Die Technische Zusammenarbeit der PTB mit dem afrikanischen Kontinent beruht auf einem nunmehr 45-jährigen Erfahrungshintergrund. Zum einen wurde erkannt, dass die einseitige Förderung der Metrologie in Afrika wenig Sinn hat und nur ein konzertiertes Zusammenspiel aller Elemente der Qualitätsinfrastruktur im entwicklungspolitischen Sinne Erfolg verspricht. Zum anderen wurde aber auch deutlich, dass ein Kontinent, welcher 33 von 45 der am wenigsten entwickelten Länder (least developed countries) beheimatet, neue konzeptionelle Vorgehensweisen erforderlich macht, um eine effiziente Nutzung der äußerst beschränkten finanziellen und personellen Ressourcen zu gewährleisten. Diesen Gedanken Rechnung tragend, entwickelte die PTB sehr frühzeitig eine eigenständige, ganzheitliche pan-afrikanische Strategie für die Förderung der Qualitätsinfrastruktur. „Quality for Africa“ umfasst vier Handlungsfelder: regionale Maßnahmen, nationale Interventionen, strategische Allianzen und pan-afrikanische Institutionenförderung.
Internationale und pan-afrikanische Qualitätsinfrastruktur (PAQI)
Das Quality-for-Africa-Konzept ist ambitiös. Es berücksichtigt nicht nur die entwicklungspolitischen Vorgaben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, sondern auch jene der Afrikanischen Union. Bereits im Gründungsvertrag der „African Economic Community“ (Abuja Treaty, 1991) finden sich gezielte Hinweise zu einheitlichen Normen und Verfahren der Qualitätssicherung. In den Folgejahren entstanden unzählige weitere Dokumente, die zum Abbau der inner-afrikanischen Handelshemmnisse auffordern. Die Lage ist prekär: Der afrikanische Anteil am Welthandel liegt bei unter 3 %, und der innerafrikanische Handel macht nur 0,5 % des Gesamtwelthandels aus.
1984 begann die PTB mit der organisatorischen und institutionellen Beratung der African Organisation for Standards (ARSO). Zwanzig Jahre später war die Zeit reif für eine pan-afrikanische Metrologievereinigung. Nachdem auch die letzten Unklarheiten beseitigt waren und eindeutig geklärt werden konnte, dass Metrologen weder für das Wetter noch für den U-Bahnbau zuständig sind, wurde im März 2006 das Intra-Africa Metrology System (AFRIMETS) in Midrand, Südafrika, unter großer internationaler Beteiligung ins Leben gerufen. Sowohl vor als auch nach dieser Veranstaltung leistete die PTB wesentliche Beiträge zur Ausgestaltung von AFRIMETS. Durch die positiven Erfahrungen bestärkt, wurde mit einem dreijährigen Vorlauf die Gründung der African Accreditation Cooperation (AFRAC) in Angriff genommen, deren Gründungsfeier und erste Generalversammlung im September 2010 in Kairo, Ägypten, abgehalten wurde. Die letzte Säule der afrikanischen Institutionen der Qualitätsinfrastruktur bildet die im Februar 2008 gegründete African Electrotechnical Standardisation Commission (AFSEC), eine nachgeordnete Organisation der African Energy Commission (AFREC).
Die Präsidenten der vier pan-afrikanischen Organisationen für Qualitätsinfrastruktur bei der Unterzeichnung des Memorandum of Understanding am 30. August 2013 in Nairobi, Kenia.
Was jedoch noch fehlte, war eine „Anerkennung“ durch die African Union Commission (AUC). Ab 2011 moderierte die PTB mehrere „stakeholder meetings“, um ein gemeinsames Werben und Handeln zu erreichen. Hieraus entstand das Austauschforum für die pan-afrikanische Qualitätsinfrastruktur (PAQI). In einer Deklaration der Conference of African Ministers of Industry (Juni 2013) erkannten die Minister „the Pan African Quality Infrastructure (PAQI) as the continental platform for all matters related to standardization, metrology, accreditation and conformity assessment” an. Im August 2013 unterzeichneten die Vertreter von AFRAC, AFRIMETS, AFSEC und ARSO ein Memorandum of Understanding, welches PAQI als ein gemeinsames Forum ausweist, das die Möglichkeit bietet, im Bereich der Qualitätsinfrastruktur einen Beitrag zu den sozio-ökonomischen Zielen Afrikas zu leisten. Wichtigstes Organ von PAQI ist das Joint Committee, welches als Liaison Office zur AUC dient. Die Direktorin für Handel und Industrie der AUC übernahm nicht nur die offizielle Eröffnungsrede, sondern wohnte auch der ersten Sitzung des Joint Committee bei.
Deutschland ist der größte bilaterale Geber im Bereich der Qualitätsinfrastruktur in Afrika. Der größte Teil der technischen Beratung wird über die PTB abgewickelt. Mit den Maßnahmen zur Organisationsentwicklung hat die PTB nicht nur Mut und einen langen Atem bewiesen, sondern sich einen Namen als „honest broker“ der afrikanischen Idee gemacht. Der afrikanische Kontinent hat den Zugang zur Bühne der internationalen Qualitätsinfrastruktur gefunden. Das Netzwerk der Zusammenarbeit ist tragfähig. Quality for Africa ist noch nicht erreicht, aber der Grundstein ist erfolgreich gelegt.