Diamantbeschichtete Taster für Koordinaten- und Formmessungen

In der Koordinaten- und Formmesstechnik werden Werkstücke aus verschiedensten Materialien überwiegend mechanisch antastend gemessen. Antastelemente sind meist Kugeln aus Rubin oder Keramik. Bei diesen Antastkugeln kann es zu einer mechanischen Abnutzung an harten Oberflächen kommen oder es können Materialanhaftungen, z.B. bei der Antastung von Aluminiumlegierungen, auftreten. Um diese Effekte zu vermeiden, werden neben vergleichsweise teuren und unrunden Volldiamanttastkugeln Tastelemente aus Hartmetall verwendet, deren kugelförmige Spitze mit synthetischem nanokristallinen Diamant beschichtet und poliert ist, vgl. Bild 1, [1, 2]. In einem Projekt zusammen mit einem Hersteller von Koordinatenmessgeräten wurden die geometrischen Eigenschaften und das Antastverhalten solcher Tastelemente mit Durchmessern von 0,2 mm bis zu 8 mm hin untersucht und mit den Eigenschaften von Rubintastkugeln verglichen [3].

Die Oberflächentextur der Tastkugeln sowie die Abnutzung und die Materialanhaftung wurden mit einem Weißlichtinterferenzmikroskop untersucht (Objektiv 50x, FOV 80 µm x 80 µm). Im Vergleich zu Rubintastkugeln ist die Oberfläche bei den diamantbeschichteten Tastkugeln weitgehend homogen und etwas glatter (Sz < 10 nm, Sq ≈ 1 nm; Rubin: Sz < 40 nm, Sq ≈ 2 nm). Die Formabweichungen der Tastkugeln wurden am Äquator mit Formmessgeräten (MFU8, MFU110, Talyrond 73) und über den Zenit durch Vergleich mit einer Referenzkugel mit einem Mikro-KMG F25 bestimmt. Die gemessenen Formabweichungen der diamantbeschichteten Kugeln betrugen 0,1 µm oder kleiner (bis zu 0,03 µm) und sind damit vergleichbar gering wie bei qualitativ hochwertigen Rubintastkugeln.

Die mechanische Abnutzung von Tastkugeln mit 1 mm Durchmesser wurde mit einem Formmessgerät MFU8 an einem speziellen Lehrring getestet, dessen Oberfläche noch Schleifpartikel von seiner Fertigung enthielt. Bei Antastkräften von 20 mN und einer abgetasteten Gesamtstrecke von 11 m betrug die mechanische Abnutzung an der Rubintastkugel ca. 1 µm. An der diamantbeschichteten Tastkugel wurde dagegen keine Abnutzung festgestellt.

Der Materialauftrag auf die Tastkugeloberfläche beim Antasten wurde an einem Duralzylinder mit relativ rauer Oberfläche mit einem Formmessgerät MFU110 getestet. Seine Oberfläche wurde mit 1 mm Tastkugeln mit einer Antastkraft von ca. 20 mN über eine Gesamtstrecke von ca. 0,5 m abgetastet. Sowohl bei der diamantbeschichteten Tastkugel als auch bei der Rubinkugel entstand ein Materialauftrag von ca. 1 µm bzw. ca. 4 µm bei Rubin. Dieser Materialauftrag konnte mit einer Aluminiumätzlösung von den Kugeln wieder komplett entfernt werden. Die Oberfläche des Zylinders wurde bei den Messungen beschädigt, d.h. die passive Oxidschicht wird bei der Antastung zerstört und das Aluminium geht mit der Tastkugeloberfläche eine Verbindung ein. Hierzu sind weitergehende Versuche in Vorbereitung, um eine Zerstörung der Oxidschicht beim Antasten zu vermeiden.

Das Antastverhalten wurde mit Koordinaten- und Formmessgeräten an Objekten verschiedener Oberflächenqualität getestet: Normalzylinder und –kugeln mit sehr glatter Oberfläche sowie Testzylinder aus Dural und Bronze mit relativ rauer Oberfläche. Durch den Einfluss des verwendeten Koordinatenmessgerätes selbst konnten dort keine Unterschiede im Antastverhalten festgestellt werden. Bei den Formmessgeräten mit besserer Reproduzierbarkeit und höherer Auflösung war das Antastverhalten bei Verwendung der diamantbeschichteten Tastkugeln insbesondere bei den Testzylindern mit rauer Oberfläche deutlich besser als bei den Rubinkugeln.

Bild 1: KMG-Taststifte aus Hartmetall mit diamantbeschichteten kugelförmigen Tastspitzen, Durchmesser 8 mm bis 1 mm.


Bild 2: Mikro-KMG-Taststifte aus Hartmetall mit diamantbeschichteten kugelförmigen Tastspitzen, Durchmesser 300 µm.

[1] Balmer R. S. et al: 2009 J. Phys.: Condens. Matter 21 364221
[2] Nelissen W.: Mikroniek 2012 (Vol. 52) 3, 22-25
[3] Neugebauer M. et al: S. Proceedings of the 13th euspen international conference, 2013, 75-78