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Fokuskriterien zur Kantendetektion an Phasenobjekten

31.12.2007

1. Einführung

Die optische Mikroskopie bietet neben der Elektronenmikroskopie (SEM), der Rasterkraftmikroskopie (AFM) und der Scatterometrie die Möglichkeit der dimensionellen Charakterisierung von Mikro- und Nanostrukturen. Eine quantitative Bestimmung der Strukturbreiten ist mit hoher Genauigkeit immer nur durch den Vergleich der experimentellen Mikroskopbilder mit modellierten Bildern möglich [1,2]. Ein wichtiger Parameter hierbei ist die „richtige“ Einstellung der Fokusebene: Es muss sowohl bei den Messungen als auch bei den Modellrechungen die gleiche Fokuseinstellung verwendet werden, ansonsten gibt es systematische Abweichungen der gemessenen Strukturbreiten. Bei Amplitudenobjekten wie z.B. Chrom-Linien auf Glas lässt sich der Fokus u.a. über die Steilheit der Kante sehr gut definieren und reproduzieren. Bei Phasenobjekten, wie z.B. bei phasenschiebenden MoSi-Masken (MoSi: Molybdänsilizid), versagen diese klassischen Fokuskriterien. Es wird ein neu entwickeltes Fokuskriterium vorgestellt und es wird gezeigt, dass damit eine deutlich bessere Reproduzierbarkeit und Genauigkeit der Strukturbreitenmessung erreicht werden kann. 


2. Klassische Fokuskriterien

Für Amplitudenobjekte kann zur Bestimmung des fokalen Bildes das Kantensteilheitskriterium angewendet werden. Es wird dabei die Steigung der Kante z.B.


Abb. 1: Kantensteilheitskriterium zur Bestimmung des fokalen Bildes

zwischen dem 20%-Wert und dem 80%-Wert berechnet (siehe Abb. 1). Als fokal wird das Bild bestimmt, das die größte Kantensteilheit aufweist. In Abb. 2 sind die aus rigorosen RCWA-Modellrechnungen stammenden 20-80%-Kantenanstiege von 1200nm-Chromlinien bzw. Chromgräben auf Glas (Amplitudenobjekte) für ein UV-Transmissionsmikroskop dargestellt. In Abb. 3 sind die entsprechenden Ergebnisse für MoSi-Linien bzw. Gräben (Phasenstrukturen) gezeigt.


Abb. 2: 20-80%-Kantenanstiege von Chromstrukturen (Amplitudenobjekte) für ein UV-Transmissionsmikroskop (λ =365 nm, NAobj = 0,9, NAcond= 0,2) 


Abb. 3: 20-80%-Kantenanstiege von MoSi-Strukturen (Phasenobjekte).

Der Vergleich von Abb. 2 und 3 zeigt, dass das Kantensteilheitskriterium bei Phasenobjekten eine vielfach niedrigere Sensitivität hat.


3. Das Peak-Distance-Kriterium (PD)

Für verschiedene z-Positionen sind in Abb. 4 modellierte Intensitätsprofile einer MoSi-Linienstruktur (Phasenobjekt) dargestellt. Als fokal wird das Mikroskopbild definiert, das einen minimalen Abstand der Maxima hat.


Abb. 4: Definition des PD-Fokuskriteriums; der Abstand zwischen den im Substratbereich benachbart zur Kantenposition liegenden Maxima für die fokale Position ist minimal; für Grabenstrukturen liegen diese Maxima innerhalb der Kantenpositionen 


4. Vergleich Simulation - Messung

In Abb. 5 sind Vergleiche zwischen Messungen eines UV-Transmissionsmikroskops und Simulationen von MoSi-Strukturen mit einer nominalen Linien- bzw. Grabenbreite von 1200nm dargestellt.


Abb. 5: Vergleich der simulierten (Linien) und gemessenen (Punkte) Werte dx und der Peakabstände PD exemplarisch gezeigt für eine Linienstruktur (oben) bzw. eine Grabenstruktur (unten,) zur besseren Vergleichbarkeit wurden die Werte jeweils um die Minimalwerte dxmin bzw. PDmin verschoben


5. Einfluss von Defokussierung auf Reproduzierbarkeit der Strukturbreite

Sowohl für binäre Strukturen (Amplitudenobjekte) als auch phasenschiebende Strukturen (Phasenobjekte) sind in Tab. 1 die Einflüsse von 3 verschiedenen Fokuskriterien auf die Reproduzierbarkeit der Strukturbreitenbestimmung gegenübergestellt. Bei einer Positionsreproduzierbarkeit von 1 nm und einer Intensitätsreproduzierbarkeit von 0,3% erzielt man mit dem 20-80%-Kriterium nur eine Reproduzierbarkeit der Strukturbreiten von ca. 1,25 nm im Vergleich zu ca. 0,75 nm mit dem PD-Kriterium. Das Verfahren der maximalen Standabweichung liefert bei Phasenobjekten oft Fokuspositionen weit außerhalb der Struktur und ist deshalb dafür ungeeignet.

 

binäre Strukturen phasenschiebende Strukturen
Kriterium 20/80 % Stand.
Abweichung
PD 20/80 % Stand.
Abweichung
PD
Position Reproduzierbarkeit: 1 nm
Intensität Reproduzierbarkeit: 0,3%
Fokussierung
Reproduzierbarkeit
ca. 50nm ca. 40nm ca. 40nm ca. 100nm - ca. 50nm
Kantenposition ca. 5nm/%
Reproduzierbarkeit ca. 0,5nm ca. 0,4nm ca. 0,4nm ca. 1,25nm - ca. 0,75nm
  λ = 365nm; NAObj.= 0,9; NAKond.= 0,2

Tab. 1: Vergleich der Einflüsse der untersuchten Fokuskriterien auf die Reproduzierbarkeit der Fokussierung und des resultierenden Beitrags zur Reproduzierbarkeit der Strukturbreitenmessung


6. Diskussion und Zusammenfassung

Konventionelle Fokuskriterien führen bei PSM zu schlechter Reproduzierbarkeit oder versagen ganz. Im Rahmen unserer Untersuchungen wurde das PD-Kriterium als geeignetes Fokuskriterium für PSM identifiziert und untersucht. Der Vergleich des PD- und des Kantensteilheitskriteriums zeigt eine sehr gute Übereinstimmung zwischen Simulationen und Messungen an einer Mosi-PSM. Aufgrund der hohen Sensitivität bezüglich Defokussierung führt das PD-Kriterium insbesondere bei PSM zu einer signifikanten Verbesserung der Reproduzierbarkeit der Fokussierung und damit auch der Strukturbreitenmessung sowie zu einer Reduktion der Messunsicherheit. 


Literatur:

[1] G. Ehret, B. Bodermann, M. Woehler: „Comparison of rigorous modelling of different structure profiles on photomasks for quantitative linewidth measure ments by means of UV- or DUV-optical microscopy“, Proc. of SPIE 6617, 661710-1 - 661710-11, (2007).

[2] M. Totzeck, „Numerical Simulation of high-NA quantitative polarization microscopy and corresponding near-fields”, Optik 112(9), 399-406, (2001).