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Medizinischer Computertomograph für die Dosimetrie

11.10.2013

Die Anzahl computertomographischer (CT-) Untersuchungen in Deutschland hat sich seit 1996 bis heute mehr als verdoppelt. Im Jahre 2010 waren 61 % der kollektiven effektiven Dosis der Bevölkerung durch röntgendiagnostische Untersuchungen auf CT Aufnahmen zurückzuführen.

Zusammenfassung: Die Anzahl computertomographischer (CT-) Untersuchungen in Deutschland hat sich seit 1996 bis heute mehr als verdoppelt. Im Jahre 2010 waren 61 % der kollektiven effektiven Dosis der Bevölkerung durch röntgendiagnostische Untersuchungen auf CT Aufnahmen zurückzuführen. Diese Zahlen belegen die große Bedeutung der CT Dosimetrie. Die Grundlagen der CT Dosimetrie wurden bereits Anfang der Achtziger Jahre kurz nach der Erfindung des ersten CTs gelegt und haben sich bis heute kaum verändert. Dagegen vollzog sich bei den CT Geräten eine rasante technologische Entwicklung. Für die neuen Scanner-Generationen können die veralteten Konzepte der CT Dosimetrie nicht mehr verwendet werden. Weltweit wird deshalb über neue Konzepte in der CT Dosimetrie nachgedacht. Die PTB ist für die Darstellung und Weitergabe der Einheiten für die CT-Dosimetrie und Bauartprüfungen von CT-Diagnostikdosimetern nach dem Eichgesetz zuständig. Zur Erhaltung der Kompetenz und zur Bearbeitung wichtiger Fragen auf dem Gebiet der Metrologie für die CT Dosimetrie in der Medizin hat sich die PTB einen modernen 64 Zeilen CT Scanner angeschafft.

Die Erfindung der Computertomographie (CT) kann wohl als die größte Revolution in der medizinischen Röntgendiagnostik der letzten Jahrzehnte betrachtet werden und ist heute eine Methode, die weltweit in Kliniken und Praxen etabliert ist. Moderne CTs liefern dreidimensionale Bilder in zuvor nie gekannter Qualität. Sie kommen physikalisch durch die unterschiedliche Abschwächung der Röntgenstrahlung in Geweben und Organen zustande. Dabei deponiert die Röntgenstrahlung aber auch eine gewisse Dosis im Körper des Patienten deren Wert kontrolliert werden muss, um damit verbundene Risiken des Patienten zu minimieren.

Nach dem BMU Parlamentsbericht 2011 [1] hat sich die Anzahl der Computertomographien in Deutschland pro Einwohner und Jahr zwischen 1996 und 2010 mehr als verdoppelt (Zunahme: 130 %). Der dadurch bedingte Anteil an der kollektiven effektiven Dosis der Bevölkerung durch Röntgenuntersuchungen ist auf 61 % im Jahr 2010 angestiegen (s. Abb. 1). Bei bestimmten CT Untersuchungen treten erhebliche effektive Dosen bis zu 25 mSv auf. Zum Vergleich: Für beruflich strahlenexponierte Personen beträgt der Grenzwert der effektiven Dosis 20 mSv im Kalenderjahr. Diese Zahlen belegen die große Bedeutung der Dosimetrie in der CT.

Die Europäische Kommission hat in der Patientenschutzrichtlinie (97/43/EURATOM) das Konzept der diagnostischen Referenzwerte (DRW) der Internationalen Strahlenschutzkommission (International Commission on Radiological Protection, ICRP) eingeführt, um eine Begrenzung der Exposition in der medizinischen Diagnostik zu erreichen.

Abb. 1 : Prozentualer Anteil der verschiedenen Untersuchungsarten an der Gesamthäufigkeit und an der kollektiven effektiven Dosis in Deutschland für das Jahr 2010

Für die Computertomographie werden die DRW auf Basis der Messgröße "Computed Tomography Dose Index" (CTDI) angegeben. Diese Messgröße ist auch die Basis bei Abnahme- und Konstanzprüfungen. Der CTDI wurde bereits Anfang der Achtzigerjahre zur Beschreibung der absorbierten Dosis in computertomographischen Schichten von Shope et al. vorgeschlagen [2]. Zur Messung wird eine 100 mm lange bleistiftförmige Messkammer (CT-Kammer) entweder frei in Luft oder in einem Kopf- oder Körperphantom verwendet (s. Abb. 2). Man spricht daher auch vom "CTDI100-Konzept", welches derzeit weltweit in der CT-Dosimetrie angewandt wird.

Abb. 2 : Die Prüfkörper für CTDI-Messungen sind homogene Zylinder aus Plexiglas zweier Durchmesser von 16 bzw. 32 cm und der Länge 15 cm, die als Kopf- bzw. Körperphantom eingesetzt werden. Die bleistiftförmige, 100 mm lange Ionisationskammer muss entlang des aktiven Messvolumens ein möglichst homogenes Ansprechvermögen besitzen.

Seit der Einführung des CTDI hat es eine rasante technologische Entwicklung bei CT Geräten gegeben. Für die neuen Scanner Generationen mit größeren Scanbreiten kann das "CTDI100-Konzept" nicht mehr konsistent verwendet werden. Die American Association of Physics in Medicine (AAPM) [3] hat deshalb ein alternatives Konzept für die CT–Dosimetrie entwickelt, welches auf kleinen Messkammern in großen Phantomen beruht. Sie stellt sich damit gegen die Auffassung vieler Gerätehersteller und die zuständige IEC Arbeitsgruppe (z.B. IEC 60601-2-44 [4]) für Abnahmeprüfungen an CT Geräten, die mit Hilfe von Korrektionen am CTDI100- Konzept festhalten möchten. Auch die ICRU (International Commission on Radiation Units and Measurements) hat sich in den letzten Jahren intensiv mit dem Thema beschäftigt. In ihrem neuen Report 87 mit dem Thema "Radiation Dosimetry and Image Quality Assessment in Computed Tomography" [5] wird eine neue Prozedur vorgeschlagen, mit der es möglich ist, Dosis und Bildqualität mit Hilfe eines speziellen neu entwickelten Phantoms aus einer einzigen CT-Aufnahme abzuleiten. Aus Sicht der PTB ist ein weltweit einheitliches CT-Dosiskonzept unabdingbar, um auch in Zukunft die Vergleichbarkeit von Dosismessgrößen zu gewährleisten.

Da die PTB sowohl für die Darstellung und Weitergabe der Einheiten für die CT-Dosimetrie als auch für die Bauartprüfungen von CT-Diagnostikdosimetern zuständig ist und darüber hinaus in entsprechenden nationalen und internationalen Normungsgremien mitarbeitet, besteht hier dringender Handlungsbedarf. Aus diesem Grund hat die PTB einen eigenen medizinischen Computertomographen für die CT-Dosimetrie angeschafft. Dabei handelt es sich um einen Scanner der Firma "General Electric (GE)". Der "GE Optima 660 Computertomograph" (s. Abb. 3) verfügt über ein Kollimationssystem von sechs unterschiedlichen Breiten von 1,25 mm bis 40 mm. Der Kollimator enthält zwei Formfilter, die den Strahl filtern und formen, um die Dosis und die Bildqualität entsprechend des Umfangs der zu scannenden Körperpartien des Patienten (z.B. Kopf oder Rumpf) zu optimieren. Der GE Optima 660 CT verfügt über ein Detektorsystem, das aus 64 Detektorzeilen in z-Richtung besteht. Die integrierte Röntgenröhre kann bei vier unterschiedlichen Röhrenspannungen von 80, 100, 120 und 140 kV mit einer maximalen Generatorleistung von 72 kW betrieben werden [6]. Der CT soll als Referenzmessplatz für die CT-Dosimetrie charakterisiert werden. Darunter ist zu verstehen, dass die Röntgenstrahlungsfelder des CT experimentell vermessen sind. Weiterhin soll der Strahlungstransport der Röntgenstrahlung von der Quelle bis zum bildgebenden System berechenbar sein. Zu diesem Zweck stellt die Firma GE der PTB die dafür notwendigen Daten des CTs gegen eine Geheimhaltungsvereinbarung zur Verfügung. Die Strahlungstransportrechnungen sollen mit Monte Carlo Methoden durchgeführt werden. Auf diese Weise ist es möglich, Dosiswerte an bestimmten Stellen in speziellen Phantomkörpern zu messen und mit berechneten Werten zu vergleichen. Falls gemessene und berechnete Dosiswerte genügend gut übereinstimmen, kann dann in Zukunft zuverlässig die individuelle Patientendosis mit Hilfe des gescannten CT-Bildes als Eingabemodell für Rechnungen ermittelt und angezeigt werden. Der Referenzmessplatz soll aber zunächst zur Prüfung der vorgeschlagenen Dosiskonzepte und der in der CT-Dosimetrie verwendeten und neuartigen Detektoren auch im Rahmen von Bauartprüfungen dienen. Der Computertomograph wurde im August 2013 erfolgreich installiert und abgenommen. Erste Experimente sind bereits angelaufen.

Abb. 3 : GE Optima 660 Computertomograph. Der CT ist betriebsbereit und befindet sichim Neubau des Röntgen-Baus. Er wurde im August 2013 von der Firma "General Electric" geliefert. Er ist ein in Kliniken und Praxen eingesetzter CT, der in der PTB zur Forschung und Lösung der dosisbezogenen Fragen dient.

Referenzen:

  1. Umweltradioaktivität und Strahlenbelastung: Jahresbericht 2011
    Internet: nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0221-2013090511044
  2. T. B. Shope, R. M. Gagne, G. C. Johnson:
    A method for describing the doses delivered by transmission x-ray computed tomography

    Med. Phys. 1981; 8(4): 488-495
  3. Report of AAPM Task Group 111:
    The Future of CT Dosimetry, Comprehensive Methodology for the Evaluation of Radiation Dose in X-Ray Computed Tomography
  4. IEC 60601-2-44
    Medical electrical equipment - Part 2-44: Particular requirements for the basic safety and essential performance of X-ray equipment for computed tomography
  5. Radiation Dosimetry and Image Quality Assessment in Computed Tomography, ICRU Report 87, 2013
  6. GE Healthcare, OptimaTM CT660, Benutzerhandbuch, Version 12HW28.x für OptimaTM CT660, 2012