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Placing of the order for the electron accelerator

18.03.2004

Eines der beiden laufenden großen Bauprojekte der PTB hat eine wichtige Hürde genommen: Ende Juli erfolgte die Auftragsvergabe für die Elektronenbeschleuniger. Im Rahmen des Projektes soll der seit ca. 1980 in der Abteilung Ionisierende Strahlung betriebene Elektronenbeschleuniger durch eine neue, modernen Erfordernissen entsprechende Beschleunigeranlage ersetzt werden. Damit werden die apparativen Voraussetzungen geschaffen, dass die PTB ihrem Auftrag nachkommt, die Einheitlichkeit des Messwesens in der Heilkunde im Allgemeinen und speziell in der Teletherapie mit hochenergetischer Photonen- und Elektronenstrahlung, sicherzustellen. Das gesamte Projekt hat ein finanzielles Volumen von ca. 14 Mio. €. Von den Gesamtkosten entfallen jeweils etwa 50 % auf das zu errichtende Gebäude und auf die zu installierenden Elektronenbeschleuniger.

Hintergrund:
In den meisten Fällen wird in der Teletherapie hochenergetische Photonen- und Elektronenstrahlung verwendet. Nach Angaben der DEGRO (Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie) wurden im Jahr 2000 in Deutschland 363 Therapiebeschleuniger und 44 Cobalt-Bestrahlungsanlagen betrieben. 187 000 Patienten wurden bestrahlt. Insgesamt gab es 10 Millionen Bestrahlungsvorgänge.

Für den Erfolg der Teletherapie sei beispielhaft die Bestrahlung von Brustkrebs angeführt. Bei Brustkrebs verringert sich die Rückfallrate bei brusterhaltenden Operationen von rund 50% Rückfallrate ohne Bestrahlung auf 6% - 8% Rückfallrate mit Bestrahlung.

In der PTB wird die Einheit der Wasser-Energiedosis in 60Co-Strahlungsfeldern mit der relativen Messunsicherheit von 1,4 % (alle Angaben k = 2) dargestellt. Die Energieabhängigkeit der Dosimeter für Photonen- und Elektronenstrahlung oberhalb von 1,33 MeV wird durch berechnete und tabellierte Korrektionsfaktoren berücksichtigt. Beim gegenwärtigen Stand der Weitergabe der Einheit erreicht der Anwender in seinen Strahlungsfeldern unter klinischen Referenzbedingungen die relative Unsicherheit von 3 % bei Photonen, 5 % bei Elektronen (IAEA 2001). In der Regel werden Patientenbestrahlungen unter Bedingungen durchgeführt, die von den klinischen Referenzbedingungen abweichen, was zu einer weiteren Vergrößerung der Unsicherheiten führt.

Die Forderungen der Anwender in der Medizin für die relativen Gesamtunsicherheit sind für alle Strahlungsarten:

≤ 2 % für die Anzeige der Gebrauchsdosimeter unter Messbedingungen,
≤ 2,5 % für die applizierte Dosis im Zielvolumen.

Diese Anforderungen sind gegenwärtig nicht zu erfüllen. Etwas vereinfachend dargestellt verdeutlicht die folgende Tabelle, wie die erforderliche Reduktion der Messunsicherheit erzielt werden soll.

Relative Messunsicherheiten für die Wasser-Energiedosis (Photonenstrahlung)

Unsicherheitsbeitrag heute Ziel
Kalibrierfaktor 1,4 % 1,4 %
Gebrauchsdosimetrie 1,0 % 1,0 %
Strahlungsqualität 3,0 % 0,7 %
Strahlungsfeldgröße 3,0 % 0,7 %
Gesamt-Messunsicherheit 4,6 % 2,0 %

Abbildung: Schematischer Grundriss des für die Beschleuniger neu zu errichtenden Gebäudes.

In Raum 2 sollen überwiegend dosimetrische Messverfahren entwickelt und untersucht werden, die eine zuverlässige Dosimetrie auch bei den modernen Verfahren Strahlentherapie ermöglichen. Besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der intensitätsmodulierten Strahlentherapie zu. Bei dieser Form der Therapie wird der Tumor aus vielen Richtungen mit jeweils unterschiedlichen Feldgrößen und -formen bestrahlt, wodurch eine hohe Konformität des 3 dimensionalen Dosisprofils mit dem Tumorvolumen erzielt wird. Dies ermöglicht eine Erhöhung der Dosis im Zielvolumen bei gleichzeitiger Schonung des umliegenden Gewebes und somit eine Erhöhung der Heilungschancen. In Raum 3 soll ebenfalls ein klinischer Linearbeschleuniger zum Einsatz kommen, der die unterschiedlichen heute in der Klinik angewendeten Bestrahlungsmodi zu realisieren gestattet.

In den Räumen 1 und 4 wird jeweils ein Elektronen-Nadelstrahl zur Verfügung stehen. Im Raum 4 wird der Energiebereich von 0,5 MeV bis 10 MeV und im Raum 1 von 6 MeV bis 50 MeV abgedeckt. Durch geeignete strahlanalytischen Werkzeuge können Strahlenergie und Strahlstromstärke mit hoher Genauigkeit bestimmt werden. Mit einem derartig charakterisierten Nadelstrahl lassen sich dosimetrische Basisdaten, wie z.B. Bremsvermögensverhältnisse ermitteln, die Richtigkeit von Strahlungstransport-Simulationsrechnungen überprüfen und Bremsstrahlungsfelder mit genau berechenbaren Eigenschaften produzieren. Die Nadelstrahlen stellen somit ein wertvolles Werkzeug zur Untersuchung der Grundlagen der Dosimetrie dar.