Forschung bis in die Tiefe (28. Mai 2023)
Momentane Position der "Sonne" (Raute). Die Kreise sind die Positionen der vorherigen Blogeinträge, die schwarze Linie zeigt die grobe Strecke an, die wir gefahren sind (Kartendaten von
ggplot2).
Ich hatte ja schon einige Male CTDs und Stationen erwähnt und heute soll es jetzt darum gehen, was es denn damit auf sich hat und in welchem Rahmen diese Fahrt stattfindet.
Das übergeordnete Projekt, in dem die Fahrt stattfindet, heißt GEOTRACES. Dabei geht es um Spurenmetalle und ihre Isotope in marinen Stoffkreisläufen. Da viele Spurenmetalle das marine Leben entweder positiv oder negativ beeinflussen und sie auch genutzt werden, um Stoffkreisläufe und frühere Klimaveränderungen zu verstehen, sind sie wichtig, um unser Wissen über den Ozean zu vergrößern (
hier eine – nicht ganz aktuelle – Übersicht zu Spurenmetallen im Ozean auf Englisch). Es gibt immer noch viele offene Fragen, die GEOTRACES versucht zu klären.
GEOTRACES-Fahrten im zentralen Pazifik. Wir fahren gerade GP11. (Karte von https://www.bodc.ac.uk/geotraces/cruises/section_maps/interactive_map/)
Wir fahren GP11, entlang des Äquators über den Pazifik. Wie man auf der Karte sieht, gibt es Schnittpunkte mit anderen Fahrten. Dies ist wichtig, um die Daten vergleichen zu können.
Als Abkürzung heißt unsere Fahrt SO298. SO für die "Sonne", und die Zahl wird einfach mit jeder Fahrt hochgezählt. Schon vor der Fahrt wurde von einigen ein Logo entworfen und auf Sticker gedruckt.
Sticker mit dem Logo der Fahrt für alle (Foto: Rieke Schäfer)
Im Rahmen von GEOTRACES liegt der Fokus dieser Fahrt besonders auf Spurenmetallen. Es geht darum, die Verteilung, Quellen und Senken von ihnen und ihren Isotopen besser zu verstehen. Dieser Bereich des Pazifiks ist bisher nur wenig untersucht und deshalb sind auch grundlegende Messungen sehr wichtig. Wir machen zusätzlich chemische (meine pH-Messungen zum Beispiel) und biologische Untersuchungen, die das Bild vervollständigen.
Für all das werden Wasserproben benötigt. Und da wir nicht nur die Oberfläche des Ozeans untersuchen wollen, sondern auch die Tiefen, werden Wasserproben auch aus tieferen Wasserschichten genommen. Für diese tiefen Wasserproben werden die CTDs benutzt.
CTDs
CTD steht für Conductivity (Leitfähigkeit, wird umgerechnet zu Salinität), Temperatur und Depth (Tiefe, wird aus dem Druck berechnet). Oft wird aber nicht nur der eigentliche CTD-Teil, sondern das ganze Gerät mit allem als CTD bezeichnet. Der CTD-Teil ist verhältnismäßig klein. Den Großteil macht die Rosette aus Niskin-Flaschen aus. Das sind große Flaschen, die oben und unten eine Öffnung haben. Mit ihnen werden die Wasserproben aus den verschiedenen Wassertiefen genommen. Beim Herunterlassen der CTD sind sie offen und werden dann beim Rauffahren in verschiedenen Tiefen geschlossen.
Die Vorbereitungen laufen noch. Die CTD kurz vor der Station, allerdings müssen die Deckel der Flaschen noch gespannt werden. (Foto: Rieke Schäfer)
Zusätzlich befindet sich noch eine Reihe weiterer Sensoren an der CTD. Es wird zum Beispiel der Sauerstoffgehalt und Nitrat gemessen. Und bei einigen Stationen werden Bilder vom Plankton gemacht. (Noch etwas mehr Details dazu im GEOMAR-Blog – für Deutsch nach unten scrollen.)
Wir haben zwei CTDs an Bord. Eine „normale“ aus rostfreiem Stahl, die für alle Proben genutzt wird, die nicht dadurch verunreinigt werden. Und eine zweite CTD, die aus Titan ist. Dadurch ist sie, soweit möglich, frei von Spurenmetallen, und die Proben von ihr werden im Reinraum abgefüllt und dann für Untersuchungen zu Spurenmetallen genutzt.
Beide CTDs werden übrigens wirklich bis zum Meeresboden abgesenkt, auch wenn das über 4000 m Tiefe sind. Bei einer Geschwindigkeit von ungefähr 1 m/s beim Raufholen dauert es insgesamt ein paar Stunden. Während die CTDs im Wasser sind, liegt die "Sonne" auf einer Stelle bzw. treibt nur. Sie kann sich auf einer Stelle halten, das verbraucht dann allerdings mehr Treibstoff. Die genaue Position der Stationen wurde übrigens im Vorhinein von Eric als Fahrtleiter geplant und wird jetzt während der Fahrt an die Gegebenheiten angepasst. Wir bekommen immer einen Plan für die Orte und (viel wichtiger) Zeiten der nächsten vier oder fünf Stationen.
Relativ nah an der Wasseroberfläche ist die Strömung sehr stark und man sieht deutlich, wie die CTD im Verhältnis zum Schiff abdriftet. In den größeren Tiefen nimmt die Strömung ab und das Kabel verläuft senkrecht. (Foto: Rieke Schäfer)
Kommt die CTD dann wieder nach oben, wird sie als erstes festgezurrt, abgespült und Kabelverbindungen mit Druckluft getrocknet. Danach geht es los mit dem Probennehmen. Wie erwähnt, passiert das für die Titan-CTD im Reinraum. Dafür werden die Niskin-Flaschen abgenommen und dorthin gebracht. Bei der anderen CTD ist so ein Geschleppe nicht notwendig, da können die Proben direkt im Hangar genommen werden. Das Ganze dauert auch eine Weile, es gibt eine genaue Reihenfolge, wer wann seine Probe nehmen darf. Einige Untersuchungen sind nämlich empfindlicher, was Verunreinigung durch Kontakt mit Luft angeht (Sauerstoff zum Beispiel), während es bei anderen nicht eine so große Rolle spielt. Damit der Kontakt mit Luft für die empfindlichen Untersuchungen möglichst gering bleibt, darf für diese als erstes Wasser entnommen werden. Und damit für alle genug Wasser da ist, wird vorher auch genau geplant, wer wie viel Wasser bekommt.
Aufgetaucht aus den Tiefen des Ozeans (Foto: Rieke Schäfer)
Damit jeder hinterher weiß, aus welcher Tiefe welches Wasser stammt, haben die Niskin-Flaschen Nummern und bekommen für jede Station noch einen eigenen Code, der dann für alle gleich ist. Damit lassen sich später Ergebnisse besser zuordnen. Vor jeder Station werden für alle Sticker mit dem Code vorbereitet, sodass es möglichst wenig Durcheinander gibt.
Soweit möglich, werden Messungen direkt hier an Bord gemacht. Nährstoffe zum Beispiel können direkt gemessen werden. Die Proben, die sich nicht hier untersuchen lassen, werden soweit wie möglich vorbereitet und fixiert, um sie dann später an Land zu untersuchen. Je nach Untersuchung kann es ein Jahr dauern, bis dann Ergebnisse vorhanden sind.
Kommunikation an Bord
Bei so vielen verschiedenen Themen ist es natürlich wichtig, sich abzusprechen und wichtige Infos weiterzugeben. Der Plan für die Zeiten der nächsten Stationen hängt immer an ein paar zentralen Orten im Schiff. Außerdem können wir im Intranet sehen, wie lange wir noch bis zum nächsten Wegpunkt, was meistens eine Station ist, fahren werden.
Jeden Dienstag und Freitag haben wir ein kurzes „Science meeting“, wo jemand einen kurzen Vortrag zu Ergebnissen früherer Fahrten oder Experimente hält und es ein kurzes Update von Eric gibt, was an wichtigen Sachen ansteht. Zu hören, was die anderen mit ihren Messungen machen, ist immer sehr spannend.
Für die Messungen in der Ausschließlichen Wirtschaftszone anderer Staaten (200 Seemeilen) braucht man eine Forschungsgenehmigung, die ggf. mit Auflagen (z.B. bestimmte Säuberungsprozeduren der Instrumente) verbunden ist. Ich finde es erstaunlich, dass die Genehmigungen zum Teil erst jetzt während der Fahrt ausgestellt werden, also sehr kurzfristig, bevor wir in die Gebiete kommen. Die Details dazu und wie der Stand momentan ist, erfahren wir dann auch bei den Science meetings.
Ansonsten ist es oft erstaunlich schwierig Leute zu finden. Das Schiff ist ja gar nicht soo groß, aber trotzdem suche ich irgendwie immer wieder, mehr oder weniger erfolgreich …
Hier bloggt PTB-Doktorandin Rieke Schäfer von ihrer Reise mit dem Forschungsschiff "Sonne", unterwegs westlich von Südamerika auf dem Pazifik.