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Nachrichten des Jahres

Aus den Abteilungen

Quantenvoltmeter zur Messung von Wechselspannungen für die Industrie

In einem vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Technologietransferprojekt (MNPQ Projekt) der PTB mit zwei Industriepartnern wird ein Josephson-Messsystem für Gleich- und Wechselspannungen – ein AC-Quantenvoltmeter – für den Einsatz in industriellen Kalibrierlaboratorien entwickelt. Mit diesem neuen System werden die wesentlichen Vorteile von Normalen, die auf elektrischen Quanteneffekten basieren, nun auch für industrielle Laboratorien verfügbar: Kleinste Messunsicherheiten ohne aufwendige Rekalibrierungen verbessern die Leistung bei erhöhter Wirtschaftlichkeit. Das System basiert auf Josephson- Schaltungen, die in der PTB hergestellt werden, und ist für Spitzenspannungen bis ± 10 V und Frequenzen bis 10 kHz ausgelegt. Mit einem Prototyp konnten in der PTB bereits Wechselspannungen von 10 Hz bis 4 kHz gemessen werden, wobei Unsicherheiten von wenigen μV/V innerhalb einer Minute Messzeit erreicht wurden. Damit ist das neue AC-Quantenvoltmeter etwa 20-mal genauer als übliche Kalibratoren und dabei 60-mal schneller als bislang übliche Messverfahren mit Thermokonvertern. Das AC-Quantenvoltmeter kann darüber hinaus auch kommerzielle Gleichspannungsnormale (DC-Referenzen und -Voltmeter) kalibrieren.

Durch Vor-Ort-Tests in einem akkreditierten Kalibrierlabor wird das neue AC-Quantenvoltmeter jetzt für den praktischen Gebrauch optimiert. Wesentliche Zielspezifikation ist eine relative Unsicherheit von 2,5 μV/V bei 1 kHz. Die Entwicklung verfolgt ein modulares Konzept, welches eine Erweiterung des Systems bis hin zu einem universellen „Quantenkalibrator“ für Spannungs-, Widerstands- und Stromstärkenormale ermöglichen soll.

Metrologie für elektrochemische Energiespeichersysteme: Bestimmung des Lade- und Gesundheitszustandes von Lithium-Ionen- Batterien

Die Forschung zu den metrologischen Grundlagen von elektrochemischen Energiespeichern ist ein neues Arbeitsgebiet in der PTB. Für Elektrofahrzeuge fehlen Verfahren für die Qualitätssicherung, um vom Batterie- bzw. Fahrzeug-Hersteller garantierte Lebensdauer-Angaben für Lithium-Ionen- Batterien zu verifizieren. Die elektrochemische Impedanzspektrometrie (EIS) ist eine Messmethode, die Aussagen zum Gesundheits- (state of health, SOH) und Ladezustand (state of charge, SOC) und damit zum Alterungsverhalten einer Lithium-Ionen- Batterie schnell und zerstörungsfrei liefert. Allerdings fehlt bisher für dieses Messverfahren eine metrologische Referenz.

Gegenwärtig sind die Ergebnisse der EIS-Messungen, die mit unterschiedlichen Messgeräten erhalten werden, für die Qualitätssicherung wenig geeignet, da es keine Aussagen zur Unsicherheit der gemessenen Parameter gibt und die Ergebnisse geräteabhängig sein können. Über die Zuordnung der aus den Impedanzspektren ermittelten Parameter zu den chemischen Vorgängen in der Batterie während ihres Einsatzes und bei der Lagerung bei unterschiedlichen Umweltbedingungen fehlen gesicherte Angaben. Die zwei jetzt realisierten temperaturkontrollierten EIS Referenzmessplätze ermöglichen es, für den SOC und SOH wesentliche Parameter aus den Impedanzspektren zu identifizieren und rückgeführt auf das SI zu messen.

Mithilfe einer zusammen mit der Arbeitsgruppe „Wechselstrom-Gleichstrom Transfer, Impedanz“ entwickelten Referenzimpedanz erfolgte die geräteunabhängige Charakterisierung der Messplätze. Der Aufbau weiterer dynamischer Referenzimpedanzen mit variierenden Widerständen und Kapazitäten, die den relevanten mHz- bis kHz-Messbereich abdecken, ist geplant. Damit ist es erstmals möglich, elektrochemische Impedanzspektrometer in diesem Messbereich zu kalibrieren.

Die Ergebnisse der EIS-Referenzmessungen an Lithium- Ionen-Batteriezellen sind auf die Qualitätssicherung der Messergebnisse an anderen Energiespeichern und -wandlern, wie z. B. Brennstoffzellen, übertragbar. Es ist geplant, das Referenzmessverfahren zukünftig für die Untersuchung von Batteriezellen und -modulen bis 150 Ah Kapazität auszubauen.

Roadmap zur Neudefinition des Kilogramm

Im Zusammenhang mit den Diskussionen zur Revision des Internationalen Einheitensystems (SI) wurde auf der diesjährigen Sitzung des beratenden Komitees für Masse und abgeleitete Größen (CCM) eine neue Empfehlung, die CCM-Recommendation G 1 (2013) „On a new definition of the kilogram“, verabschiedet. Diese Empfehlung präzisiert frühere CCM-Empfehlungen und formuliert vier wesentliche Bedingungen, die aus Sicht des CCM erfüllt sein müssen, bevor das Kilogramm neu definiert werden kann:

  • R1. Wenigstens drei Experimente, darunter Wattwaagenexperimente und das Avogadroexperiment, liefern konsistente Werte für die Planck-Konstante h mit relativen Standardunsicherheiten nicht größer als 5 ∙ 10–8.
  • R2. Wenigstens eines dieser Ergebnisse weist eine relative Standardunsicherheit nicht größer als 2 ∙ 10–8 auf.
  • R3. Die BIPM-Prototypen, das „BIPM ensemble of reference mass standards“ und die Massenormale der Wattwaagenexperimente bzw. des Avogadroexperimentes sind so direkt wie möglich mit dem Internationalen Kilogramm-Prototyp verglichen worden.
  • R4. Die Prozeduren der zukünftigen Darstellung und Weitergabe des Kilogramm, wie in der entsprechenden „mise en pratique“ beschrieben, sind gemäß den Grundsätzen des CIPM MRA erfolgreich erprobt und validiert worden.

Diese CCM-Empfehlung wurde inzwischen vom Internationalen Komitee für Maß und Gewicht (CIPM) bestätigt.

Mikroverzahnungsnormal

Die PTB hat mit Partnern aus der Industrie im Rahmen eines AIF-Projekts ein neuartiges Mikroverzahnungsnormal entwickelt. Hiermit lässt sich die Eignung von Koordinatenmessgeräten mit taktilen und/oder optischen Sensoren sowie die von dimensionell messenden Computertomografen (CT) für die Messung von Mikroverzahnungen überprüfen und vergleichen.

Mikro- und Kleinstverzahnungen mit Stirnmodulen zwischen 1 μm und 1 mm sind zu einem unverzichtbaren Bestandteil der modernen Produktion geworden. Die Anwendungen, etwa in der Mikrosystemtechnologiefertigung oder der Mikrorobotik, erfordern häufig Getriebe mit einem Minimum an Material und dennoch hoher Präzision und Effizienz. Allerdings stellen Mikroverzahnungen aufgrund ihrer Größe und Geometrie besonders hohe Herausforderungen an die Messtechnik. Neben der sonst für Verzahnungen üblichen taktilen Messtechnik werden zunehmend auch andere Messprinzipien, z. B. optische oder tomografische, in Betracht gezogen. Allerdings fehlten bislang geeignete Normale, um die Rückführung dieser Messungen sicherzustellen und damit ihre Güte durch Ermittlung einer aufgabenspezifischen Messunsicherheit einschätzen zu können.

Das neue Mikroverzahnungsnormal der PTB verkörpert vier verschiedene Verzahnungsgrößen mit Stirnmodulen von 0,1/0,2/0,5/1,0 mm. An dem Normal lassen sich sowohl Profil- als auch Flankenlinienmessungen durchführen sowie das diametrale Zweikugelmaß bestimmen. Die Kalibrierung aller Parameter erfolgte auf einem Mikrokoordinatenmessgerät mit Messunsicherheiten U(k = 2) von unter 1 μm. Die universelle Eignung des Normals für taktile und optische Sensoren sowie für die dimensionelle Computertomografie konnte durch Vergleichsmessungen an 5 verschiedenen Messgeräten nachgewiesen werden.

Symmetriebrüche in Ionen-Coulomb-Kristallen

Wissenschaftler des Exzellenzclusters QUEST haben lasergekühlte Ionen in sogenannten Ionen- Coulomb-Kristallen genutzt, um Symmetriebrüche kontrolliert zu erzeugen. Dabei konnten sie das Auftreten von Defekten beobachten. Die experimentelle Realisierung dieser sogenannten topologischen Defekte in einem wohlkontrollierten System eröffnet neue Wege zur Untersuchung von Quanten-Phasenübergängen und Einsicht in die Nicht-Gleichgewichtsdynamik von komplexen Systemen. Unter anderem könnten weiterführende Experimente Rückschlüsse auf die Entwicklung des Universums kurz nach dem Urknall zulassen. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.

In einer internationalen Kooperation mit Kollegen aus dem amerikanischen Los Alamos National Lab, der Universität Ulm und der Hebrew University in Israel gelang es erstmals, topologische Defekte in einem atom-optischen Experiment im Labor zu demonstrieren. Topologische Defekte sind Abweichungen in der räumlichen Struktur, die durch den Bruch der Symmetrie entstehen, wenn Teile eines Systems nicht miteinander kommunizieren können. Sie bilden sich während eines Phasenübergangs und zeigen sich als nicht zusammenpassende Bereiche.

Die experimentelle Herausforderung für die Forscher lag darin, die sichere Kontrolle über ein komplexes Vielteilchensystem zu erlangen und durch eine gezielte Veränderung der äußeren Bedingungen die Symmetriebrechung herbeiführen zu können. Dies gelang mithilfe von Ytterbium-Ionen, die in sogenannten Paul-Fallen im Ultrahochvakuum gefangen und mithilfe von Laserlicht auf Temperaturen von wenigen Millikelvin gekühlt wurden. Die gefangenen, positiv geladenen Teilchen stoßen sich in der Falle ab und nehmen bei diesen ultratiefen Temperaturen eine kristalline Struktur an (Abb. a–c).

Werden die Parameter des Falleneinschlusses schneller als die Schallgeschwindigkeit im Kristall verändert, so treten topologische Defekte auf (Abb. d–e), während die Ionen eine neue Gleichgewichtsbedingung im Kristall suchen. Die Stabilität dieser Effekte konnte mithilfe numerischer Simulationen untersucht und optimiert werden. Damit ergibt sich ein ideales System, um flexibel und mit höchster Sensitivität die Physik symmetriebrechender Übergänge zu erforschen.

Das demonstrierte neue System ermöglicht in Zukunft weiterführende Experimente zu Phasenübergängen in klassischen Systemen und in der Quantenwelt sowie Tests im Bereich der Physik nicht-linearer Effekte (z. B. Solitonen) in einem wohlkontrollierten Vergleichssystem.

Medizinischer Computertomograf für die Dosimetrie

In der medizinischen Röntgendiagnostik ist die Computertomografie (CT) eine weltweit in Kliniken und Praxen etablierte Methode. Die rasante technologische Entwicklung bei den CT-Geräten mit immer größeren Scanbreiten hat dazu geführt, dass das bewährte Dosimetrie-Konzept für die Computertomografie nicht mehr konsistent verwendet werden kann. Inzwischen gibt es eine Reihe verschiedener Vorschläge aus international tätigen Arbeitsgruppen für moderne Dosimetriekonzepte. Aus Sicht der PTB ist ein weltweit einheitliches CT-Dosiskonzept unabdingbar, um auch in Zukunft die Vergleichbarkeit von Dosismessgrößen zu gewährleisten.

Da die PTB sowohl für die Darstellung und Weitergabe der Einheiten für die in der CT-Dosimetrie verwendeten Messgrößen als auch für die Bauartprüfungen von CT-Diagnostikdosimetern zuständig ist und darüber hinaus in entsprechenden nationalen und internationalen Normungsgremien mitarbeitet, besteht hier dringender Handlungsbedarf. Aus diesem Grund hat die PTB einen eigenen medizinischen Computertomografen für die CTDosimetrie angeschafft. Das Gerät wird zunächst als Referenzmessplatz für die CT-Dosimetrie charakterisiert. Es wird dann zur Prüfung der vorgeschlagenen Dosiskonzepte und der in der CT-Dosimetrie verwendeten und neuartigen Detektoren auch im Rahmen von Bauartprüfungen dienen.

Quantenmetrologie mit SQUIDs

Die PTB hat weltweit eine führende Rolle in der Entwicklung von SQUIDs für Anwendungen in der Präzisionsmesstechnik inne. PTB-SQUID-Sensoren wurden jetzt in zwei internationalen Kooperationsprojekten erfolgreich für Experimente der Quantenphysik eingesetzt. Das eine Projekt war ein sogenanntes Bell-Experiment der Gruppe um Anton Zeilinger von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Um dabei quantenmechanisch verschränkte Photonen hocheffizient und in genügender Anzahl zu detektierten, wurden supraleitende Transition Edge Sensor-Mikrokalorimeter der Quantendetektorgruppe des National Institute of Standards and Technology (NIST, USA) zusammen mit PTB-SQUID-Stromsensoren als Einzelphotonendetektoren eingesetzt. Die Konfiguration der verwendeten TES/SQUID-Detektormodule und deren Tests erfolgten an der PTB. Durch diese Experimente wurde der bisher vollständigste Nachweis der quantenmechanischen Verschränkung von Photonen erbracht. Photonen sind damit die ersten Quantenteilchen, für die alle sogenannten Schlupflöcher in Bell-Experimenten geschlossen wurden.

Das zweite Experiment gehört zu einer bereits seit Mitte der 90er Jahre bestehenden engen Kooperation der PTB-Kryosensorgruppe mit der Gruppe von John Saunders von der Royal Holloway University London, bei der besonders empfindliche NMRSpektrometer für Experimente bei ultratiefen Temperaturen entwickelt werden. PTB-SQUIDs haben nun NMR-Untersuchungen mit verbesserter Empfindlichkeit an der Quantenflüssigkeit Helium-3 bei sehr tiefen Temperaturen ermöglicht. Unter anderem konnten die suprafluiden Eigenschaften extrem dünner Helium-3-Flüssigkeitslamellen in Kavitäten unter Druck und bei Temperaturen bis unter 1 mK untersucht werden. Bei den Messungen zeigte sich, dass das relativ komplizierte Phasendiagramm von Helium-3 durch das „Einsperren“ und die Eigenschaften seiner Grenzfläche zur Umgebung stark modifiziert wird.

Kernspin-Präzessionsmessungen zur physikalischen Grundlagenforschung

Experimente zur Kernspinpräzession von Edelgasen sind in den letzten Jahren in den Fokus der physikalischen Grundlagenforschung gerückt, da sie zur Klärung aktueller Fragen der Kosmologie und der Elementarteilchenphysik beitragen können. Für diese Untersuchungen bietet der magnetische Abschirmraum BMSR-2 der PTB eine extrem störungsarme Umgebung, in der die kohärente Kernspinpräzession von Edelgasen in einem schwachen Magnetfeld über eine lange Zeit aufrecht, erhalten werden kann. Mit einer hochempfindlichen, SQUID-basierten magnetischen Messtechnik lässt sich dann sehr genau die Larmorfrequenz der Spinpräzession und damit die Zeemanenergie der beiden Kernniveaus bestimmen. Wirkt auf den Kernspin eine zusätzliche, nicht magnetische Wechselwirkung, sollte dies zu einer entsprechenden Modulation der Präzessionsfrequenz führen.

Eine solche Wechselwirkung könnte das in Theorien postulierte Axion vermitteln, ein hypothetisches Teilchen, das auch als möglicher Urheber der dunklen Materie angesehen wird, die über 75 % aller Materie im Universum ausmachen soll. In Zusammenarbeit mit der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz haben die Fachbereiche 8.1 und 8.2 der PTB in den vergangenen Jahren Experimente durchgeführt und ausgewertet, durch die der bisher für möglich erachtete Existenzbereich von Masse und Lebensdauer des Axions erheblich eingeengt wurde.

Ein weiteres Projekt befasst sich mit der Suche nach den elektrischen Dipolmomenten des Neutrons und des Xenonkerns. Die Existenz dieser elektrischen Dipolmomente würde eine fundamentale Symmetrieverletzung implizieren, die die Dominanz der Materie über der Antimaterie in unserer Welt erklären könnte. Die Experimente hierzu finden in Zusammenarbeit mit dem Paul-Scherrer-Institut (PSI) in Villigen (Schweiz) und der TU München statt. Beim Design und Aufbau der magnetischen Abschirmräume an den Neutronenquellen der beiden Forschungseinrichtungen konnte durch die Kooperation mit der PTB die Homogenität des Restfeldes um eine Größenordnung verbessert werden. In der nur 2-lagigen Abschirmkammer der TU München wurde ein Restfeld erreicht, dessen Homogenität sogar fast an die Rekordwerte des BMSR-2 heranreicht. Die Experimente zum Nachweis des vermutlich wesentlich schwächeren Dipolmoments des Xenons werden auch im BMSR-2 der PTB durchgeführt. Die dafür notwendigen Edelgase (129Xe und 3He) werden im Fachbereich 8.1 der PTB aufpolarisiert.

Stabilität der Supraleitung in Mischungen von Bose-Einstein-Kondensaten

Wie ultrakaltes Helium zeigen auch Bose-Einsteinkondensierte Atome ein Fließen ohne Reibung. Supraflüssigkeit ist wie die Supraleitung ein makroskopisches Quantenphänomen, das sich nur im Rahmen der Quantenmechanik verstehen und beschreiben lässt. Es wird angewendet in Wissenschaft, Technik und Metrologie, z. B. bei der hochpräzisen Messung von Magnetfeldern mithilfe sogenannter SQUIDs oder bei der Messung der Spannung mithilfe des Josephson-Effektes.

Aus diesem Grund wird seit einiger Zeit auch die Supraflüssigkeit in atomaren Bose-Einstein-Kondensaten untersucht, besonders auch im Hinblick auf mögliche Anwendungen für Präzisionsmessungen. Es gibt zahlreiche neue Experimente, bei denen kondensierte Atome in einer ringförmigen optischen Falle gefangen werden. Dann wird ein Suprafluss durch einen geeigneten Laserpuls angeregt, d. h. die Atome werden in der optischen Falle zum Rotieren gebracht. Man spricht auch von der Anregung eines Wirbels. Der mit dem Wirbel verbundene Bahn-Drehimpuls ist wegen der Quantennatur des Kondensates quantisiert und kann auch nur in quantisierten Schritten wieder abgegeben werde.

In einem solchen Experiment einer Gruppe der Universität Cambridge [1] wurde festgestellt, dass der Suprafluss einer Mischung aus Rubidium-Atomen mit unterschiedlichem Spin je nach Mischungsverhältnis oberhalb einer kritischen Schwelle stabil ist (d. h. das atomare Kondensat rotiert über lange Zeit reibungsfrei), aber unterhalb dieser Schwelle ziemlich abrupt zum Stillstand kommt. Dabei wurde die quantisierte Abgabe des Drehimpulses aus dem Wirbel direkt beobachtet.

Innerhalb eines Projektes der Arbeitsgruppe „Theorie wechselwirkender Quantensysteme“ und in Zusammenarbeit mit Physikern aus der Ukraine und gefördert vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) wurde ein Vorschlag gemacht [2], wie man dieses Verhalten verstehen kann. Dazu wurde das Experiment [1] möglichst genau im Rahmen einer Molekularfeld-Näherung auf dem Computer simuliert. Damit wird es möglich, das Verhalten des atomaren Kondensates auf Zeit- und Längenskalen, die dem Experiment nicht direkt zugänglich sind, genau zu „beobachten“, um festzustellen, wie sich die Atom-Flüssigkeit beim Zerfall genau verhält.

Die Simulation startet mit einer homogen Verteilung der Atome auf zwei Spinkomponenten, hier bezeichnet mit „+“ und „0“, die mit drei Drehimpulseinheiten rotieren. (Eine für Rubidium theoretisch mögliche „-‘‘ Komponente wird experimentell wie auch in der Simulation herausgefiltert.) Die Abbildung zeigt in einer farbkodierten Darstellung die Dichte des Kondensates der Spinkomponente „+“ nach etwa 13 Zeiteinheiten. Man sieht deutlich den Ring, in dem das Kondensat „eingesperrt“ ist und rotiert, aber zu diesem Zeitpunkt ist die Dichte schon ziemlich inhomogen, es gibt sogar schon fast ein Loch (dunkelblauer Bereich) in dem ringförmigen Kondensat. Dieses Dichteminimum in einer Komponente ist mit Atomen der anderen Komponente gefüllt. Je nach anfänglichem Mischungsverhältnis der Atome auf die einzelnen Spinkomponenten tritt eine solche lokale Phasenseparation in einzelne Spinkomponenten auf. Der ursprüngliche Wirbel hat sich zu diesem Zeitpunkt schon in mehrere aufgeteilt, deren Rotationszentren durch die weißen „+“ Zeichen gekennzeichnet sind. Im weiteren Verlauf gelingt es einem der entstandenen Wirbel, durch das Dichteminimum zu entweichen, und damit verliert das supraflüssige Gas eine Drehimpulseinheit. In weiteren Schritten verliert die Atomflüssigkeit dann völlig ihren wirbelförmigen Suprafluss. In den Zusatzmaterialien der Originalveröffentlichung [1] findet man einen kleinen Film, der den Zerfall des supraflüssigen Wirbels genau zeigt.

Es ist zu erwarten, dass die Spin- und Atomtronik, wie sie in unserer Simulation untersucht wird, in der Zukunft eine ähnlich wichtige Rolle in Technik und Metrologie spielen wird wie heute die Elektronik.

 

[1] S. Battie, S. Moulder, R. J. Fletcher, Z. Hadzibabic,
Phys. Rev. Lett. 110 (2013) 025301.
[2] A. I. Yakimenko, K. O. Isaeva, S. I. Vilchinskii, M. Weyrauch,
Phys. Rev. A88 (2013) 051602(R)

Vom Kuratorium

Die 64. Sitzung des Kuratoriums der PTB

Die turnusmäßige Sitzung des Kuratoriums der PTB fand in diesem Jahr am 25. und 26. April in Braunschweig statt. Die Kuratoren und Gäste wurden vom Präsidenten der PTB, Prof. Dr. Joachim Ullrich, begrüßt. Danach wurde den Kuratoren Gelegenheit gegeben, sich über aktuelle Forschungs- und Dienstleistungsprojekte der PTB an ausgewählten Stationen zu informieren. Die Themenauswahl reichte dabei von Grundlagenforschung zu optischen Uhren über Antennencharakterisierung im Gigahertzbereich bis zur Prüfung von druckfesten Gehäusen im Explosionsschutz. Im Anschluss fand im Hörsaal der PTB ein öffentliches Kolloquium statt, bei dem drei Nachwuchswissenschaftlerinnen der PTB über ihre Forschungsarbeiten berichteten. Den Auftakt dazu gab Christine Brauckmann mit ihrem Vortrag über die Entwicklung von primären Messverfahren für „prioritäre gefährliche Stoffe“ der EU-Wasserrahmenrichtlinie, gefolgt von Dr. Tanja Mehlstäubler mit einem Thema zur Grundlagenforschung „Kristalldefekte in lasergekühlten Ionenkristallen – von der Kosmologie zur Festkörperphysik“ und schlussendlich Dr. Katy Klauenberg mit ihrem Vortrag über ein neues statistisches Verfahren zur Analyse von Immunassays. Die verbleibende Zeit des ersten Veranstaltungstages nutzten die Kuratoren zu intensiven Gesprächen in den Fachabteilungen.

Die Sitzung des Kuratoriums am 26. April wurde vom Präsidenten des Kuratoriums, Dr. Sven Halldorn, eröffnet. In seiner anschließenden Rede ging er auf die aktuelle wirtschaftliche Lage in Deutschland ein, die Innovationspolitik der Bundesregierung, auf die Förderprogramme des BMWi, auf das europäische Forschungsprogramm Horizont 2020, auf die Qualitätsinfrastruktur in Bezug auf Messwesen, Akkreditierung und Normung sowie auf die Rahmenbedingungen der Ressortforschung im Zusammenhang mit der Wissenschaftsfreiheitsinitiative. Er betonte, dass die PTB eine wichtige Funktion habe, um die Technologie-Akzeptanz in der Wirtschaft und beim Verbraucher zu erhöhen. Grundlage hierfür seien genaue und rückführbare Messungen, die eine essenzielle Basis für verlässliche sowie qualitätsgesicherte Produktionsprozesse seien. Der technische Fortschritt erfordere ständig erweiterte Messmöglichkeiten, weshalb trotz enormer Konsolidierungsanstrengungen der öffentlichen Haushalte, Forschung, Entwicklung und Innovation eine hohe Priorität für die Bundesregierung haben.

Im Anschluss daran gab Prof. Ullrich einen Überblick über die wesentlichen Arbeiten der PTB im vergangenen Jahr. Im ersten Teil seines Vortrages ging er auf den Stand und die Fortschritte bei der Weiterentwicklung des Internationalen Einheitensystems (SI) ein. Im Mittelpunkt standen hierbei das Avogadro-Projekt, die Definition des Ampere mit Einzelelektronenschaltungen sowie die Forschung an optischen Atomuhren. Im Anschluss präsentierte er Highlights aus den Dienstleistungsbereichen wie z. B. die geplante Erweiterung der Kraftskala auf 30 MN oder die Anwendung von Profilscannern zur Untersuchung von Mikrostrukturen. Es folgte eine Bilanz des europäischen Metrologie-Forschungsprogramms EMRP und ein Ausblick auf das Nachfolgeprogramm EMPIR. Zum Schluss des Vortrages erwähnte er das neue Doktoranden-Konzept, die Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie und berichtete über die Ausbildung in der PTB.

Aus dem Präsidium

Verleihung des EPS „Historic Site Award“ an die PTB

Am 8. Oktober 2013 wurde der PTB in Berlin von der Europäischen Physikalischen Gesellschaft (EPS) der „Historic Site Award“ verliehen. Mit diesem Preis werden Orte ausgezeichnet, die für die Entwicklung der Physik von großer Bedeutung waren und sind. Mit der Ernennung der PTB wurden die bahnbrechenden wissenschaftlichen und technischen Leistungen, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts an der damaligen Physikalisch-Technischen Reichsanstalt (PTR) u. a. von Hermann von Helmholtz, Walter Nernst, Willy Wien und anderen vollbracht wurden, gewürdigt.

Die Redner anlässlich der Verleihung des „Historic Site Award“ am 8.10.2013 in der PTB Berlin (von links nach rechts): Prof. Dr. Hans Koch (Leiter des Instituts Berlin der PTB ), Prof. Dr. Wolfgang Ketterle (Nobelpreisträger 2001 und Kurator der PTB), Cornelia Quennet-Thielen (Staatssekretärin im BMBF), Prof. Dr. John Dudley (EPS-Präsident), Prof. Dr. Joachim Ullrich (PTB Präsident), Prof. Dr. Johanna Stachel (DPG-Präsidentin), Anne Ruth Herkes (Staatssekretärin im BMWi)

Zu dieser Veranstaltung waren ca. 100 geladene Gäste aus Industrie und Wissenschaft gekommen, u. a. die Präsidentin der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG), Prof. Johanna Stachel, der Präsident des Kuratoriums der PTB, Dr. Sven Halldorn, und Ruprecht von Siemens, Urenkel des Firmengründers und auch von Hermann von Helmholtz. Den musikalischen Rahmen zu dieser Veranstaltung gestalteten junge Preisträger vom musikalischen Förderprojekt „Jugend musiziert“ aus Berlin.

Die Staatssekretärinnen, Anne Ruth Herkes vom BMWi und Cornelia Quennet-Thielen vom BMBF, entrichteten Grußworte, in denen sie die Bedeutung der historischen wissenschaftlichen Leistungen für Wirtschaft und Wissenschaft unterstrichen.

Die eigentliche Verleihung wurde durch den Präsidenten der EPS, Prof. Dr. John Dudley, vorgenommen.

Den wissenschaftlichen Höhepunkt der Veranstaltung bildeten die Vorträge des Nobelpreisträgers und neuen Kurators der PTB, Prof. Wolfgang Ketterle, über Quantenmaterie am absoluten Nullpunkt und von Prof. Hans Koch über die Entdeckung der Quantennatur des Lichtes.

100 Jahre Helmholtz-Fonds e. V.

Als die Vorgängerinstitution der PTB, die Physikalisch- Technische Reichsanstalt (PTR), ein Vierteljahrhundert alt war, beschlossen namhafte Wissenschaftler des PTR-Kuratoriums, einen Fonds zur Förderung und Unterstützung der Reichsanstalt zu gründen. Der Helmholtz-Fonds e. V., so benannt nach dem ersten PTR-Präsidenten, steht seitdem der metrologischen Forschung und Entwicklung überaus hilfreich zur Seite. Im Jahr 2013 feierte der Fonds sein 100-jähriges Jubiläum mit einem Festkolloquium am 20. September 2013 im Hörsaal der PTB in Braunschweig.

Nach einem Grußwort von Dr. Sven Halldorn, Leiter der Abteilung Technologiepolitik im BMWi, sprachen Dipl.-Ing. Ruprecht von Siemens (ehemaliger Schatzmeister des Helmholtz-Fonds) und Prof. Dr. Ernst O. Göbel (ehemaliger PTB-Präsident) zur Geschichte und Bedeutung des Fonds. Im Anschluss hielten Prof. Dr. Günter Werth, Dr. Fritz Riehle und Prof. Dr. Thomas Klar – drei Wissenschaftler, deren Arbeiten in der Vergangenheit mit dem Helmholtz- Preis ausgezeichnet wurden – je einen Kurzvortrag aus dem Umfeld ihrer preisgekrönten Arbeit. Im Anschluss an dieses Kolloquium fand ein Empfang im Foyer des Hörsaals statt.

Eröffnung der Kindergartengruppe

Am 6. Juni 2013 wurden die neuen Räume des PTBKindergartens offiziell eröffnet. Die 25 Kinder, die schon seit September des Vorjahres die neugegründete Kindergartengruppe „Die kleinen Schmetterlinge“ besuchen, können sich seitdem über große freundliche Räume und einen großzügigen Bewegungsraum zum Austoben freuen. Für die Kindergartengruppe wurde das alte Gästehaus der PTB umgebaut und an die bestehenden Krippenräume angeschlossen. Träger der Kindergartengruppe ist die Johanniter-Unfallhilfe, die bereits die Kita auf dem PTB-Gelände betreibt. Im Gegensatz zur Kita, die von ein- bis dreijährigen Kindern von PTB-Mitarbeitern besucht wird, sind „Die kleinen Schmetterlinge“ eine öffentliche Kindergartengruppe, in der jeder Braunschweiger seine Kinder anmelden kann.

„Für uns ist es wichtig, dass unsere Mitarbeiter die Möglichkeit haben, ihre Kinder vor Ort betreuen zu lassen, und dass ein enger Kontakt zu den Erzieherinnen besteht“, erklärte die PTB-Gleichstellungsbeauftragte Birgit Behrens, die zu jedem Zeitpunkt die treibende Kraft sowohl hinter der Einrichtung der PTB-eigenen Kita als auch des Kindergartens war. „Wir hatten jederzeit die Unterstützung des PTB-Präsidiums und freuen uns sehr, mit den Johannitern einen passenden Partner für dieses tolle Projekt gefunden zu haben“, zog sie während der Eröffnungsfeier Bilanz.

Mit dem Kindergarten ist nun zwischen Zentralgebäude und Paschen-Bau ein ganzes Gebäude-Ensemble für Kinder entstanden. Denn neben den Räumen und Außenanlagen von Kita und Kindergarten wurde auch das neue WissensForscher-Labor für Grundschüler gebaut. Insgesamt hat die PTB 1,1 Millionen Euro in die Baumaßnahmen investiert.

Qualitätsmanagement

Anerkennung von Eichscheinen

In Deutschland ist die PTB nach § 6 Absatz 2 des Einheiten- und Zeitgesetzes (EinhZeitG) für die Darstellung, Bewahrung und Weitergabe der Einheiten zuständig. Darüber hinaus hat sie die gesetzliche Aufgabe, die Einheitlichkeit des Messwesens in Deutschland zu sichern, ggf. zusammen mit Dritten. Dies gilt zum Beispiel bei der Zusammenarbeit mit den deutschen Eichbehörden. Zur Sicherung der Einheitlichkeit gehört insbesondere die Begutachtung der messtechnischen Rückführung durch die PTB. Mit Inkrafttreten des neuen Mess- und Eichgesetz (MessEG) ab dem 1. Januar 2015 wird diese Aufgabe in § 47 des MessEG bekräftigt und präzisiert.

Unter Mitwirkung der PTB wurde im August 2011 das Merkblatt 71 SD 0 005 zur messtechnischen Rückführung durch die Deutsche Akkreditierungsstelle GmbH (DAkkS) veröffentlicht. Dadurch erkennt die DAkkS Ergebnisberichte einer Eichbehörde als Rückführungsnachweise an, sofern diese das Begutachtungsverfahren durch die PTB für die jeweilige Messgeräteart erfolgreich abgeschlossen hat. Voraussetzung für diese Begutachtung durch die PTB ist eine Eigenerklärung der jeweiligen Eichbehörde, in der die Eichbehörde bestätigt, dass die Anforderungen eines an die aktuellen Entwicklungen angepassten und wirksamen Qualitätsmanagementsystems erfüllt werden. Diese Eigenerklärungen sind in vielen Fällen auf den Internetseiten der Eichbehörden einsehbar.

In 10 der insgesamt 13 Eichbehörden wurde diese Begutachtung durch die PTB bisher erfolgreich durchgeführt. Alle Bundesländer sind in das Begutachtungsverfahren einbezogen. Die Ergebnisse der Begutachtungen und die betroffenen Messgerätearten sind auf der Internetseite der PTB veröffentlicht. Darüber hinaus bauen die Eichbehörden unter Beteiligung der PTB ein System von Peer Reviews auf, um die dauerhafte Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen nachzuweisen.

Die Bestätigung der technischen Kompetenz der Eichbehörden durch die PTB hinsichtlich der messtechnischen Rückführung wird den Kompetenznachweis gegenüber der Europäischen Kommission und den übrigen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union erleichtern sowie eine Doppelbelastung der Wirtschaftsteilnehmer durch Eichung und eine zusätzliche Kalibrierung durch akkreditierte Kalibrierlaboratorien vermeiden.

Technologietransfer

Breitere Bekanntmachung der Technologietransferangebote der PTB

Ihrem gesetzlichen Auftrag folgend, den Wissensund Technologietransfer zu fördern, hat die PTB in ihren Print- und Internetmedien mittlerweile eigene Rubriken zum Thema Technologietransfer eingerichtet. Ob Pressemitteilungen zu Industriemessen, Beiträge im Nachrichtenblatt PTB-News oder im Fachjournal PTB-Mitteilungen – in den unterschiedlichen Formaten werden Technologieangebote vorgestellt, die Firmen die Möglichkeit bieten, Lizenzen zu erwerben oder gemeinsam mit der PTB Funktionsmuster zu entwickeln.

Im europäischen Rahmen hat mit der Deklaration der „Innovation Union 2020“ durch die Europäische Gemeinschaft die Verwertung von Forschungs- und Entwicklungsergebnissen für die europäischen Volkswirtschaften – mit dem Stichwort „impact“ bezeichnet – eine wesentlich stärkere Bedeutung gewonnen. Die PTB ist hier mit derzeit 64 Projekten im Bereich „European Metrology Research Programme“ (EMRP) und dem in der Antragsphase befindlichen Folgeprojekt „European Metrology Programme for Innovation and Research“ (EMPIR) prominent vertreten. In engen Berichtszeiträumen werden hier im Arbeitspaket „impact“ neueste Ergebnisse durch Fachmessen und in PTB-Publikationen veröffentlicht und dadurch die wirtschaftlichen Akteure gezielt angesprochen.

Die Technologieangebote werden in enger Abstimmung zwischen der jeweiligen Fachabteilung und der Arbeitsgruppe Technologietransfer entwickelt und dann gemeinsam mit der Pressestelle einem gezielt ausgesuchten, aber breiten Multiplikatorkreis zur Verfügung gestellt, etwa in Branchenzeitschriften oder auf Internet-Technologieplattformen. Bei den sich ergebenden neuen Kundenkontakten wird dann oft gemeinsam mit der Fachabteilung ein industrienahes Projekt unter Nutzung der Fördermöglichkeiten für kleine und mittlere Betriebe begonnen und im Anschluss eine Lizenz durch die PTB zu marktüblichen Konditionen vergeben.

Die PTB betrachtet dies als einen Beitrag zu dem ambitionierten Ziel „Europa zur innovativsten Volkswirtschaft weltweit“ zu entwickeln, wie in der „Innovation Union 2020“ vorgeschlagen.

Gesetzliches Messwesen

Neugestaltung des gesetzlichen Messwesens

2013 ist mit dem neuen Mess- und Eichgesetz die Neugestaltung des gesetzlichen Messwesens in Deutschland zum erfolgreichen Abschluss gebracht worden. Das Mess- und Eichgesetz weist zusammen mit dem Einheiten- und Zeitgesetz der PTB eine wichtige Rolle im Messwesen zu. Ziel ist es, auch weiterhin das bestehende Vertrauen in amtliche und geschäftliche Messungen sowie für Messungen im öffentlichen Interesse sicherzustellen.

Ab dem 1. Januar 2015 benötigen alle Messgeräte, die im Anwendungsbereich des Mess- und Eichgesetzes verwendet werden sollen, eine erfolgreich durchgeführte Konformitätsbewertung, um in den Verkehr gebracht werden zu dürfen. Im Allgemeinen prüft dabei eine Konformitätsbewertungsstelle, ob die wesentlichen Anforderungen, die an das Messgerät gestellt werden, erfüllt sind.

Nach dem Inverkehrbringen dürfen Messgeräte für die Dauer der Eichfrist verwendet werden. Um die Messgeräte für eine weitere Eichfrist verwenden zu können, müssen die Messgeräte am Ende der Eichfrist geeicht werden. Die Durchführung der Eichung obliegt den nach Landesrecht zuständigen Behörden.

Regeln und technische Spezifikationen für national geregelte Messgeräte sowie Regeln und Erkenntnisse über Verfahren der Konformitätsbewertung ermittelt der Regelermittlungsausschuss. Darüber hinaus ermittelt dieser Ausschuss auch Regeln und Erkenntnisse für die Verwendung von Messgeräten oder Messwerten. Dem Regelermittlungssauschuss gehören sachverständige Institutionen und Verbände an. Dazu gehören die PTB, die zuständigen Behörden der Länder, Konformitätsbewertungsstellen, anerkannte Prüfstellen, Wirtschaftsverbände und Verbraucherverbände. Den Vorsitz und die Geschäftsstelle des Regelermittlungsausschusses führt die PTB.

Einen wichtigen Beitrag zur einheitlichen Arbeitsweise von Konformitätsbewertungsstellen leistet zukünftig der Ausschuss für Konformitätsbewertungsstellen, dessen Leitung von der PTB gestellt wird und in dem Konformitätsbewertungsstellen mitwirken.

Für die Verwendung von neuen oder erneuerten Messgeräten wird künftig gefordert, dass diese Messgeräte spätestens sechs Wochen nach der Inbetriebnahme der nach dem Landesrecht zuständigen Behörde angezeigt werden.

Zu den gesetzlichen Aufgaben der PTB gemäß Mess- und Eichgesetz gehört auch, die für die Durchführung des Gesetzes zuständigen Landesbehörden zu beraten, wissenschaftliche Forschung auf diesem Gebiet zu betreiben und die Normung und Standardisierung auf diesem Gebiet zu unterstützen. Darüber hinaus stellt die PTB auch die metrologische Rückführung der Normalgeräte und Prüfungshilfsmittel der Konformitätsbewertungsstellen, der zuständigen Behörden sowie der staatlich anerkannten Prüfstellen sicher.

Die Überwachung der in Verkehr gebrachten Messgeräte (Marktüberwachung) obliegt den nach Landesrecht zuständigen Behörden. Dabei kontrollieren die Marktüberwachungsbehörden anhand angemessener Stichproben, ob Messgeräte die gesetzlichen Anforderungen erfüllen, und treffen die erforderlichen Maßnahmen, wenn sie den begründeten Verdacht haben, dass dies nicht der Fall ist. Im Rahmen der Verwendungsüberwachung überprüfen die zuständigen Behörden, ob Messgeräte und Messwerte die Anforderungen des Mess- und Eichgesetzes an deren Verwendung erfüllen.

Technische Zusammenarbeit

Quality for Africa

Die Technische Zusammenarbeit der PTB mit dem afrikanischen Kontinent beruht auf einem nunmehr 45-jährigen Erfahrungshintergrund. Zum einen wurde erkannt, dass die einseitige Förderung der Metrologie in Afrika wenig Sinn hat und nur ein konzertiertes Zusammenspiel aller Elemente der Qualitätsinfrastruktur im entwicklungspolitischen Sinne Erfolg verspricht. Zum anderen wurde aber auch deutlich, dass ein Kontinent, welcher 33 von 45 der am wenigsten entwickelten Länder (least developed countries) beheimatet, neue konzeptionelle Vorgehensweisen erforderlich macht, um eine effiziente Nutzung der äußerst beschränkten finanziellen und personellen Ressourcen zu gewährleisten. Diesen Gedanken Rechnung tragend, entwickelte die PTB sehr frühzeitig eine eigenständige, ganzheitliche pan-afrikanische Strategie für die Förderung der Qualitätsinfrastruktur. „Quality for Africa“ umfasst vier Handlungsfelder: regionale Maßnahmen, nationale Interventionen, strategische Allianzen und pan-afrikanische Institutionenförderung.


Internationale und pan-afrikanische Qualitätsinfrastruktur (PAQI)

Das Quality-for-Africa-Konzept ist ambitiös. Es berücksichtigt nicht nur die entwicklungspolitischen Vorgaben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, sondern auch jene der Afrikanischen Union. Bereits im Gründungsvertrag der „African Economic Community“ (Abuja Treaty, 1991) finden sich gezielte Hinweise zu einheitlichen Normen und Verfahren der Qualitätssicherung. In den Folgejahren entstanden unzählige weitere Dokumente, die zum Abbau der inner-afrikanischen Handelshemmnisse auffordern. Die Lage ist prekär: Der afrikanische Anteil am Welthandel liegt bei unter 3 %, und der innerafrikanische Handel macht nur 0,5 % des Gesamtwelthandels aus.

1984 begann die PTB mit der organisatorischen und institutionellen Beratung der African Organisation for Standards (ARSO). Zwanzig Jahre später war die Zeit reif für eine pan-afrikanische Metrologievereinigung. Nachdem auch die letzten Unklarheiten beseitigt waren und eindeutig geklärt werden konnte, dass Metrologen weder für das Wetter noch für den U-Bahnbau zuständig sind, wurde im März 2006 das Intra-Africa Metrology System (AFRIMETS) in Midrand, Südafrika, unter großer internationaler Beteiligung ins Leben gerufen. Sowohl vor als auch nach dieser Veranstaltung leistete die PTB wesentliche Beiträge zur Ausgestaltung von AFRIMETS. Durch die positiven Erfahrungen bestärkt, wurde mit einem dreijährigen Vorlauf die Gründung der African Accreditation Cooperation (AFRAC) in Angriff genommen, deren Gründungsfeier und erste Generalversammlung im September 2010 in Kairo, Ägypten, abgehalten wurde. Die letzte Säule der afrikanischen Institutionen der Qualitätsinfrastruktur bildet die im Februar 2008 gegründete African Electrotechnical Standardisation Commission (AFSEC), eine nachgeordnete Organisation der African Energy Commission (AFREC).


Die Präsidenten der vier pan-afrikanischen Organisationen für Qualitätsinfrastruktur bei der Unterzeichnung des Memorandum of Understanding am 30. August 2013 in Nairobi, Kenia.

Was jedoch noch fehlte, war eine „Anerkennung“ durch die African Union Commission (AUC). Ab 2011 moderierte die PTB mehrere „stakeholder meetings“, um ein gemeinsames Werben und Handeln zu erreichen. Hieraus entstand das Austauschforum für die pan-afrikanische Qualitätsinfrastruktur (PAQI). In einer Deklaration der Conference of African Ministers of Industry (Juni 2013) erkannten die Minister „the Pan African Quality Infrastructure (PAQI) as the continental platform for all matters related to standardization, metrology, accreditation and conformity assessment” an. Im August 2013 unterzeichneten die Vertreter von AFRAC, AFRIMETS, AFSEC und ARSO ein Memorandum of Understanding, welches PAQI als ein gemeinsames Forum ausweist, das die Möglichkeit bietet, im Bereich der Qualitätsinfrastruktur einen Beitrag zu den sozio-ökonomischen Zielen Afrikas zu leisten. Wichtigstes Organ von PAQI ist das Joint Committee, welches als Liaison Office zur AUC dient. Die Direktorin für Handel und Industrie der AUC übernahm nicht nur die offizielle Eröffnungsrede, sondern wohnte auch der ersten Sitzung des Joint Committee bei.

Deutschland ist der größte bilaterale Geber im Bereich der Qualitätsinfrastruktur in Afrika. Der größte Teil der technischen Beratung wird über die PTB abgewickelt. Mit den Maßnahmen zur Organisationsentwicklung hat die PTB nicht nur Mut und einen langen Atem bewiesen, sondern sich einen Namen als „honest broker“ der afrikanischen Idee gemacht. Der afrikanische Kontinent hat den Zugang zur Bühne der internationalen Qualitätsinfrastruktur gefunden. Das Netzwerk der Zusammenarbeit ist tragfähig. Quality for Africa ist noch nicht erreicht, aber der Grundstein ist erfolgreich gelegt.

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

„maßstäbe“ widmen sich Meilensteinen der Metrologie

Die markantesten Gipfel aus 125 Jahren metrologischer Forschung sind das Thema der diesjährigen „maßstäbe“- Ausgabe (Heft 12: „Meilensteine“). Das wissenschaftsjournalistische Magazin der PTB widmet sich damit zum ersten Mal nicht einem einzigen, sondern einer ganzen Reihe physikalischer Themen – eben jenen, die in der Geschichte der PTR und PTB ganz besonders leuchten.

Das erste der insgesamt sieben Kapitel („Das Körnige“) behandelt die Untersuchung an Schwarzen Körpern, die Max Planck zur bahnbrechenden Erkenntnis führte, dass Energie nur portionsweise auftritt. Sie markiert den Startpunkt der Quantenphysik. Bis heute nutzt die PTB Schwarze Körper für Präzisionsmessungen.

Eine ähnliche Kontinuität findet sich bei der Untersuchung der Supraleitung, der sich das nächste Kapitel („Das Kalte“), widmet. Hier führt ein direkter Weg vom Meißner-Ochsenfeld-Effekt bis zur heutigen Nutzung der Supraleitung – beispielsweise in den SQUIDs, bei deren Erforschung die PTB heute zur Weltspitze gehört. Und so lässt sich die Reihe fortsetzen: die Entwicklung des Geigerzählers, das Boltzmann- und das Avogadro-Projekt, optische Atomuhren, nanometergenaue Messungen oder die spannende Forschung rund ums Zählen einzelner Elektronen – all dies sind Beispiele für Erkenntnisse aus PTR und PTB, die dauerhafte Bedeutung erlangt haben. Dabei gehen die „maßstäbe“ nicht wie ein Geschichtsbuch vor, sondern setzen an der Gegenwart an: am heutigen Einsatz der Erkenntnisse in Physik und Technik. So entsteht ein lebendiges Bild einer jung gebliebenen, höchst vielseitigen Forschungseinrichtung.