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Flugpersonals Strahlenkonten

15.03.2000

Überwachung der Strahlenbelastung an exponierten Arbeitsplätzen

Wer von Frankfurt nach Fairbanks, Alaska, fliegt, bekommt mehr ab, als derjenige, der nach Johannesburg, Südafrika, unterwegs ist. Die natürliche kosmische Strahlung, die auf die Erde prasselt, fällt je nach Flugroute, Flughöhe und Flugdauer unterschiedlich aus. In einem europäischen Projekt hat die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) neue Messmethoden untersucht und verlässliche Daten über die Strahlenbelastung in Flughöhen ermittelt. Die Fluggesellschaften können in Zukunft mit diesen Daten und Computerberechnungen die Belastung ihres fliegenden Personals vorhersagen und durch geeignete Strecken- und Einsatzpläne minimieren. Die PTB stellt einige ihrer Strahlenmessgeräte ‑ nicht nur für die Messungen in Flughöhen, sondern auch für Bodenmessungen ‑ auf der Hannover Messe vor.

Strahlung ist allgegenwärtig. Sie dringt aus dem Boden, trifft uns aus dem Kosmos, kommt aus Baumaterialien unserer Häuser oder hilft in der Medizin bei Diagnose und Therapie. Insgesamt nimmt jeder Bundesbürger im Schnitt eine jährliche Dosis von 4 Millisievert (mSv) auf, wobei medizinische Anwendungen, etwa Röntgen, Computertomographie oder Jodbehandlungen, rund ein Drittel dieser Summe ausmachen. Für den Einzelnen kann dieser Jahreswert jedoch ganz anders aussehen: Die Strahlenbelastung an exponierten Arbeitsplätzen, etwa in der Strahlenmedizin oder in kerntechnischen Anlagen, im Bergbau oder eben bei Flugpersonal, kann ebenfalls einige Millisievert erreichen und muss der jährlichen Grundbelastung hinzuaddiert werden. Eine neue europäische Strahlengesetzgebung stellt alle derartigen Arbeitsplätze unter besondere Beobachtung, wenn bei ihnen der Grenzwert von 1 mSv pro Jahr überschritten wird.

Experten der PTB haben nun, gemeinsam mit Kollegen des österreichischen Forschungszentrum Seibersdorf (in der Nähe von Wien) und der Deutschen Lufthansa, auf zahlreichen Interkontinentalflügen während insgesamt rund 200 Flugstunden die herrschenden Strahlenbelastungen in Abhängigkeit von der Flughöhe und der geografischen Lage mit speziell entwmickelten Detektoren präzise vermessen. Die Messungen zeigen den genauen Verlauf, mit dem die Dosisleistung vom Äquator zu den Polen sowie mit der Flughöhe ansteigt. Aus den Messergebnissen folgt: Piloten und Stewardessen, die mehrere hundert Stunden pro Jahr im Flugzeug verbringen, nehmen dabei leicht eine Dosis von mehr als 1 mSv pro Jahr zusätzlich auf. Computerprogramme, getestet u.a. mit den Messdaten der PTB, können nun für jede beliebige Flugstrecke die Strahlendosis mit einer Unsicherheit von lediglich 10 bis 15 Prozent vorhersagen. Den Fluggesellschaften ist damit das Werkzeug an die Hand gegeben, Strahlenschutz-Vorsorge für ihr Personal zu treffen: Sie können „Strahlenkonten“ für jeden Einzelnen führen und gegebenenfalls die Flugeinsatzpläne besonders belasteter Mitarbeiter daraufhin korrigieren.

Weitere Informationen:
Auf der Hannover-Messe (20.-25.3.2000)
Stand der PTB (Halle 18, Stand B 020, Telefon auf der Messe: (0511) 89-43804)

Dr. Ulrich Schrewe, Telefon: (0531) 592-7311, E-Mail: ulrich.schrewe(at)ptb.de
Projekt „Dosimetrie der kosmischen Strahlung“