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Hintergrundfreie molekülspezifische Bildgebung durch zeitaufgelöste Heterodyn-Detektion

31.12.2005

Die kohärente Anti-Stokes-Raman-Streuung (CARS) stellt die Grundlage für ein molekülspezifisches Bildgebungsverfahren dar, bei dem Molekülschwingungen als Kontrastmechanismus verwendet werden [1]. Durch Einstrahlung des sogenannten Pump- und Stokesfeldes wird in der Probe eine kollektive Materialanregung präpariert, sofern die Frequenzdifferenz der beiden Anregungsfelder auf eine Raman-aktive Schwingungs- oder Rotationsmode des abzubildenden Moleküls abgestimmt ist. Das höherfrequente Anti-Stokes-Signal (AS-Signal) resultiert aus der inelastischen Streuung des Pumpfeldes an dieser Materialanregung. Die Methode ist insbesondere für die Mikroskopie interessant. Bei der konventionellen CARS-Mikroskopie wird das AS-Signal direkt mittels eines empfindlichen Photodetektors unter Abrasterung der Probe registriert. Die CARS-Mikroskopie findet z. B. Anwendung in der anfärbungsfreien in vivo-Untersuchung biologischer Proben oder der hochauflösenden Abbildung latenter Strukturen von belichtetem Photoresist auf Halbleiteroberflächen.

Der schwerwiegendste Nachteil der CARS-Mikroskopie besteht in der Kontrastminderung durch nichtresonante Hintergrundsignale. Zusätzlich liefert das häufig auftretende Lösungsmittel Wasser aufgrund seiner breiten Raman-Banden starke resonante Hintergrundsignale. Kleine Streuer können unter Umständen nur sehr kontrastarm oder gar nicht abgebildet werden, da ihre schwachen AS-Signale von diesen Hintergrundsignalen überdeckt werden.

Das im Folgenden beschriebene „gated heterodyne CARS“ (GH-CARS)-Verfahren erlaubt eine effiziente Verbesserung des Signal-Hintergrund-Verhältnisses mittels zeitaufgelöster Heterodyn-Detektion. Dazu wird das AS-Signal mit einem starken Überlagerungsfeld derselben Frequenz zur Interferenz gebracht und die resultierende Interferenzamplitude ausgewertet. Da es sich bei CARS um einen kohärenten Vierwellenmischprozess handelt, ist die Interferenzfähigkeit gegeben, sobald ein Überlagerungsfeld mit fester Phasenbeziehung zu den Anregungsfeldern (Pump- und Stokesfeld) zur Verfügung steht. Benutzt man Lichtimpulse für den CARS-Prozess und das Überlagerungsfeld, lässt sich eine zeitaufgelöste Detektion realisieren. Zu diesem Zweck strahlt man eine gewisse Zeit nach den Anregungsimpulsen einen weiteren Lichtimpuls ein. Ist die Kollektivanregung zu diesem Zeitpunkt noch nicht vollständig abgeklungen, kommt es zur inelastischen Streuung bzw. zur Emission eines zweiten AS-Signals. Dieses lässt sich vom ersten separieren, indem auch der Überlagerungsimpuls entsprechend zeitlich verzögert eingestrahlt wird. Dephasiert nun die kohärente Materialanregung der abzubildenden Verbindung deutlich langsamer als diejenige des Lösungsmittels, lässt sich das Verfahren nutzen, um den Bildkontrast signifikant zu erhöhen. Die beschriebene Technik ist auch zur Unterdrückung des nichtresonanten Hintergrundes geeignet, da die zugehörige Dephasierung extrem schnell erfolgt.

Wie im PTB-Jahresbericht 2004 dokumentiert, konnte das GH-CARS-Prinzip gemeinsam mit der Gruppe von Prof. Eberhard Riedle, LMU München, erstmals experimentell demonstriert werden. Als phasenkohärente Lichtquelle für Pump-, Stokes- und Überlagerungsfeld wurden drei nichtkollinear-phasenangepasste optisch parametrische Verstärker (NOPAs) [2] verwendet. Als Eingangsignal dient hier ein Weißlichtimpuls, der durch Einstrahlung ultrakurzer Lichtimpulse (150 fs) in eine Saphirplatte erzeugt wird. Für Deuterobenzol als Probe und schweres Wasser als potenzielles Lösungsmittel konnte eine Steigerung des Signal-Hintergrund-Verhältnisses um einen Faktor >100 gezeigt werden.

Im Jahr 2005 wurde das GH-CARS-Konzept dann erfolgreich zur kontrastverbesserten CARS-Mikroskopie weiterentwickelt. Als Probe dienten 10-µm Polystyrolkugeln in Wasser. Angeregt wurde die aromatische CH-Schwingung von Polystyrol bei einer Stokesverschiebung von 3052 cm-1. Teil (a) der Abbildung zeigt das GH-CARS-Bild für den Fall eines nicht verzögerten Überlagerungsimpulses mit zugehörigem Intensitätsprofil. Man beobachtet ein starkes Hintergrundsignal des Wassers. Im Gegensatz dazu führt ein verzögert eingestrahlter Überlagerungsimpuls (siehe Abbildung, Teil (b)) zu einem deutlich verbesserten Kontrast.


GH-CARS-Bilder von 10-µm Polystyrolkugeln in Wasser bei nicht verzögertem (a) und um 530 fs verzögerten Überlagerungsimpuls (b). Die Aufnahmen bestehen jeweils aus 100X35 (Pixel)2. Die Intensitätsprofile entlang der durch die Pfeile definierten Linien sieht man unterhalb der Bilder. Die Signalminderung am Rand der Kugeln kann durch Reflexions- und Streuverluste erklärt werden.

Eine mögliche Anwendung der GH-CARS-Mikroskopie ist z. B. die kontrastreiche Abbildung von mikroskopischen Benzoltröpfchen im Grundwasser, bei der man, wegen der hohen Frequenzselektivität sogar verschiedene Benzolderivate unterscheiden könnte. Dies wäre für konventionelle Licht- und CARS-Mikroskope unmöglich.


Literatur:

[1] M. D. Duncan, J. Reintjes, T. J. Manuccia, Scanning coherent anti-Stokes Raman microscope, Opt. Lett. 7, 350 (1982)

[2] P. Baum, E. Riedle, M. Greve, H. R. Telle, Phase-locked ultrashort pulse trains at separate and independently tunable wavelengths, Opt. Lett. 30, 2028 (2005)