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Auf große Fahrt!

PTB-Doktorandin geht auf Expedition – und damit startet ein neuer Forschungs-Blog der PTB

Presseinformation
06.04.2023

Sie kommt von der Waterkant und wird bald zwei Monate lang nichts als Wasser sehen: Rieke Schäfer, 26 Jahre jung, Doktorandin bei der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB), wird am 14. April ihr Arbeitsleben am Schreibtisch und im Labor mit dem schwankenden Boden eines großen Forschungsschiffes tauschen und rund 16 000 km quer über den Pazifik schippern. Mit an Bord werden etwa 40 andere Forschende sein, die zwei Monate lang unzählige brennende Fragen bearbeiten. Die Frage, die Rieke Schäfer am meisten interessiert, lautet: Wie stark ist der Ozean bereits versauert? Und wie kann man das noch genauer, noch verlässlicher messen? Die Frage hat damit zu tun, wie stark sich die Klimaerwärmung auf Meeresorganismen auswirkt – vor allem auf jene, die Kalkschalen haben oder Kalkriffe ausbilden. Was Rieke Schäfer bei ihrer Forschungsarbeit tagtäglich erlebt – seien es nun Stürme, Salzwasser und brennende Sonne oder Katastrophen und Highlights bei der täglichen Forschungsarbeit – darüber will die Doktorandin in einem neuen Forschungsblog der PTB berichten. Der Name: Expeditions-Blog.

Noch steht sie jeden Tag im PTB-Labor, aber das wird sich bald ändern: Rieke Schäfer mit der pH-Primärapparatur der PTB.

Sie hat etwas studiert, was man in der PTB, dem Reich der messenden Physik- und Ingenieur-Forschenden, erstmal nicht erwartet: Meereswissenschaften. „Naja, zuerst habe ich Bionik studiert, Schwerpunkt Sensoren und Messen, das klingt schon mehr nach PTB“, lacht die junge Wissenschaftlerin. Bionik ist jene Ingenieurskunst, die sich die Natur zum Vorbild nimmt. Dieses Vorbild waren für die Bremerhavenerin Rieke Schäfer passenderweise Fische, genauer: deren Seitenlinienorgane, mit denen sie etwa Wellenbewegungen erspüren können. Und so war der Weg zu den Meereswissenschaften nicht mehr weit. Für ihr Masterstudium wählte Rieke Schäfer einen ungewöhnlichen Ort: die Orkney-Inseln im hohen Norden Schottlands, wo es eine Außenstelle der Heriot-Watt-Universität Edinburgh gibt. „Und das auch noch in der Coronazeit – da waren wir schon ziemlich allein mit Wind und Wellen“, sagt sie. So betrachtet, ist sie schon ganz gut gewappnet für die nächste, härtere Dosis Wind und Wellen, die jetzt von April bis Juni folgt.

Als ihr Doktorvater Eric Achterberg vom GEOMAR Helmholtz Zentrum für Ozeanforschung in Kiel und Steffen Seitz, ihr Betreuer von der PTB, sie fragten, ob sie auf dem Forschungsschiff „Sonne“ mitfahren will, zögerte sie nicht lange und sagte zu. Und jetzt wird sie, nach der Reise, ein Kapitel mehr in ihre Doktorarbeit einbauen: Zusätzlich zur höchstgenauen Bestimmung des pH-Wertes, wie sie bei der PTB betrieben wird, wird es nun auch darum gehen, wie der pH-Wert in der Praxis gemessen wird, wie die Geräte kalibriert werden, was dies für Auswirkungen auf die Messunsicherheit hat und wie dies alles noch genauer werden kann.

Ihre Kolleginnen und Kollegen an Bord, die von verschiedenen deutschen Forschungszentren stammen, werden derweil ganz verschiedene Forschungsthemen bearbeiten: Die meisten werden sich der Messung von Spurenelementen, etwa von Schwermetallen, im Wasser widmen. Sie sind Teil des internationalen Forschungsprojektes GEOTRACES, das seit 2010 die biogeochemischen Kreisläufe von Spurenelementen und deren Isotopen im Meer erforscht. So haben sie zum Beispiel schon herausgefunden, dass der Kongo viel Eisen in den Ozean transportiert (mehr als etwa der Amazonas). Das ist gut für das Phytoplankton und damit auch für die Fischbestände im Atlantik, aber dieser Prozess ist durch den Klimawandel gefährdet. GEOTRACES-Forscher haben auch schon einiges über die (gesunkene) Bleibelastung der Ozeane herausgefunden.

Jede Fahrt auf einem teuren Forschungsschiff wird auch dazu genutzt, Standardmessungen vorzunehmen, die man über viele Jahre hinweg immer wieder braucht. Es geht darum, über den Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Ozeane herauszufinden, aber auch darum, die Meere ganz allgemein besser zu verstehen. Gemessen wird beispielsweise Temperatur, Salzgehalt und pH-Wert. Letzterer hat seit Beginn der Industrialisierung schon deutlich abgenommen. Der Grund ist der Anstieg des Treibhausgases CO2 in der Luft. Weil der CO2-Anteil in Luft und im Wasser sich immer im Gleichgewicht befinden, dringt also mehr CO2 ins Wasser ein, bildet Kohlensäure und macht das Wasser saurer. Säure aber schadet Korallen und anderen Meeresorganismen, die Kalkriffe bilden oder Kalk in ihren Körper einlagern (etwa Muscheln in ihren Schalen). Was also für uns Menschen erstmal gut klingt, dass nämlich CO2 aus der Luft verschwindet, schadet den Meerestieren, zusätzlich zu den Schäden aufgrund der steigenden Wassertemperatur.

Um dieses ganze System genauer kennenzulernen und womöglich effektiv gegensteuern zu können, muss der pH-Wert laufend und möglichst genau gemessen werden. Das also wird auch Rieke Schäfers Aufgabe zwischen April und Juni sein. Am 14. April wird das Forschungsschiff „Sonne“ in Guayaquil (Ecuador) ablegen, wird dann viele tausend Kilometer den Äquator entlang gen Westen steuern, schließlich nach Süden abdrehen und am 2. Juni in der australischen Hafenstadt Townsville anlegen. Die PTB und alle, die mögen, werden sie dabei mithilfe des Expeditions-Blogs begleiten.
es/ptb

 

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