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Ausdehnung von Hightech-Materialien

Immer häufiger erfordern industrielle Anwendungen Materialien, bei denen es auf höchste thermische Stabilität ankommt. Zur genauen Messung dieser Eigenschaft ist in der PTB ein Präzisionsinterferometer entwickelt worden. Mit ihm kann in einer Absolutmessung die Längenänderung in Abhängigkeit von Temperatur, Zeit und gegebenenfalls Umgebungsdruck hochgenau bestimmt werden.

Thermischer Ausdehnungskoeffizient (α) eines speziellen Glases mit extrem niedriger Ausdehnung. Der dargestellte Verlauf von α ergibt sich aus einer Reihe interferometrisch gemessener Längen eines Probekörpers mit parallelen Endflächen als Funktion der Temperatur. In diesem Beispiel gibt es bei ca. 17,5 °C einen Umkehrpunkt, an dem die thermische Ausdehnung verschwindet. Unterhalb dieses Punktes bewirkt eine Temperaturverringerung eine Ausdehnung des Materials. Das Bild (links, oben) zeigt eine typische Topographie der Interferenzphase, welche die Frontfläche des Körpers und eine angesprengte Endplatte einschließt. Die gemittelten Phasenwerte innerhalb der eingezeichneten rechteckigen Bereiche auf der Endplatte (links/rechts) und auf der Frontfläche des Körpers (Mitte) stellen die Grundlage für die interferometrischen Längenmessungen dar.

Thermisch stabile Materialien spielen eine wichtige Rolle in der dimensionellen Messtechnik und in der Präzisionsfertigung. Die zurzeit höchsten Anforderungen an die thermische Stabilität kritischer Komponenten werden in der EUV-Lithographie an die Reflexionsmasken und -spiegel gestellt. Diese basieren deshalb auf Substraten aus Hightech-Gläsern/Keramiken, die einen sehr geringen thermischen Ausdehnungs-
koeffizienten α aufweisen sollen (α ;< 1 · 10–8 · K–1).

Zur präzisen Charakterisierung von endmaßförmigen Messobjekten aus Hightech-Materialien wurde ein Präzisionsinterferometer mit dem Ziel entwickelt, Proben von bis zu 400 mm Länge mit Unsicherheiten im Sub-Nanometerbereich zu messen. Aus solch genauen Längenmessungen lässt sich der thermische Ausdehnungskoeffizient als Funktion der Temperatur mit Unsicherheiten bis zu 2 · 10–10 · K–1 berechnen. Weiterhin ist es möglich, quantitative Aussagen hinsichtlich Homogenität der thermischen Ausdehnung, Kompressibilität, Längenrelaxationen und auch der Langzeitstabilität von Proben zu erhalten.

Längenmessungen mit Sub-nm-Unsicherheiten erfordern neben der Anwendung frequenzstabilisierter Laser die Berücksichtigung von Einflüssen, deren Unsicherheitsbeiträge nur schwierig zu minimieren sind. Dazu wurden in der PTB in den letzten Jahren verschiedene Methoden entwickelt und in den Messablauf integriert. Als Beispiel sei ein neues Autokollimationverfahren erwähnt, welches dafür sorgt, dass die Lichtwellen exakt senkrecht auf die Oberflächen der Messobjekte treffen. Hierdurch wird der sogenannte Kosinusfehler unter 10–11 · L gesenkt. Zudem wird bei der elektronischen Auswertung der Interferenzbilder die genaue Zuordnung der Probenposition zu den Kamera-Pixel-Koordinaten berücksichtigt. Dies ist besonders wichtig bei Messobjekten mit größerer Parallelitätsabweichung der Endflächen und geringfügigen temperaturbedingten Positionsänderungen während der Messungen. Durch Berücksichtigung des temperaturbedingten Einflusses der Durchbiegung der rückseitig angesprengten Endplatte konnte die Präzision weiter gesteigert werden. Bei thermischen Ausdehnungsmessungen an typischen Proben werden nunmehr Längen- Messunsicherheiten von 0,25 nm erreicht.

In einer kürzlich abgeschlossenen internationalen Vergleichsmessung wurde die führende Stellung der PTB bei der Bestimmung von thermischen Ausdehnungskoeffizienten bestätigt. Die neuen Möglichkeiten zur präzisen Charakterisierung von Hightech- Materialien werden von Unternehmen aus Optik und Präzisionsfertigung bereits intensiv genutzt

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