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Das Urmeter für chemische Analysen

11.12.1998

Wissenschaft kennt keine Grenzen. Zwar gilt dies prinzipiell auch für den wissenschaftlichen Erfahrungsaustausch in der analytischen Chemie. Aber die konkreten Analysenergebnisse – speziell in sicherheitsrelevanten Bereichen wie dem Gesundheitsschutz, dem Umweltschutz oder dem Verbraucherschutz – werden nicht in jedem Fall international anerkannt. Erhebliche Handelshemmnisse sind die Folge. Diesem Mißstand wollen die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) und die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) gemeinsam begegnen und haben zu diesem Zweck am 11. Dezember 1998 eine Kooperationsvereinbarung zur Metrologie in der analytischen Chemie unterzeichnet.

Ein konkretes Handelshemmnis bei Automobilen ist mit der Abgasuntersuchung aufgebaut. So können deutsche Automobilhersteller ihre Fahrzeuge nur dann in die USA exportieren, wenn diese die dort gültigen Abgasnormen erfüllen und die vorgelegten Abgaswerte für die USA „glaubhaft“ sind. In diesem „glaubhaft“ liegt das Problem. Obwohl Abgasuntersuchungen weltweit mit denselben Verfahren und mit gleichartigen Analysengeräten durchgeführt werden, erkennen die USA die so erzielten Ergebnisse nur unter einer Voraussetzung an: Die zur Kalibrierung der Analysengeräte benutzten Prüfgase müssen „treceable to NIST“ sein, also von Referenzmaterialien des National Institute of Science and Technology (NIST) abstammen. Diese Referenzmaterialien spielen in den USA die Rolle eines „Urmeters“. Zwar hält die BAM vergleichbare Referenzmaterialien vor, die in Deutschland als „Urmeter“ für Abgasanalysen verwendet werden. Allein, für den Export in die USA fehlt die entsprechende Anerkennung. Die Automobilindustrie benötigt daher bis heute eine zweite „Familie von Prüfgasen“ amerikanischer Abstammung.

Trotz fortschreitender Globalisierung ist dies kein Einzelfall. Die Probleme betreffen nicht nur chemisch-analytische Meßergebnisse, sondern ebenso Meßergebnisse physikalischer Größen. Um dem abzuhelfen wurde 1997 im Rahmen der Meterkonvention eine weltweite Initiative zur gegenseitigen Anerkennung nationaler Kalibriermittel ins Leben gerufen.

Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) und die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) wollen diese Initiative nutzen, um die internationale Anerkennung von Analysenergebnissen zu erzielen und die Interessen der deutschen Wirtschaft wirkungsvoll zu vertreten. Dazu werden die beiden Bundesanstalten ihre Kompetenzen als nationales meßtechnisches Institut (PTB) und als nationales chemisch-technisches Institut (BAM) bündeln und gemeinsam ein System nationaler Normale als „Urmeter“ für chemische Analysen aufbauen. Diese Normale sind dann in einem zweiten Schritt mit den entsprechenden Normalen anderer Staaten zu vergleichen. Ein erfolgreicher Vergleich sollte dann zu einem Abbau von Handelshemmnissen führen ‑ und dies nicht nur beim transatlantischen Warenaustausch mit den USA, sondern auch zwischen den europäischen und anderen internationalen Märkten.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Adolf Zschunke Leiter der Abteilung I
Analytische Chemie; Referenzmaterialien Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) Telefon: (0 30) 63 92-58 00

Dir. u. Prof. Dr. Wolfgang Hemminger Leiter der Abteilung 3
Thermodynamik und Explosionsschutz
Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB)
Telefon: (05 31) 592-30 10