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Fontänen-Atomuhren werden noch genauer

Mit Experimenten an der Fontänen-Atomuhr CSF1 der PTB ist eine bisher unbekannte Möglichkeit zur Kompensation eines Störeffekts gefunden worden. Dies ermöglicht eine deutliche Verbesserung von Caesium-Fontänenuhren.

Die beiden Caesium-Fontänenuhren in der Uhrenhalle der PTB gehören zu den derzeit genauesten Uhren der Welt.

Im internationalen Einheitensystem (SI) ist die Sekunde über einen bestimmten Mikrowellenübergang zwischen zwei internen Energiezuständen des Caesiumatoms festgelegt. In einer Caesium- Fontänenuhr, dem besten heute verfügbaren Typ einer primären Atomuhr, helfen Laserstrahlen, die Caesiumatome in einer kleinen Wolke einzufangen und abzukühlen; danach wird die Atomwolke etwa einen Meter nach oben geworfen, bevor sie wieder herunterfällt. Während dieser Freiflugphase kann die Übergangsfrequenz mit höchster Präzision bestimmt werden. Heutige Fontänenuhren stellen die Länge der SI-Sekunde mit einer relativen Unsicherheit von besser als 1 · 10–15 dar.

Entscheidend für den Betrieb jeder primären Atomuhr ist es, dass alle Effekte im Detail verstanden sind, die möglicherweise die Resonanzfrequenz der Atome verändern könnten, um die daraus resultierenden Frequenzverschiebungen zu vermeiden oder zu korrigieren. Eine wesentliche Korrektur bei einer Caesium-Fontänenuhr wird wegen der wechselseitigen Stöße der kalten Atome in der Wolke erforderlich. Im Allgemeinen hat die begrenzte Genauigkeit, mit der diese Korrektur durchgeführt werden kann, einen großen Anteil an der Unsicherheit der aus einer Fontänenuhr abgeleiteten Sekundendauer.

Jetzt ist eine neue Methode entwickelt worden, mit der die stoßinduzierte Frequenzverschiebung von vornherein vermieden werden kann. Diese Methode ist Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlern der PTB, des National Physical Laboratory (NPL) in Großbritannien und des National Institute of Standards and Technology (NIST) in den USA. Durch eine geringfügige Anpassung der Leistung der Mikrowellenstrahlung, die den Übergang im Caesiumatom anregt, lässt sich die kumulierte Stoßverschiebung von negativen zu positiven Werten verändern – oder genau zu Null machen. Das dabei ausgenutzte physikalische Prinzip hängt mit der Art und Weise zusammen, in der sich Stöße zwischen den kalten Atomen qualitativ und quantitativ verändern, während die Atomwolke durch die Apparatur fliegt. Dieses physikalische Modell wurde an den Caesium-Fontänenuhren PTB-CSF1 und NPL-CsF1 entwickelt und überprüft und konnte von den Wissenschaftlern am NPL durch numerische Simulationen bestätigt werden, wobei die von den Kollegen am NIST berechneten Daten zur Stoßphysik eingesetzt wurden.

Somit ergibt sich nun die faszinierende Perspektive des Betriebs von Caesium-Fontänenuhren bei exakt kompensierter Stoßverschiebung, sodass eine explizite Korrektur nicht mehr erforderlich ist. Zurzeit laufen weitere Untersuchungen, um die praktischen Grenzen dieses stoßverschiebungsfreien Betriebs abzustecken. Schon jetzt aber lässt sich absehen, dass Caesium-Fontänenuhren erheblich leistungsfähiger werden, als man das bisher für möglich gehalten hatte.

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