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Neue Ionenfalle mit integrierter Mikrowellenkontrolle

05.02.2014

Einzelne, in elektrischen Feldern gespeicherte Ionen bilden nahezu perfekte Modell-Quantensysteme. Die Energieniveaus der Atome lassen sich verwenden, um darin Informationen zu speichern und zu verarbeiten. Beschränkt man sich dabei auf zwei Energieniveaus, so entsteht ein sogenanntes „Qubit“, das quantenmechanische Analogon zur grundlegenden Informationseinheit eines Computers, dem „Bit“. Solche Qubits bilden die Grundlagen von zukünftigen Quantencomputern. Ein Quantencomputer könnte anspruchsvolle Aufgaben in der Kryptographie, Informationsverarbeitung und in der Simulation physikalischer Quantenvielteilchensysteme wesentlich effizienter lösen als eine klassische Rechnerarchitektur. Gespeicherte Ionen gehören zu den am weitesten entwickelten physikalischen Systemen für die Quanteninformationsverarbeitung. In den meisten dieser Experimente wird die notwendige Wechselwirkung zwischen den Ionen durch aufwändige Lasersysteme erzeugt. Um die Quanteninformationsverarbeitung mit Ionen weiter zu voranzutreiben und die Fehlerraten der Rechenoperationen niedrig genug zu bekommen, werden verstärkt Methoden entwickelt, die Ionen nicht mit Laserfeldern, sondern mit Mikrowellen kontrollieren. Im Jahr 2011 wurde am NIST erstmals gezeigt, wie sich in einer Chip-artigen Ionenfalle so eine essentielle Gatteroperation für die Quanteninformationsverarbeitung realisieren lässt. In der Arbeitsgruppe von C. Ospelkaus (QUEST-Institut, PTB und LUH) wurde nun ein neue Chipfalle entworfen und im Reinraumzentrum der PTB gefertigt, die eine wesentliche Verbesserung der Mikrowellen-Kontrolle erwarten lässt. Die grundlegende Idee hierbei ist, in einer Struktur wie in der Abbildung 1, bei der die Ionen einige 10 µm über der Chipstruktur gefangen sind, Mikrowellenströme in die Oberfläche einzukoppeln. Dadurch entsteht oberhalb der Oberfläche ein extrem inhomogenes Mikrowellen-Nahfeld, welches sich zur Kontrolle der Ionen einsetzen lässt. Eine wesentliche Voraussetzung für die Skalierung dieses Ansatzes ist nun ein besseres Verständnis der Mikrowellen-Nahfelder in solchen Leiterstrukturen. Hierzu wurden haben wir umfangreiche Simulationen durchgeführt [1], die in Abbildung 1 in Farbkodierung die Stromdichteverteilung in solch einer Chip-Falle zeigen. Man erkennt deutlich, wie die Induktion und der Skin-Effekt signifikante Stromdichten in benachbarten Elektroden induzieren. Ziel der Simulationen ist es, die Inhomogenität des Mikrowellenfeldes am Ort der Ionen zu maximieren und das Feld selbst so klein wie möglich zu machen. Das Ergebnis der Optimierung ist eine mäanderförmige Mikrowellenleiterschleife wie in Abbildung 1, bei der sich die Feldkomponenten der einzelnen Leiter am Ort des Ions weitgehend wegheben. Ein Prototyp dieser Struktur wird gerade in der PTB untersucht. In Bälde werden wir sehen, ob die Struktur ihre gewünschten Eigenschaften bei der Kontrolle einzelner Ionen zeigt. 

Abb. 1: Für die Quanteninformationsverarbeitung mit einzelnen Ionen entwickelte Oberflächenfalle Der obere Teil der Grafik zeigt die während des Entwurfs erstellten Simulationen von Mikrowellenströmen in der Oberfläche. Die Mikrowellenströme und die von ihnen ausgehenden Felder ermöglichen es, einzelne, oberhalb der Oberfläche gespeicherte Ionen in allen ihren Freiheitsgraden zu kontrollieren. Der untere Teil zeigt eine im Reinraumzentrum der PTB gefertigte Fallenstruktur.


Literatur:

[1]       M. Carsjens, M. Kohnen, T. Dubielzig und T. Ospelkaus, Surface-electrode Paul trap with optimized near-field microwave control, Appl. Phys. B (2013), im Druck.