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"Hyper-Ramsey"-Anregung des Oktupolübergangs in 171Yb+

09.01.2013

Optische Frequenznormale nutzen gespeicherte Atome oder Ionen mit Referenzübergängen im optischen Spektralbereich, deren natürliche Linienbreite sehr klein und deren Frequenz möglichst unabhängig von den auf die Atome einwirkenden externen Feldern ist. Hier wurden bisher vor allem Dipol-verbotene Übergänge zwischen Zuständen mit Elektronen-Drehimpuls J=0 (Al+, In+, Ca, Yb, Sr) und J=0 - J=2-Übergänge (z. B. Sr+, Yb+, Hg+) untersucht und charakterisiert. Zu den Systemen mit besonders hohem Genauigkeitspotential gehört auch der stärker verbotene J=0 - J=3 - Oktupolübergang  21/2(F=0) - 2F7/2(F=3) in 171Yb+. An der PTB wurde  die Größe der wesentlichen systematischen Frequenzverschiebungen dieses Übergangs bestimmt und seine Frequenz absolut mit einer durch die Cäsiumfontänen-Referenz begrenzten relativen Unsicherheit von 8×10-16 gemessen [1]. Das Ergebnis stimmt mit einer fast zeitgleich am NPL (Teddington, UK) durchgeführten Messung [2] bis auf 6×10-16 überein, wenn die während der Messungen vorhandenen Abweichungen der lokalen Referenzen von der TAI-Frequenz als Korrektur berücksichtigt werden.

Die Nutzung des Yb+-Oktupolübergangs als Referenz einer optischen Uhr wird dadurch erschwert, dass durch das Anregungslicht höherliegende Energiezustände angekoppelt werden und dadurch die Übergangsfrequenz erheblich verschoben wird (light shift). Bisher mussten Absolutfrequenzmessungen deshalb als Extrapolation mit unterschiedlichen Anregungsintensitäten und unabhängiger präziser Messung der relativen Intensität durchgeführt werden. Alternativ wurde vor kurzem theoretisch gezeigt, dass sich mit einer Drei-Puls-Anregungssequenz, die ein spezielles Muster von Frequenz- und Phasensprüngen aufweist, ein atomares Resonanzsignal erzeugen lässt, das in linearer Näherung von der Lichtverschiebung unbeeinflusst ist und die ungestörte atomare Übergangsfrequenz wiedergibt. Aufgrund der Verwandtschaft zum Ramsey-Anregungsschema wird dieses Verfahren als "Hyper-Ramsey-Spektroskopie" (HRS) bezeichnet [3].

Wir haben das HRS-Verfahren zur Anregung des Yb+-Oktupolübergangs eingesetzt und konnten durch systematische Untersuchungen die vorhergesagte Unterdrückung der Lichtverschiebung erstmals experimentell verifizieren [4]. Wesentliche Bestandteile des Experiments sind der in [1] beschriebene Ionenfallen- und Kühllaseraufbau sowie ein Spektroskopielasersystem, das eine Fourier-begrenzte Auflösung im Hertzbereich ermöglicht und dessen Frequenzdrift (≈30 mHz/s) mittels Kammgenerator und Wasserstoffmaser überwacht wird. Die Abbildung zeigt berechnete und beobachtete HRS-Resonanzsignale. Hier ist die Lichtverschiebung mit ΔL≈1 kHz wesentlich größer als die Linienbreite der zentralen Resonanz (≈13 Hz).

          

Gemessene (Punkte mit roter Verbindungslinie) und berechnete (schwarze Linie) Resonanzsignale bei der Anregung des 2S1/2(F=0) - 2F7/2(F=3) - Oktupolübergangs eines gespeicherten 171Yb+-Ions mit einer HRS-Pulssequenz. Jeder Datenpunkt entspricht einer Mittelung über 20 Anregungszyklen. Das obere Spektrum ergibt sich bei vollständiger Kompensation der Lichtverschiebung, das untere bei unvollständiger Kompensation. In beiden Fällen liegt die Lichtverschiebung bei ΔL1 kHz. Die Laserverstimmung ist relativ zur ungestörten Übergangsfrequenz angegeben. Die Pulslängen in der HRS-Sequenz sind 9 bzw. 18 ms und die Dunkelphase zwischen den Pulsen ist 36 ms lang.

Im oben abgebildeten Fall entspricht der Verstimmungsparameter Δs der HRS-Pulssequenz auf <1 Hz genau der Lichtverschiebung, unten ist ΔL - ΔS = 10 Hz. Man erkennt, dass die unvollständige Kompensation (ΔL≠ ΔS) zwar zu einem unsymmetrischen Resonanzsignal führt, dass die Verschiebung des zentralen Minimums aber sehr viel kleiner ist als ΔL - ΔS. Kombiniert man die gegenwärtig maximal erreichbare spektrale Auflösung mit einer optimierten Experimentsteuerung, lässt sich auf diese Weise der Beitrag der Lichtverschiebung zur systematischen Unsicherheit des Yb+-Oktupol-Frequenznormals auf unter 10-17 reduzieren [4].       


Literatur:

[1]     N. Huntemann, M. Okhapkin, B. Lipphardt, S. Weyers, Chr. Tamm, E. Peik, High-accuracy optical clock based on the octupole transition in 171Yb+, Phys. Rev. Lett. 108, 090801 (2012).

[2]      S.A. King, R.M. Godun, S.A. Webster, H.S. Margolis, L.A.M. Johnson, K. Szymaniec, P.E.G. Baird, Absolute frequency measurement of the 2S1/2 - 2F7/2 electric octupole transition in a single ion of 171Yb+ with 10-15 fractional uncertainty, New J. Physics 14, 013045 (2012).

[3]        V.I. Yudin, A.V. Taichenachev, C.W. Oates, Z.W. Barber, N.D. Lemke, A.D.     Ludlow, U. Sterr, Ch. Lisdat, F. Riehle, Hyper-Ramsey spectroscopy of optical clock transitions, Phys. Rev. A 82, 011804(R) (2010).

[4]        N. Huntemann, B. Lipphardt, M. Okhapkin, Chr. Tamm, E. Peik, A.V. Taichenachev, V.I. Yudin, A generalized Ramsey excitation scheme with suppressed light shift, [erscheint in Phys. Rev. Lett. ] und arXiv:1209.1992v1 (2012).