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Alternative Oberflächen für Siliziumkugeln – Pilotprojekt zur Anwendung der Atomic Layer Deposition (ALD)

01.12.2014

Den natürlich oxidierten Oberflächen der Siliziumkugeln im Avogadro-Projekt kommt eine besondere Bedeutung zu – während der Messungen, der Lagerung und dem Transport der Kugeln. Als eine mögliche Alternative wurde in einem Pilotprojekt, zusammen mit dem Fraunhofer Institut für Schicht- und Oberflächentechnik (IST), die Atomic Layer Deposition (ALD) untersucht.


Gegenwärtig werden in verschiedenen nationalen Metrologieinstituten weltweit Experimente durchgeführt, um das Kilogramm, die letzte durch ein Artefakt definierte SI Basiseinheit, auf Naturkonstanten zurückzuführen. Das Avogadro-Projekt, durchgeführt im Rahmen einer internationalen Kollaboration unter maßgeblicher Beteiligung der PTB, verfolgt das Ziel der hochgenauen Messung der Avogadrokonstanten NA. Diese ist Mittler zwischen den mikroskopischen Massen der Atome und der makroskopischen Masse des Kilogramms. Auf dieser Basis könnten dann die Atommassen, z.B. die des 12C, für eine neue Massendefinition genutzt werden.

Für diese Experimente werden Messungen an nahezu isotopenreinen 28Si Kugeln durchgeführt, um die Avogadrokonstante mit einer relativen Unsicherheit von 10-8 zu messen. Das sind 10 µg auf ein Kilogramm – ein Fingerabdruck wiegt mehr. Bei dieser Präzision muss auch die Oxidschicht, die sich unvermeidlich auf den Kugeln bildet, genau charakterisiert werden - sowohl bzgl. ihrer Masse als auch ihrer Dicke, die etwa ein Nanometer beträgt.

Das Augenmerk richtet sich dabei nicht nur auf die präzise Messtechnik für Schichtdicke und Masse der Oxidschicht, sondern auch die Oxidschicht selbst muss höchsten Anforderungen genügen. Gegenwärtig kann die native Oxidschicht (die sich selbständig auf den Kugeln ausbildet) benutzt werden, um die hohen Anforderungen zu erfüllen.

Um auch erhöhten Anforderungen gewachsen zu sein, hat die PTB in Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik ( IST) in Braunschweig, die Atomic Layer Deposition (ALD) hinsichtlich ihres Potentials als Alternative zum nativen Oxid untersucht. Zunächst wurde am IST die erforderliche Infrastruktur für die Beschichtung von Siliziumoberflächen mit SiO2 bereitgestellt, um in einem Pilotprojekt zunächst die prinzipielle Eignung der ALD für die sehr speziellen Anforderungen des Avogadro-Projekts zu untersuchen. Dabei galt es Antworten auf die folgenden Fragen zu erhalten: Wie ist die exakte Stöchiometrie der ALD-Schichten? Gibt es Verunreinigungen in den Schichten durch Fremdatome? Sind die Schichtdicken homogen? Wie ist die Rauheit der ALD-Schichten?

Zur Beantwortung dieser Fragen wurden zunächst kommerziell erhältliche Si-Wafer mit den Orientierungen (100) und (111) beschichtet und mit dem erforderlichen analytischen Instrumentarium unterschiedlicher Oberflächenmessmethoden untersucht (XPS (Röntgenphotoelektronenspektroskopie), SIMS (Sekundärionen-Massenspektrometrie), Ellipsometrie, XRF (Röntgenfluoreszenzanalyse), XRR (Röntgenreflektometrie) usw.).

Resultat: Die mit ALD erzeugten Schichten erfüllen die geforderten Eigenschaften in allen Punkten. Mit der ALD können stöchiometrisch reine SiO2 Schichten mit homogener Dicke erzeugt werden. Potentielle Verunreinigungen sind unterhalb der Nachweisgrenze und die Rauheit der Schichten bleibt unter einem Nanometer.

Nach diesen ermutigenden Resultaten der Pilotstudie soll nun in einem Nachfolgeprojekt untersucht werden, ob diese Ergebnisse auch an den gekrümmten Oberflächen der Siliziumkugeln, zunächst mit natürlicher Isotopenzusammensetzung, erzielbar sind. Abbildung 1 zeigt Ergebnisse erster Voruntersuchungen in dieser Richtung. Sollte dies der Fall sein, ist damit ein weiterer wichtiger Baustein für die Neudefinition und zukünftige Weitergabe der SI Einheit Kilogramm bereitgestellt.

Abbildung 1: Beschichtung eines Si-Wafers mit Aluminiumoxid. Gezeigt ist die Kontaktfläche der Wafer. Bereits bei einer kurzen Zyklusdauer (linke Seite, 200 ms) kommt es zu einer (Teil-)Beschichtung der Kontaktfläche. Bei einer deutlich verlängerten Zykluszeit (rechte Seite, 1000 ms) hat sich der unbeschichtete Bereich der Kontaktfläche nochmal deutlich verringert. Damit kann man für die Beschichtung von Si-Kugeln, bei entsprechender Lagerung, von einer lückenlosen Beschichtung ausgehen.