweit erste Gerät eines vakuumkompatiblen Pilatus-Detektors, der aus 10 Modulen besteht und bei einer Pixelgröße von 172 μm eine Gesamtfläche von 17 cm × 18 cm aufweist, wurde im Juni 2012 erfolgreich im PTB-Labor bei BESSYII in Betrieb genommen. In Zusammenarbeit mit dem Helmholtz-Zentrum Berlin und dem Zentrum für Naturwissenschaften der ungarischen Akademie der Wissenschaften konnten dabei am Vierkristall-Monochromator-Strahlrohr (Four Crystal Monochromator, FCM) im PTB-Labor bei BESSY II erste SAXSBilder von einer multilamellaren Liposom- Probe bei einer Photonenenergie von 3 keV aufgenommen werden. Liposomen sind Membranvesikel aus Lipa- Doppelschichten mit Strukturgrößen im Nanometerbereich, die in den Bereichen Medizin, Pharmakologie, Biotechnologie und Kosmetik von Bedeutung sind. In Zukunft soll der Detektor auch für Weitwinkelstreuung (WAXS), Kleinwinkelstreuung in Reflexion unter streifendem Einfall (GISAXS) und andere Röntgentechniken eingesetzt werden.

Ansprechpartner:

Michael Krumrey
Fachbereich 7.1 Radiometrie mit Synchrotronstrahlung
Telefon: (030) 3481-7110
michael.krumrey(at)ptb.de

Wissenschaftliche Veröffentlichung:

T. Donath, S. Brandstetter, L. Cibik, S. Commichau, P. Hofer, M. Krumrey, B. Lüthi, S. Marggraf, P. Müller, M. Schneebeli, C. Schulze-Briese, J. Wernecke: Characterization of the PILATUS photon-counting pixel detector from 1.75 keV to 60 keV. J. Phys. Conf. Ser. 425, 062001 (2013)