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Neues Bewertungstool für die Wechselwirkung von Drehfunkfeuern und Windenergieanlagen entwickelt

06.12.2019

In der PTB ist es weltweit erstmals gelungen messtechnisch aufzuzeigen, wie, in welchem Maße und unter welchen Bedingungen Windenergieanlagen Einfluss auf die Signalintegrität von Flug-Navigationsanlagen haben. Diese Erkenntnisse machen ein Prognosewerkzeug möglich, das bei hunderten im „Genehmigungsstau“ steckenden Bauanträgen für eine schnellere Entscheidung sorgen könnte.

 

 

Rund 60 Navigationsanlagen (sogenannte Drehfunkfeuer) betreibt die Deutsche Flugsicherung am Boden. Vergleichbar mit Leuchttürmen weisen sie Flugzeugen den Weg und sorgen so für Sicherheit im Luftraum. Windenergieanlagen können das von Navigationsanlagen ausgehende UKW-Funksignal streuen und reflektieren und somit einen Winkelfehler erzeugen. Durch ihn kommt das Signal der Navigationsanlage leicht verfälscht im Flugzeug an. Einer Umfrage der Fachagentur Windenergie zufolge konnten im zweiten Quartal 2019 mehr als 1000 Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von 4800 Megawatt nicht realisiert werden, weil sie zu nah an einer Navigationsanlage stehen und ihnen daher ein möglicher Einfluss auf das Drehfunkfeuer entgegengehalten wird.

Um die Störwirkung realistisch einzuschätzen hat die PTB – begleitetet durch die Deutsche Flugsicherung GmbH und das Bundesamt für Flugsicherung – sowohl die wissenschaftlichen Grundlagen des bisherigen Bewertungsverfahrens überprüft als auch eine neue Prognosemethode entwickelt. Im Fokus standen dabei sogenannte DVOR-Navigationsanlagen (DVOR = Doppler Very High Frequency Omnidirectional Radio Range), von denen es knapp 40 in Deutschland gibt. Um das gesamte elektromagnetische Feld rund um Navigations- und Windanlagen zu prüfen, wurden Drohnen mit Präzisionsnavigation entwickelt, deren acht Rotoren einen stationären Schwebeflug ermöglichen, um Vor-Ort-Messungen in bis zu mehreren hundert Metern Höhe durchzuführen. Mit speziell dafür entwickelter Hochfrequenzmesstechnik und integrierten Antennen konnte so erfasst werden, wie sich die DVOR-Funksignale ausbreiten, wie sie an den Windrädern reflektiert und gestreut werden und wie sich die reflektierten Signale mit den direkten Signalen der DVOR überlagern. Vorannahmen und reale Messdaten von einzelnen Windenergieanlagen wurden dann mit einer umfassenden Vollwellensimulation am Großrechner der Universität Hannover verglichen. Hier konnte der durch Windenergieanlagen verursachte Winkelfehler auch für große Szenarien mit zahlreichen Windenergieanlagen simuliert werden.

Damit steht nun eine einfach zu handhabende Methode zur Prognose des Winkelfehlers zur Verfügung, die nicht mehr wie bisher die Einzelfehler summiert, sondern die einzelnen Wellen überlagert und daraus den resultierenden Winkelfehler bestimmt. Der letzte noch ausstehende Schritt ist die Überführung des neuen Stands der Technik in die Praxis. Die Ergebnisse wurden in den Projekten „WERAN“ und „WERAN plus“ erzielt, die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert wurden und an denen neben der PTB die Leibniz Universität Hannover, die FCS Flight Calibration Services GmbH, die Jade Hochschule Wilhelmshaven, das Institute of Computational Mathematics der TU Braunschweig sowie die steep GmbH beteiligt sind.

 

Windkraftanlage mit PTB-Flugmessplattform

Bild: Windkraftanlage mit PTB-Flugmessplattform

 

 

 

 

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