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Direkte Kalibrierung flächenmessender Interferometer

13.10.2009

Interferometerkalibrierung
Flächenmessende Interferometer sind Präzisionsinstrumente mit einer Tiefenauflösung im Nanometerbereich. Ihre absolute Genauigkeit erhalten sie allerdings erst durch eine Kalibrierung der Referenzfläche. Die Kalibrierung kann mittels eines Normals erfolgen, das z.B. durch Messung gegen einen Flüssigkeitsspiegel [1], den Drei-Platten-Test [2], deflektometrische Methoden [3] oder das Extended Shear Angle Difference – Verfahren [4] kalibriert wurde. Dazu benötigt man aber mindestens eine hochwertige Planplatte mit gleichen Dimensionen wie das Interferometer. Eine Methode, die diese Einschränkung nicht aufweist, wird nachfolgend vorgestellt.

Das TMS - Verfahren
Die Form der Referenzfläche des Interferometers ergibt sich simultan zu der eigentlichen Topografiemessung eines Prüflings, wenn das Traceable Multi Sensor – Verfahren [5-7] angewendet wird.  Das Verfahren (Abb. 1) nutzt das flächenmessende Interferometer als „Multiple Distance Sensor“ (MDS), der über den Prüfling scannt. Die Verkippung des Interferometers wird gleichzeitig mittels eines Autokollimators gemessen.

TMS – Messprinzip. Das Messlicht des Autokollimators (AC) wird von einem am Scankopf befestigten Spiegel (M) reflektiert. Die ej sind beim Interferometer die Abweichungen der Referenzfläche von einer idealen Ebene.

Abb.1: TMS – Messprinzip. Das Messlicht des Autokollimators (AC) wird von einem am Scankopf befestigten Spiegel (M) reflektiert. Die e j sind beim Interferometer die Abweichungen der Referenzfläche von einer idealen Ebene.

Aus dem resultierenden Gleichungssystem können die Ebenheitsabweichungen der Referenzfläche (ejin Abb. 1) direkt bestimmt werden. Das Messergebnis ist zunächst ein Schnitt. Für flächige Informationen müssen geeignete Schnitte kombiniert werden.

Experimentelle Anwendung
Das TMS – Verfahren wurde bereits genutzt, um Flächen von typischerweise 150 mm Durchmesser mit einem kleinen Interferometer (Abb. 2) zu messen. Während der fortwährenden Scans wurde der Interferometerfehler bestimmt. Wie in Abb. 3 gezeigt ist die Reproduzierbarkeit dabei unterhalb eines Nanometers, wobei der zur Kalibrierung genutzte Prüfling einen peak to valley – Wert von 500 nm aufwies. Das hierbei benutzte Kompaktinterferometer (FISBA μPhase, 3 mm Apertur) bietet dann die Möglichkeit, mit einer sehr feinen Ortsauflösung zu messen.

Verwendetes Kompaktinterferometer.

Abb. 2: Verwendetes Kompaktinterferometer.

Gemessene Interferometerabweichung. Die blauen Kurven zeigen das Ergebnis von 17 aufeinander folgenden Einzelmessungen, die orangefarbene den Mittelwert.

Abb.3: Gemessene Interferometerabweichung. Die blauen Kurven zeigen das Ergebnis von 17 aufeinander folgenden Einzelmessungen, die orangefarbene den Mittelwert.

Die Unsicherheit der Kalibrierung des oben gezeigten Interferometers bei Verwendung einer Planfläche als Testobjekt lässt sich auf wenige Nanometern abschätzen.
Um zu demonstrieren, dass sich auch große Interferometer mit dem TMS – Verfahren kalibrieren lassen, wurde ein Aufbau zur Kalibrierung eines Interferometers mit 150 mm Apertur (Carl Zeiss, DIRECT 100) erstellt.
Als Testfläche wurde eine sehr unebene Glasplatte mit einer Länge von 400 mm benutzt, die über die Interferometerapertur von 150 mm einem peak to valley – Wert von ca. 6 μm aufweist.

TMS – Aufbau zur Kalibrierung des DIRECT 100 – Interferometers. Vor dem Gerät ist die Testfläche zu sehen, daneben der Autokollimator und der Monitor des Steuerrechners für die Messsequenzen.

Abb. 4: TMS – Aufbau zur Kalibrierung des DIRECT 100 – Interferometers. Vor dem Gerät ist die Testfläche zu sehen, daneben der Autokollimator und der Monitor des Steuerrechners für die Messsequenzen.

Erste Ergebnisse lassen auch hier erwarten, dass eine hochgenaue Kalibrierung des Interferometers möglich sein wird.

Genauigkeiten
Die zu erwartenden Genauigkeiten des Verfahrens wurden durch Simulationen ermittelt. Nachfolgend ist exemplarisch der Einfluss der Größe von Interferometer und Testfläche gezeigt.

Genauigkeit (mittlere quadratische Abweichungen) der Interferometerkalibrierung in Abhängigkeit der Interferometergröße (Sensor) und Testflächengröße (Specimen), angegeben jeweils in Pixeln.

Abb. 5: Genauigkeit (mittlere quadratische Abweichungen) der Interferometerkalibrierung in Abhängigkeit der Interferometergröße (Sensor) und Testflächengröße (Specimen), angegeben jeweils in Pixeln.

Für die Simulation wurde ein Rauschen der einzelnen Höheninformationen für die Pixel des Interferometersensors von 5 nm angenommen und ein Rauschen von 0,1 arcsec für den Autokollimator. Bestimmt wurden die über viele Realisierungen gemittelten mittleren quadratischen Abweichungen. Die erreichbare maximale Genauigkeit ist wesentlich durch die Ausdehnung der Testfläche im Verhältnis zum Interferometer bestimmt. Durch eine Testfläche in der Größe der Interferometerapertur lässt sich eine Genauigkeit im Bereich weniger Nanometer erwarten. 

Zusammenfassung
Mit dem TMS – Verfahren ist neben der Messung von optischen Oberflächen mit hoher Ortsauflösung auch die direkte Kalibrierung z.B. großer Interferometer mit geringem Aufwand möglich. Primär werden dabei einzelne Schnitte gemessen. Für diese Kalibriermethode ist kein Prüflingsnormal erforderlich.
Eine Reproduzierbarkeit von weniger als 1 nm konnte für ein Kompaktinterferometer experimentell verifiziert werden. Die Genauigkeit ist im Bereich weniger Nanometer.
Für die Kalibrierung eines größeren Interferometers wurde ein Testaufbau realisiert, mit dem nun Testmessungen erfolgen werden. Genauigkeiten in der gleichen Größenordnung wie für das kleinere Interferometer lassen sich aus Simulationen ableiten.

Danksagung
Wir danken dem “Ministerio de Educacion y Ciencia” (Spanien) für die Unterstützung von Prof. Márquez durch das Programm "Jose Castillejo".



Literatur:

[1]        M. Vannoni, G. Molesini, "Validation of absolute planarity reference", Metrologia 42, 389-393 (2005)
[2]        U. Griesmann, "Three-flat test solutions based on simple mirror symmetry," Appl. Opt. 45, 5856-5865 (2006)
[3]        F. Siewert, H. Lammert, T. Zeschke, "The Nanometer Optical Component Measuring Machine", in:   Modern Developments in X-Ray and Neutron Optics, Verlag Springer Berlin/Heidelberg, ISSN 0342-4111 (Print) 1556-1534 (Online),Volume 137 (2008)
[4]        Geckeler, R.D., "ESAD shearing deflectometry: A primary flatness standard with sub-nanometer uncertainty", Key <st1:country-region><st1:place>Eng.</st1:place></st1:country-region> Mat. 381/382,  543-546 (2008)
[5]        C. Elster, I. Weingärtner, M. Schulz, "Coupled distance sensor systems for high-accuracy topography measurement: Accounting for scanning stage and systematic sensor errors", Prec. Eng. 30, 32-38 (2006)
[6]        M. Schulz, A. Wiegmann, C. Elster, "Weiterentwicklung des TMS-Verfahrens zur hochauflösenden und hochgenauen optischen Formmessung", DGaO-Proceedings 2007, www.dgao-proceedings.de
[7]        A. Wiegmann, C. Elster, R. D. Geckeler , M. Schulz, "Stabilitätsanalyse für das TMS Verfahren: Einfluss hoher Ortsfrequenzen des Prüflings", DGaO-Proceedings 2007, www.dgao-proceedings.de



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4.2, Bild- und Wellenoptik
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4.21, Form- und Wellenfrontmetrologie