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Engere Grenzen für die zeitliche Variation von Naturkonstanten

31.12.2006

Durch einen Vergleich mit der primären Cäsium-Fontänenuhr CSF1 wurde im Juni 2006 die Frequenz des optischen Frequenznormals mit dem 171Yb+-Ion bei 688 THz erneut und mit weiter erhöhter Genauigkeit gemessen. Die gesamte relative Unsicherheit der Frequenzmessung betrug lediglich 2x10-15. Sie setzt sich aus etwa gleich großen systematischen Unsicherheitsbeiträgen des Einzelion-Frequenznormals und der Cäsiumfontäne und einem kleineren statistischen Beitrag zusammen. Mit diesen Daten liegen jetzt hochpräzise Messungen der Yb+-Frequenz über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren vor. Der Vergleich der einzelnen Messungen zeigt - einhergehend mit der Weiterentwicklung des Yb+-Frequenznormals - eine stetige Verringerung der Unsicherheit und eine sehr gute Übereinstimmung der Ergebnisse. Ein solcher Datensatz kann dazu verwendet werden, nach zeitlichen Veränderungen der Sommerfeldschen Feinstrukturkonstanten zu suchen, die auf unterschiedliche Weise sowohl in die Frequenz der Cäsiumuhr wie auch in die des Yb+-Normals eingeht.

Zeitliche Änderungen in den Werten der fundamentalen Naturkonstanten werden von kosmologischen Modellen und von verschiedenen Ansätzen für vereinheitlichte Theorien vorausgesagt. Einen experimentellen Nachweis dieses Effekts gibt es bisher nicht, wohl aber astrophysikalische Beobachtungen, die auf Änderungen von Konstanten in einer früheren Epoche des Universums hinzuweisen scheinen. Da die astrophysikalischen Daten zwischen verschiedenen Beobachtergruppen kontrovers diskutiert werden, erscheint es interessant, auch Laborexperimente zu dieser Fragestellung durchzuführen. Liegen über einen bestimmten, möglichst langen, Zeitraum Messungen verschiedener atomarer Übergangsfrequenzen vor, so kann man diese kombinieren und so modellunabhängige Aussagen über eine mögliche Drift einzelner Naturkonstanten, wie etwa der Feinstrukturkonstanten, erhalten. In Kombination mit den Yb+-Daten der PTB sind insbesondere Ergebnisse des NIST in Boulder interessant, wo seit dem Jahr 2000 hochpräzise Frequenzmessungen an einem Übergang des 199Hg+-Ions bei 1065 THz durchgeführt werden. Auch dort wird im Rahmen der Messunsicherheit eine Konstanz der optischen Frequenz, relativ zur Cäsium-Fontänenuhr des NIST, gefunden. Aus der Kombination beider Datensätze kann man eine obere Schranke für die relative zeitliche Änderung der Feinstrukturkonstanten von 4x10-16 pro Jahr ableiten. Dies ist die zur Zeit strengste obere Grenze für Variationen einer Naturkonstante aus Laborexperimenten. Bei Annahme einer linearen Änderung der Feinstrukturkonstanten mit der Zeit ist die Empfindlichkeit dieser Experimente, die nach Veränderungen über nur wenige Jahre suchen, damit bereits vergleichbar zu der der astronomischen Beobachtungen, die einen Zeitraum von mehr als 10 Milliarden Jahren überblicken. Beide Methoden, Laborexperimente und Astronomie, sind komplementär zu sehen, da eine mögliche Zeitabhängigkeit der Konstanten in der Entwicklung des Universums nicht notwendigerweise linear verlaufen muss und außerdem auch Variationen im Raum denkbar sind.


Ionenfallenapparatur des Yb+-Frequenznormals