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Rekonstruktion von Molekülorbitalen in drei Dimensionen

02.12.2015

Abb. 1: Elektronenorbitale eines PTCDA-Moleküls (links) und dreidimensionale Impulsverteilung der Elektronen nach Photoemission (rechts). Unter der Annahme freier Photoelektronen besteht der Zusammenhang im Wesentlichen aus einer Fouriertransformation (FT).

An der Metrology Light Source (MLS) der PTB in Berlin-Adlershof ist es erstmals gelungen, die dreidimensionale Verteilung von Elektronen in Molekülen durch Elektronenspektroskopie sichtbar zu machen. Dazu wurden auf einer Metalloberfläche angeordnete Moleküle mit kurzwelligem Licht bestrahlt und die Winkel- und Energieverteilung der über den photoelektrischen Effekt herausgelösten Elektronen gemessen. Das als Orbitaltomographie bezeichnete Verfahren wurde an der TU Graz und dem Forschungszentrum Jülich entwickelt und in Kooperation mit der PTB erstmals erfolgreich auf drei Dimensionen erweitert. Die Ergebnisse konnten insbesondere durch eine genaue radiometrische Charakterisierung der anregenden Strahlung erzielt und im Oktober 2015 in der Fachzeitschrift Opens external link in new windowNature Communications veröffentlicht werden.

Die Messungen wurden mit einem elektrostatischen Toroid-Elektronenspektrometer und monochromatisierter Undulatorstrahlung im Photonenenergiebereich von 14 eV bis 55 eV durchgeführt. An dem genutzten MLS-Strahlrohr sind die relativen Anteile von spektralem Falschlicht auf unter 1 % unterdrückt, so dass sich mit Hilfe kalibrierter Halbleiter-Photodioden der Photonenfluss der anregenden Strahlung mit relativen Unsicherheiten im Prozentbereich bestimmen ließ. Dies ermöglichte erstmals die genaue Normierung von Datensätzen bei unterschiedlichen Photonenenergien und -flüssen. So konnten nicht nur wie bisher die relativen Photoelektronenintensitäten als Funktion der Richtung des Elektronenimpulses zweidimensional über die Winkelverteilung gemessen werden, sondern auch in Erweiterung auf die dritte Dimension als Funktion des Impulsbetrages durch Variation der Photonenenergie und damit der Elektronenenergie. Aus der ermittelten dreidimensionalen Impulsverteilung der Photoelektronen ließ sich anschließend die dreidimensionale Ortsverteilung der Elektronen des ursprünglichen Molekülorbitals direkt und ohne Modellierung numerisch bestimmen.

Die durch die Einbindung metrologischer Verfahren gewonnenen grundlegenden Erkenntnisse über die Ladungsverteilung und Ausrichtung einzelner Moleküle ist von hoher Relevanz für die Entwicklung funktionaler Oberflächen, z. B. organischer Halbleitermaterialien auf metallischen Oberflächen, welche die Perspektive für photovoltaische Bauelemente mit gesteigerter Effizienz eröffnen. Umgekehrt stellt die Orbitaltomographie einen sehr interessanten metrologischen Ansatz der quantitativen Elektronenspektroskopie dar, da sich bei dieser Methode verlässliche Unsicherheitsbudgets aufstellen lassen. Dies ist mit den etablierten indirekten Methoden nur eingeschränkt möglich, da sich die dafür benötigten theoretischen Vielteilchenmodelle nur sehr schwer validieren lassen.

Für die Zukunft ist eine Fortsetzung der Kooperation geplant, um die Orbitaltomographie für die quantitative Charakterisierung elektronischer Eigenschaften von organischen Halbleitern und Solarzellen weiterzuentwickeln.

Ansprechpartner:

A. Gottwald, 7.13, E-Mail: Opens window for sending emailAlexander.Gottwald(at)ptb.de
M. Richter, 7.1, E-Mail: Opens window for sending emailMathias.Richter(at)ptb.de