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Das Quanten-Ampere ist genauer als das klassische

30.03.2017

Im heutigen Internationalen Einheitensystem, dem SI, ist die elektrische Basiseinheit Ampere über die Kraft zwischen zwei stromdurchflossenen Leitern definiert. Dieses „klassische Ampere“ kann mit einer Messunsicherheit von etwa 0,3 μA/A realisiert werden. Im revidierten SI, dessen Einführung für 2018 geplant ist, soll das Ampere genauer werden. Im neuen Einheitensystem wird die Stromstärkeeinheit Ampere über den Wert der Elementarladung e definiert. Für eine direkte Realisierung dieser Definition treibt man einzelne Elektronen durch eine extrem schmale Leiterbahn mit Dimensionen im Nanometerbereich. In der PTB wurden in den letzten Jahren solche als Einzelelektronenpumpen bezeichnete Bauelemente auf der Basis von Halbleitermaterialien entwickelt und im Reinraumzentrum hergestellt. Betreibt man solche Pumpen bei einer Taktfrequenz f, erwartet man, dass ein Strom der Stärke I = ef erzeugt wird. Für f = 1 GHz beträgt die Stromstärke etwa 160 pA. Solche kleinen Ströme ließen sich lange Zeit nur mit Messunsicherheiten von 1 μA/A messen. Die Theorie sagt voraus, dass quantisierte Ströme aus Halbleiter-Einzelelektronenpumpen Messunsicherheiten aufweisen können, die deutlich unter 1 μA/A liegen.

Halbleiter-Einzelelektronenpumpe (links), angeschlossen an einen hochgenauen Strom-Spannungswandler ULCA (Mitte) in Kombination mit einem Josephson-Spannungsnormal zur Spannungsmessung (rechts). Alle Bauteile und Geräte wurden von der PTB entwickelt.

Schematische Darstellung des Messaufbaus mit zwei Stromverstärkern (ULCA A und ULCA B), die in beiden Zuleitungen zur Einzelelektronenpumpe (SET-Pumpe) als Strom-Spannungswandler eingesetzt werden. In Kombination mit einem programmierbaren Josephson-Spannungsnormal misst das Voltmeter die Differenz der Ausgangsspannungen UA und UB beider Stromverstärker. Ein Frequenznormal regelt sowohl den Generator für die Spannungspulse, mit dem die Einzelelektronenpumpe betrieben wird, als auch die Mikrowellenquelle des Josephson-Spannungsnormals. Der systematische Beitrag dieses Aufbaus zur Messunsicherheit der Stromstärkemessung beträgt nur 0,084 μA/A.

Zur Verifizierung dieser Vorhersage wurde in langjähriger Entwicklungsarbeit ein spezieller Messverstärker entworfen und realisiert, der den kleinen quantisierten Strom zunächst etwa tausendfach verstärkt und ihn dann mittels eines Transimpedanzverstärkers in eine leichter zu messende Spannung wandelt. Durch Rückführung auf einen Quanten- Hall-Widerstand wird die Präzision dieses Teils der Messkette sichergestellt. Zur Messung der Spannung wird ein weiteres Quantennormal eingesetzt, ein Josephson-Quantenvoltmeter.

Die Abbildung zeigt schematisch die Messung des quantisierten Stromes aus einer Halbleiter-Einzelelektronenpumpe mit der neu entwickelten Messtechnik. Nach Optimierung aller Teile der Messkette konnte gezeigt werden, dass ein quantisierter Strom der Stärke I = 96 pA innerhalb einer Messunsicherheit von nur 0,16 μA/A mit dem erwarteten Wert I = e ⋅ f übereinstimmte. Die in einer relativ kurzen Messzeit von 21 Stunden erreichte Genauigkeit stellt eine Rekordmarke für Halbleiter-Einzelelektronenpumpen dar und belegt eindrucksvoll die Qualität aller eingesetzten Quantennormale. Das Ergebnis bestätigt frühere Messungen mit einer Messunsicherheit von 0,20 μA/A. Der PTB ist mit diesen Arbeiten der Nachweis gelungen, dass das „Quanten- Ampere“ mit einer geringeren Messunsicherheit dargestellt werden kann als das klassische Ampere im heutigen SI – ein Meilenstein auf dem Weg zur geplanten Revision des Internationalen Einheitensystems.