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Production sequence of Si-spheres and interferometrical determination of the sphere volume

Ausbau der 600 m Pfeilerstrecke zu einer Referenzstrecke für Kalibrierung und Entwicklung elektronischer Distanzmesser

01.12.2011


Moderne geodätische Entfernungsmesser besitzen eine Reichweite von mehr als einem Kilometer und weisen eine Auflösung von einem bis zu unter einem Millimeter auf. Diese Geräte finden in der klassischen Vermessungstechnik im Bauwesen, aber auch in der Überwachung besonders kritischer Bauten oder in der Produktionsüberwachung Anwendung. Aufgrund ihrer großen wirtschaftlichen Bedeutung ist eine Rückführung mit minimaler Unsicherheit sehr wichtig. Für die Rückführung dieser Geräte werden in der Praxis Referenzstrecken verwendet, die bedingt durch die notwendigen Längen im Außenbereich durch Pfeilerstrecken realisiert sind.

Ein großes Problem bei der Messung und insbesondere der Kalibrierung dieser Geräte sind die sich häufig schnell ändernden äußeren Bedingungen, die insbesondere entlang der Strecke, z.B. durch unterschiedlichen Schattenwurf und der damit verbundenen Änderung der Lufttemperatur, stark variieren. Improvisierte Wetterstationen, die die äußeren Bedingungen an einem oder zwei Punkten entlang der Strecke messen, sind daher nicht in der Lage, die effektiven äußeren Bedingungen entlang der gesamten Strecke mit hinreichender Unsicherheit zu bestimmen. Temperatur, Feuchte und Druck bestimmen aber wesentlich die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Licht in Luft. Da die sich ändernde Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichts im Medium direkt in die optische Längenmessung mit eingeht, ist die Unsicherheit einer Kalibrierung eines Entfernungsmessers im Allgemeinen durch die relativ große Unsicherheit einer nur lokalen Wetterstation limitiert.

In der PTB wurde in den Jahren 2010 und 2011 die seit 30 Jahren etablierte Referenzpfeilerstrecke (Bild 1) um ein engmaschiges Sensornetzwerk zur Erfassung der effektiven Umweltdaten entlang der gesamten 600 m Strecke erweitert. So wird die effektive Temperatur entlang der kompletten Strecke durch 60 äquidistant verteilte Pt100-Temperatursensoren erfasst, die effektive Feuchte durch 6 kalibrierte Feuchtesensoren und der Luftdruck durch mindestens zwei kalibrierte Barometer. Die Daten werden über ein Glasfasernetz simultan ausgelesen und zentral erfasst. Sie stehen dem Nutzer unmittelbar für die Kalibrierung und zur Auswertung zur Verfügung. Zudem wurden die Pfeilerdistanzen im Jahr 2011 vom Finnischen Geodätischen Institut (FGI) auf die SI-Definition der Länge rückgeführt. Kalibrierungen können nun auf dieser Strecke in Kooperation mit dem Institut für Geodäsie und Photogrammetrie der TU Braunschweig mit relativen Messunsicherheiten unter 10-6 durchgeführt werden.

Darüber hinaus wurde die Strecke mit einem klimatisierten Außenlabor ausgestattet, welches den zuverlässigen Betrieb sensibler Elektroniken und Lichtquellen gestattet. Ferner erlauben die installierten Sicherungsmaßnahmen die Freilufterprobung von modernen Entfernungsmesssystemen im Entwicklungsstadium. So können Laser bis zur maximalen Schutzklasse 4, z.B. Femtosekundenlaser-basierte Entfernungsmesser, auf der Strecke betrieben werden.
Dies sind beste Voraussetzungen für die Entwicklung und Kalibrierung von Entfernungsmessern der nächsten Generation.

Bild 1: Ausgebaute 600 m Pfeilerstrecke der PTB. a) Sicht auf die Messstrecke. Im Hintergrund ist das Außenlabor zu sehen. Der mit undurchsichtiger grüner Folie behangene Zaun dient dem Laserschutz. b) Exemplarischer Verlauf der effektiven Temperatur und der effektiven relativen Feuchte über die gesamten 600 m während eines Tages. Die grauen Bänder geben die Standardabweichungen der einzelnen Sensoren vom Mittelwert an.

 

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