Inhalt
Einleitung
Immunassays sind biochemische Tests, in denen die hohe Spezifität von Antikörper–Antigen–Bindungen ausgenutzt wird, um auch sehr kleine Stoffmengen messen zu können. Immunassays werden vielseitig angewendet, z.B. um Infektionen, Hormone oder Drogen nachzuweisen.
Im Fokus dieser Arbeit steht ein enzymgekoppelter Immunadsorptionstest, der Sandwich-ELISA genannt wird. Dieser ermöglicht den Nachweis von Antigenen, indem diese zwischen zwei Antikörpern gebunden werden. Ein Antikörper wird dabei mit einem Enzym gekennzeichnet, um ein nachweisbares Signal (wie z.B. Fluoreszenz, siehe Abbildung 1) zu generieren.
Während ein bekanntes Beispiel der häusliche Schwangerschaftstest ist, sind wir daran interessiert, mithilfe eines Fluoreszenz Sandwich-ELISA die Konzentration des menschlichen Interferon IFN alfa-2b zu bestimmen (ein Protein, welches bei der angeborenen Immunabwehr gegen Virusinfektionen involviert ist). Wir entwickeln eine Methode zur Schätzung von Konzentrationen und dazugehörigen Unsicherheiten. Diese Methode ist allgemein anwendbar oder anpassbar, unabhängig vom spezifischen ELISA.
Ziel der Studie
Bei Fluoreszenz Sandwich-ELISAs wird die Konzentration einer Lösung aus einer Reihe von Fluoreszenzmessungen geschätzt, die durch wiederholtes verdünnen und chemische Behandlung der Originallösung generiert werden. Um die Beziehung zwischen Konzentration und Fluoreszenzmessung besser bestimmen zu können, wird für jede ELISA-Platte ebenfalls eine Kalibration durchgeführt. D.h. dieselben Protokollschritte werden mit einer Lösung bekannter Konzentration durchgeführt. Dies ist in Abbildung 2 illustriert.
Typischerweise umfassen ELISAs eine Vielzahl von z.T. fehleranfälligen Reaktionsschritten. Eine aktuelle Publikation [Noble et al., 2008] hebt dazu die Variabilität von ELISA-Konzentrationsschätzungen im Rahmen einer internationalen Vergleichsstudie hervor. Einige Labore schätzen durchschnittliche Konzentrationen die doppelt so hoch sind, wie die anderer Labore. Die oben genannte Publikation nimmt jedoch wenig Bezug auf Unsicherheiten einzelner ELISA-Schätzwerte.
Wir reanalysieren die Daten, um die Unsicherheiten einzelner Laborschätzwerte zu quantifizieren. Dies ermöglicht dann die Beurteilung der Konsistenz von Konzentrationsschätzungen verschiedener Labore untereinander und miteinander, und wird diesbezügliche Ringvergleiche in der Metrologie unterstützen [BIPM, 1999].
Model Set-Up
Angenommen, alle Paare aus Fluoreszenzintensitäten und Konzentrationen ($\boldsymbol{Y}$, $\boldsymbol{X}$) folgen einem heteroskedastischen nichtlinearen Gaußschen Modell
\begin{equation} Y_i=f(X_i,\boldsymbol{\beta})+\varepsilon_i \quad \text{mit} \quad f(X_i,\boldsymbol{\beta}) = \beta_1+\frac{\beta_2-\beta_1}{1+\left(\frac{X_i}{\beta_3}\right)^{\beta_4}} \end{equation}
Dabei sei $f$ die sigmoide Funktion, die in Abbildung 3 dargestellt ist, und $\varepsilon_i \sim \text{N}(0, a x_i+ c)$ sei das Fehlermodell.
Um die unbekannte Konzentration $\boldsymbol{\widetilde{X}}$ zu schätzen, wenden wir Bayes’ Theorem zweimal an.
Für die Kalibration:
$$ \color{blue}{P(\boldsymbol{\beta},a,c|\boldsymbol{Y},\boldsymbol{X})} \color{black} {\propto P(\boldsymbol{Y}|\boldsymbol{X},\boldsymbol{\beta},a,c)P(\boldsymbol{\beta},a,c)} $$
Für die Schätzung:
$$ P(\boldsymbol{\widetilde{X}},\boldsymbol{\beta},a,c|\boldsymbol{Y^{m}},\boldsymbol{Y},\boldsymbol{X}) \propto P(\boldsymbol{Y^{m}}|\boldsymbol{\beta},a,c,\boldsymbol{\widetilde{X}}) P(\widetilde{X}) \color{blue}{P(\boldsymbol{\beta},a,c|\boldsymbol{Y},\boldsymbol{X})} $$
Um den Bayesschen Ansatz anzuwenden, muss a priori das Wissen zu allen unbekannten Größen quantifiziert werden. Wir verwenden nichtnegative Gleichverteilungen als Prior für alle Parameter $a, c, \boldsymbol{\beta}, \boldsymbol{X}$, außer für die obere Asymptote $\beta_{1}$. Kontrollproben (aus Fluorescein), die auf jeder ELISA-Platte durchgeführt werden, liefern Informationen über die maximale Intensität (das maximale $\beta_{1}$), die ungefähr das hundertfache der Intensität der Kontrollkavitäten beträgt. Wir spezifizieren deshalb eine Gleichverteilung als Prior für $\beta_{1}$, wobei die obere Schranke durch die Intensitätsmessungen der Kontrollkavitäten begrenzt ist. Ein Beispiel dieses Prior ist in Abbildung 4 dargestellt.
Ergebnisse
Kalibrationsschritt
Der oben beschriebene Ansatz bestehend aus Bayesscher Kalibration und Bayesscher Konzentrationsschätzung wird zurzeit auf sämtliche Daten der oben erwähnten internationalen Vergleichsstudie angewandt. Erste Ergebnisse lassen auf deutlich größere Unsicherheiten schließen, als sie für ELISA-Tests bisher (in Noble et al., 2008) angegeben wurden.
Konzentrationsschätzung
Der oben beschriebene Ansatz bestehend aus Bayesscher Kalibration und Bayesscher Konzentrationsschätzung wird zurzeit auf sämtliche Daten der oben erwähnten internationalen Vergleichsstudie angewandt. Erste Ergebnisse lassen auf deutlich größere Unsicherheiten schließen, als sie für ELISA-Tests bisher (in Noble et al., 2008) angegeben wurden.
Vorteile
Bayessche Statistik bietet verschiedene Vorteile für ELISA Konzentrationsschätzungen. Sie:
- erbringt vertrauenswürdige Unsicherheitsintervalle.
- erlaubt die kohärente Kalibration und Konzentrationsschätzung für ELISA-Messungen.
- ermöglicht die unabhängige Analyse jedes Datensatzes.
- ergibt konsistente Konzentrationsschätzungen für die PTB-Messungen.
Gegenüber traditionellen frequentistischen Ansätzen sowie metrologischen Standards, bietet Bayessche Statistik die Möglichkeit a priori Wissen einzubinden und führt trotz der nichtlinearen Kalibrationskurve und unbekannten Parametern im Fehlermodell zu adequaten Unsicherheiten.
Kooperation
- Arbeitsgruppe 8.31 (Gewebeoptik und molekulare Bildgebung)
Publikationen
Publikations Einzelansicht
Artikel
Titel: | Informative prior distributions for ELISA analyses |
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Autor(en): | K. Klauenberg, M. Walzel, B. Ebert and C. Elster |
Journal: | Biostatistics |
Jahr: | 2015 |
Band: | 16 |
Ausgabe: | 3 |
Seite(n): | 454--64 |
DOI: | 10.1093/biostatistics/kxu057 |
ISSN: | 1468-4357 |
Web URL: | http://biostatistics.oxfordjournals.org/content/16/3/454 |
Marker: | Regression, 8.42, ELISA |
Zusammenfassung: | Immunoassays are capable of measuring very small concentrations of substances in solutions and have an immense range of application. Enzyme-linked immunosorbent assay (ELISA) tests in particular can detect the presence of an infection, of drugs, or hormones (as in the home pregnancy test). Inference of an unknown concentration via ELISA usually involves a non-linear heteroscedastic regression and subsequent prediction, which can be carried out in a Bayesian framework. For such a Bayesian inference, we are developing informative prior distributions based on extensive historical ELISA tests as well as theoretical considerations. One consideration regards the quality of the immunoassay leading to two practical requirements for the applicability of the priors. Simulations show that the additional prior information can lead to inferences which are robust to reasonable perturbations of the model and changes in the design of the data. On real data, the applicability is demonstrated across different laboratories, for different analytes and laboratory equipment as well as for previous and current ELISAs with sigmoid regression function. Consistency checks on real data (similar to cross-validation) underpin the adequacy of the suggested priors. Altogether, the new priors may improve concentration estimation for ELISAs that fulfill certain design conditions, by extending the range of the analyses, decreasing the uncertainty, or giving more robust estimates. Future use of these priors is straightforward because explicit, closed-form expressions are provided. This work encourages development and application of informative, yet general, prior distributions for other types of immunoassays. |