Logo der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt

Untersuchungen zum Einfluss verwendeter Näherungen in der Scatterometrie

03.12.2013

Die optische Scatterometrie ist eine Schlüsselmethode zur Messung funktions-relevanter dimensioneller Größen bei der lithografischen Herstellung von Nanostrukturen. Hierbei werden im Allgemeinen Vereinfachungen in der Auswertung verwendet, welche die Messunsicherheit begrenzen können. Es konnte gezeigt werden, dass die Größe des Beleuchtungsflecks für aktuelle Messsysteme nicht relevant ist und dass die Scatterometrie wichtige Parameter wie Kantenverrundung erfassen kann, die mit anderen Verfahren nicht messbar sind. 

Einleitung

Scatterometrische Messmethoden bestimmen aus dem von nanostrukturierten Objekten gestreuten Licht geometrische und optische Eigenschaften der zugrunde liegenden Strukturen  [1]. Bei der Auswertung der Messungen werden Näherungen für die Beschreibung der Messsysteme und  Annahmen über die untersuchten Strukturen gemacht. In der PTB wurde speziell der Einfluss des verwendeten Strukturmodells sowie der Effekt einer endlichen Beleuchtungsfleckgröße untersucht. Ziel ist, den Beitrag zum Unsicherheitsbudget zu quantifizieren und ggf. die Messunsicherheit durch verbesserte Verfahren zu reduzieren.

Experiment

Für experimentelle Untersuchungen wurde das DUV-Scatterometer der PTB mit einem 266 nm cw-Laser verwendet [2]. Die Beleuchtungsfleckgröße wurde zwischen 40 µm und 1,6 mm variiert. Die Messungen wurden an eindimensionalen Si-Gitterstrukturen mit einer Periode von 600 nm durchgeführt. Die Abb. 1 und 2 zeigen die gemessenen Beugungseffizienzen der 1. und 3. Beugungsordnung in Abhängigkeit vom Einfallswinkel, in Abb. 2 zusätzlich in Abhängigkeit von der Beleuchtungsfleckgröße.

1a)        1b)
   

Abb. 1: Gemessene Beugungseffizienzen der 1. und 3. Beugungsordnung und Vergleich mit Simulationen

Auswertung

Für das untersuchte Gitter wurden zwei Strukturmodelle miteinander verglichen: Modell 1 beschreibt das Gitter mit einer einfachen Trapezstruktur, Modell 2 enthält zusätzlich eine Abrundung der oberen und unteren Ecken (Abb. 3). Ein Vergleich der berechneten mit den gemessenen Beugungseffizienzen (siehe Abb. 1) zeigt, dass die Messdaten wesentlich besser durch Modell 2 beschrieben werden, wobei sich eine Verrundung der oberen Kante als nicht relevant erwies. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass die Sensitivität bzgl. der unteren Kantenverrundung auch von der Polarisation des einfallenden Lichtes abhängt.

2a)        2b)
     

Abb. 2: Gemessene Beugungseffizienzen  der -1. und 3. Beugungsordnung für drei unterschiedliche Beleuchtungsfleckgrößen. Die Fehlerbalken repräsentieren die Standardabweichung aus 5 Messungen an unterschiedlichen Positionen der Probe.

In der Modellierung der Licht-Struktur-Wechselwirkung geht man der Einfachheit halber oft von einem unendlich ausgedehnten und homogen beleuchteten Wechselwirkungsbereich aus. Reale Messsysteme jedoch verwenden bestenfalls eine gaußförmige Beleuchtung mit endlicher Strahltaille. Aufwendige numerische Untersuchungen haben gezeigt, dass für Strahltaillen größer als 10 µm (bei Beleuchtungswellenlängen im DUV-Bereich) keine signifikanten Abweichungen durch die Annahme einer ebenen Welle zu erwarten sind [3]. Die bei den hier untersuchten Beleuchtungsfleckgrößen (> 40 µm) gemessenen Beugungseffizienzen (Abb. 2) stimmen innerhalb der experimentellen Reproduzierbarkeit überein und bestätigen die numerischen Simulationen.

3a)3b)
 

Abb. 3: Geometriemodell des Strukturquerschnittes, a) einfaches Trapezmodell, b) Trapezmodel mit Kantenverrundungen.  Ergebnisse der Rekonstruktionsrechnungen: Modell 1: Breite c = 281 nm, Höhe h = 367 nm, Oxidschichtdicke L = 5.6 nm, Kantenwinkel SWA = 81.4°; Modell 2: c = 273 nm, h = 373 nm, L = 5.9 nm, SWA = 85.0°, obere Kantenverrundung: nicht signifikant, untere Kantenverrundung R = 29,5 nm.

Diskussion und Ausblick

Die gezeigten Ergebnisse demonstrieren die Notwendigkeit hinreichend realistischer Geometriemodelle für scatterometrische Messungen periodischer Nanostrukturen. Der gezeigte Nachweis und die Quantifizierung der unteren Kantenverrundung ist mittels alternativer Messverfahren (AFM oder SEM) nahezu nicht möglich. Die Untersuchungen zum Einfluss einer endlichen Beleuchtungsfleckgröße zeigen, dass die i. A. verwendeten Näherungen einer unendlichen Gitterausdehnung und einer ebenen Welle noch nicht zu signifikanten Rekonstruktionsfehlern führen. Zukünftig ist in der Halbleiterindustrie jedoch geplant, mit wesentlich kleineren Scatterometriefeldern < 10 µm zu arbeiten, so dass diese Effekte dann relevant werden.   Neben den hier erwähnten Näherungen existieren noch eine Reihe anderer Einflussfaktoren, deren Beitrag zum Unsicherheitsbudget weiter untersucht wird. Ziel ist, die Scatterometrie als absolut messendes System zu etablieren.


Literatur:

[1]        C.J. Raymond, Scatterometry for Semiconductor Metrology, Handbook of Silicon Semiconductor Metrology, Marcel Dekker, New York (2001)

[2]        M. Wurm et al., Deep ultraviolet scatterometer for dimensional characterization of nanostructures: system improvements and test measurements, Measurement Science and Technology 22, 094024 (2011)

[3]        J. Endres, S. Burger, M. Wurm, B. Bodermann, Numerical investigations of the influence of different commonly applied approximations in scatterometry, Proc. SPIE 8789, 878904 (2013)

[4]        B. Bodermann et al., First steps towards a scatterometry reference standard. Instrumentation, Metrology and Standards for Nanomanufacturing, Optics, and Semiconductors VI, 8466 (2012)