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Stromstärke-Normal auf Einzelelektronen- Basis rückt näher

Besonders interessant für:
  • Grundlagen des Einheitensystems

Die seltenen Fehlereignisse beim Einzelelektronentransport können durch ein geschicktes Detektionsverfahren erkannt und damit berücksichtigt werden. Eine in der PTB entwickelte Methode wurde im Experiment erstmals umgesetzt, sodass die Realisierung eines präzisen Stromstärke-Normals auf Einzelelektronen-Basis näher rückt. Dies ist ein wichtiger Baustein bei der Neudefinition des Einheitensystems auf der Grundlage von Naturkonstanten, in der die Stromstärke-Einheit Ampere auch für eine neue Definition der SI-Basiseinheit Kilogramm von Bedeutung ist.

Rasterelektronenmikroskop-Aufnahme einer Schaltung mit mehreren Pumpen (P) und Detektoren (D), die nahe der Temperatur des absoluten Nullpunkts betrieben wird. Die Messkurven zeigen den Signalverlauf der farbig markierten Detektoren.

In einem neuen internationalen Einheitensystem sollen Naturkonstanten als überall verfügbare Referenzgrößen die entscheidende Rolle spielen. So lassen sich elektrische Spannung und Widerstand auf Josephson- und von-Klitzing- Konstante zurückführen, deren Produkt laut theoretischer Vorhersagen gleich 2/e ist, mit Elektronenladung −e. Sollten diese Theorien korrekt sein, so ließe sich mit Hilfe einer „Wattwage“, welche elektrische und mechanische Leistung abgleicht, auch das Kilogramm auf elektrische Größen und damit auf fundamentale Konstanten zurückführen. Daher ist die experimentelle Überprüfung der theoretischen Vorhersagen für das gesamte Einheitensystem von Bedeutung.

Hierzu vergleicht man den Strom, der über einem Widerstand R ~ h/e² eine Spannung U ~ h/2e hervorruft, mit einem Strom I = eƒ, bei dem Elektronen mit der Frequenz ƒ durch eine Einzelelektronenpumpe bewegt werden. Unvermeidbare Fehlereignisse, z. B. durch quantenmechanische Tunnelprozesse, begrenzen jedoch die Unsicherheit auf Bruchteile von ppm. Mit der neuen Methode können solche Fehler jedoch erfasst und die Unsicherheit entscheidend verringert werden: Man treibt den Strom nacheinander durch zwei Einzelelektronenpumpen und überwacht auf der Insel dazwischen die Ladung. Sie ist bei fehlerfreiem Betrieb konstant, ändert sich aber bei Fehlern um eine Elektronenladung. Da Fehler nur selten auftreten, lassen sie sich selbst bei hohen Pumpfrequenzen von bis zu einigen 100 MHz detektieren. Werden zumindest drei Pumpen eingesetzt, erlauben Korrelationsmessungen sogar die Zuordnung eines jeden Fehlers zur einzelnen Pumpe. So kennt man die erzeugte Stromstärke viel genauer, als es mit einer einzelnen Pumpe möglich wäre.

Das entsprechende Experiment wurde jetzt in der PTB erstmals realisiert. Durch eine Schaltung aus drei aktiven Pumpen (P) mit zwei Detektoren (D) wurden einzelne Elektronen bewegt. Sowohl für den ‚roten‘ wie für den ‚blauen‘ Detektor im Bild löst jedes auf dessen Insel durchlaufende Elektron einen Puls aus, der die Basislinie des Signals nicht ändert. Bei einem Fehler ändert sich jedoch die Basislinie, was auch bei hoher Frequenz detektierbar bleibt, wenn Pulse einzelner Elektronen nicht mehr auflösbar sind.

In Zukunft soll die Stromstärke vom hier bei geringer Frequenz demonstrierten Attoampere-Bereich bis in den anwendungsrelevanten Bereich einiger hundert Pikoampere erhöht werden.

Wissenschaftliche Veröffentlichung:

Wulf, M.; Zorin, A.B.: Error accounting in electron counting experiments. arXiv:0811.3927