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Mit Ziel und Satzung in die Nanowelt

03.11.1998

Kompetenzzentrum zur Nanotechnologie als Verein gegründet / PTB Braunschweig als Sitz der Geschäftsführung

Die technologische Zukunft findet im Kleinen statt, im sehr Kleinen. Dies haben nicht nur Forschung und Wirtschaft erkannt, sondern auch die Politik, die den konzertierten Aufbruch in die Nanowelt fördert. Mehrere sogenannte „Kompetenzzentren“, über die nächsten fünf Jahre mit 550 Mio. DM gefördert, sollen das bundesweit verteilte Wissen und Können zur Nanotechnologie bündeln und die Entwicklungszeit von der Idee zum Produkt verkürzen helfen. Eines dieser Kompetenzzentren - zu dem Thema „Ultrapräzise Oberflächenbearbeitung“ - hat sich an diesem Montag als eingetragener Verein gegründet, dem voraussichtlich rund 50 Institutionen aus Wirtschaft und Forschung angehören werden: Beteiligt sind Großkonzerne ebenso wie kleine und mittlere Unternehmen sowie Hochschulinstitute und außeruniversitäre Forschungszentren. Als Sitz der Geschäftsführung und des Sekretariats dieses Vereins laufen bei der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig alle Fäden zusammen.

Da die Nanotechnologie gemeinhin zu den Schlüsseltechnologien für das nächste Jahrtausend gerechnet wird, sieht der jetzt gegründete Verein seine Arbeit in einen gesamtgesellschaftlichen Kontext eingebettet: Gerade der wechselseitige Informationsaustausch zwischen allen Mitgliedern soll „zur Entwicklung neuer Technologien und zur Verwertung technologischer Innovationen beitragen“, wie es in der Vereinssatzung heißt. Die dafür nötige enge Kopplung zwischen Institutionen aus Wissenschaft und Wirtschaft zeigt sich bereits im jetzt gewällten Vereinsvorstand, dem folgende fünf Mitglieder angehören:

  • Prof. Dr. Horst Kunzmann, Physikalisch-Technische Bundesanstalt, Braunschweig
  • Dr. Klaus-Friedrich Beckstette, Carl-Zeiss, Oberkochen
  • Prof. Brieder Bigl, Institut für Oberflächenmodifizierung e.V., Leipzig
  • Dr. Hans Lauth, Jenoptik L.O.S. GmbH, Jena
  • Gunter Scheider, Schneider GmbH, Steffenberg.

Welche Rolle die Nanotechnik im allgemeinen und die höchst präzise Bearbeitung von Oberflächen im besonderen spielen, zeigt allein schon der Blick in die Labors der Halbleiterindustrie: Mit jeder neuen Chipgeneration gelingt es den Technikern, die Elemente der elektronischen Schaltkreise weiter zu verkleinern und immer dichter auf die fingernagelgroßen Chipflächen zu packen. So kann, wer heute einen Computer neuester Technologie auf seinem Schreibtisch stehen hat, bereits eine Rechnerleistung nutzen, die in Strukturen von 350 Nanometer (ein Nanometer ist ein millionstel Millimeter) auf dem Mikroprozessor steckt. Und die Entwicklungsziele reichen weiter: Die „magische Grenze“ von 100 Nanometern ist in Fachkreisen längst angepeilt.

Doch bevor dieser Nanokosmos technologischer Alltag wird, sind einige Hürden zu nehmen. So versagt in diesen Dimensionen die bisherige Technik der Photolithographie, mit der die Schaltkreismuster auf den Silizium-Chip geschrieben werden. Denn solch kleine Abmessungen können die derzeitigen Linsensysteme nur leicht verschwommen abbilden. Die Anforderungen an die projizierende Optik steigen: Die Oberflächen der eingesetzten Spiegel- und Linsensysteme müssen in noch nicht erreichter Qualität geformt und geglättet sein ‑ die Vorgabe lautet „ultrapräzis“.

Ultrapräzis bearbeitete Oberflächen sind jedoch nicht nur für die Halbleitertechnologie eine fundamentale Voraussetzung. Auch in der optischen Telekommunikation und in der Weltraumtechnik wird von den Oberflächen in Zukunft erwartet, nanometergenau bearbeitet zu sein. Welche konkreten Projekte das nun gegründete Kompetenzzentrum aufgreifen wird, entscheidet sich in den kommenden Monaten, wenn die beteiligten Partner ihre Vorstellungen skizziert und zur Begutachtung bei einem vom Bundesforschungsministerium (BMBF) einberufenen, unabhängigen Gutachtergremium eingereicht haben. Der Zeitplan sieht vor, daß die dann ausgewällten „Nano-Verbundprojekte“ im April kommenden Jahres ihre Arbeit aufnehmen. Da die wirtschaftliche Umsetzung der Ergebnisse das allgemeine Ziel dieser Projekte ist, soll die Industrie direkt beteiligt sein und sollen reine Forscherverbünde die Ausnahme bleiben.