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Bestimmung der Zeitdilatation aufgrund von Mikrobewegung in optischen Ionen-Uhren auf 20 Nachkommastellen

04.01.2016

Mikrobewegung ist eine in RF-Ionenfallen auftretende hochfrequente Bewegung der gespeicherten Teilchen bei der Fallenspannungsfrequenz Ωrf, deren kinetische Energie zu einer relativistischen Frequenzverschiebung aufgrund von Zeitdilatation führt. Es ist daher essentiell für den Uhrenbetrieb, dass die Teilchen im Knoten des einfangenden elektrischen RF-Feldes positioniert werden. Die Unsicherheit in der Mikrobewegungsamplitude stellt bei aktuellen optischen Ionenuhren einen signifikanten Beitrag im Frequenzunsicherheitsbudget in der Größenordnung von 10-18 dar.

In der AG „Multi-Ionen-Uhren“ wurden daher verschiedene Methoden zur genauen Bestimmung der Mikrobewegungsamplitude experimentell untersucht und quantitativ verglichen. Für die Photonen-Korrelationsmethode wurde hierfür ein Modell entwickelt, welches eine quantitative Auswertung im Regime typischer Ionenfallen erlaubt, in dem die Linienbreite des verwendeten Übergangs Γ ≈ Ωrf ist. Abbildung a) zeigt den Vergleich dieses neuen Modells mit dem vorher etablierten als Funktion der Laserverstimmung ΔL. Im Grenzfall Γ » Ωrf stimmen die Modelle überein.

Die Untersuchung der Seitenbandmethode hat gezeigt, dass im Bereich von 10-19 ein bisher unbeschriebenes Signal die Messung limitieren kann, wenn sie bei der Dopplertemperatur durchgeführt wird. Es konnte gezeigt werden, dass es durch die intrinsische Mikrobewegung aufgrund thermischer Anregung verursacht wird und im Bewegungsgrundzustand vernachlässigbar wird.

In einem Vergleich der beiden Methoden wurde eine gute Übereinstimmung erreicht, wie Abbildung b) zeigt. Mit beiden Methoden kann nun eine Unsicherheit der Frequenzverschiebung in der Größenordnung von 10-20 erreicht werden.

(J. Keller, T.E. Mehlstäubler, QUEST, jonas.keller@ptb.de, tanja.mehlstaeubler@ptb.de)

 

 

 

Abb. a)   Vergleich des neu hergeleiteten mit dem bisher etablierten Modell zur Auswertung von Photonenkorrelationsmessungen. Gezeigt ist das Signal (Fluoreszenzmodulationsamplitude ΔS normiert auf mittlere Fluoreszenz S0) als Funktion der Laserverstimmung ΔL. Die vom alten Modell vorausgesetzte Annahme Γ » Ωrf wird in vielen aktuellen Ionenfallen verletzt. Im gezeigten Fall würde die fehlerhafte Anwendung des alten Modells zu einer Unterschätzung der Mikrobewegungsamplitude und einer hohen Empfindlichkeit auf Schwankungen der Laserfrequenz führen.

Abb. b)   Vergleich der Photonenkorrelations- und Seitenbandmethoden. Ein Ion wurde um eine Distanz Δx radial aus dem RF-Knoten bewegt. Am Minimum ist der Beitrag der intrinsischen Mikrobewegung zum Seitenbandsignal sichtbar. Die Abweichung der durch beide Methoden bestimmten Minima entspricht einer relativen Frequenzverschiebung von 3x10-21.