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Nanopartikelmessung mit der Rasterelektronenmikroskopie

27.01.2010

Die Eigenschaften von Nanopartikeln sind in hohem Maße von ihrer Größe abhängig, was für neue technologische Entwicklungen ausgenutzt werden kann. Auf der anderen Seite stellen Nanopartikel möglicherweise eine Gefahr für Umwelt und Gesundheit dar. Um die technologische Nutzung von Nanopartikeln voranzutreiben und um mögliche Gefahren untersuchen zu können, ist eine hochgenaue Messung ihrer Größe erforderlich.

Unter den abbildenden Verfahren spielt die Rasterelektronenmikroskopie (REM) eine wichtige Rolle zur Untersuchung von Nanopartikeln. Eine Alternative zur herkömmlichen Abbildung mit Sekundärelektronen stellt die Benutzung eines Transmissionsdetektors dar. Mit diesem können die ungestreut transmittierten Elektronen oder die unter einem Winkel gestreuten Elektronen detektiert werden, und man erhält komplementäre Hellfeld- oder Dunkelfeldbilder (Beispiele siehe in Abb. 1 und 2). Dieses Verfahren wird auch kurz als TSEM (Transmission Scanning Electron Microscopy) bezeichnet.

 

         

Abb. 1. Hellfeldaufnahme von 160 nm großen Silika-Partikeln auf Kohle-Loch-Film. Die Stelle, an der das in Abbildung 3 gezeigte Signalprofil gewonnen wurde, ist durch einen roten Strich markiert.

 

       

Abb. 2. Dunkelfeldaufnahme der bereits in Abbildung 1 gezeigten Silika-Partikel.

 

Um hochgenaue Messungen durchführen zu können, muss der Prozess der Bildentstehung quantitativ verstanden sein, wobei die Wechselwirkung der Elektronen mit den Partikeln und die Eigenschaften des Detektors berücksichtigt werden müssen. Dazu wurde in der Abteilung Fertigungsmesstechnik der PTB das Monte-Carlo Simulationsprogramm MCSEM entwickelt, mit dem u. a. auch TSEM-Bilder simuliert werden können. In diesen Simulationen wird die Größe der Partikel als freier Parameter betrachtet, der so gewählt wird, dass das simulierte Signalprofil möglichst gut mit dem gemessenen übereinstimmt.

Im Rahmen eines europäischen Joint Research Projects [1] wurden drei verschiedene Partikelarten mit unterschiedlichen Größen und Zusammensetzungen untersucht [2]: 160 nm große Silika-, 50 nm Latex- und 15 nm Gold-Partikel. Dabei zeigte sich eine gute bis sehr gute Übereinstimmung zwischen den gemessenen und simulierten TSEM-Signalen. Abb. 3 zeigt als Beispiel gemessene und simulierte TSEM-Signale für Silika-Partikel. Das simulierte Signalprofil eines 2 nm größeren Partikels weicht deutlich von dem gemessenen Profil ab (Abb. 4), woraus man auf eine Sensitivität im sub-Nanometer-Bereich schließen kann. Die Abb. 5 bis 8 zeigen TSEM-Aufnahmen und Profile von Gold und Latex-Partikeln.

 

       

Abb. 3. Gemessene und simulierte TSEM-Signale des in Abb. 1 markierten Partikels.

 

       

Abb. 4. Ausschnitt aus Abb.3 mit einem zusätzlich simulierten TSEM-Signal für ein 2 nm größeres Partikel: Das Verfahren ist auf Größen­änderungen im nm- und sub-nm Bereich empfindlich.

 

         

Abb. 5. Hellfeldaufnahme von Gold-Nanokristalliten.

 

       

Abb. 6. Im Inneren des Partikels zeigt sich auch bei Gold eine gute Übereinstimmung der beiden Signale. Die Abweichung im äußeren Bereich kann evtl. darauf zurückgeführt werden, dass die Form der Kristallite von einer perfekten Kugel abweicht.

 

       

Abb. 7. Hellfeldaufnahme von Latex-Partikeln.

 

       

Abb. 8. Gemessenes und simuliertes Signal eines Latex-Partikels stimmen ebenfalls gut überein. Im Vergleich zu Abb. 3 und 5 ist zu erkennen, dass Latex-Partikel für die hier verwendeten 30keV-Elektronen teiltransparent sind.

Die Ergebnisse machen deutlich, dass mit dem TSEM-Verfahren Partikel der wichtigsten Materialklassen mit Größen ab 10 nm quantitativ gemessen werden können. Für die Rückführung der Messergebnisse auf die SI-Einheit „Meter“ sind noch weitere wichtige Untersuchungen durchzuführen, u. a. zum Einfluss der Probenpräparation, der 3D-Probengeometrie und möglicher Probenaufladungen. Zudem muss das REM selbst kalibriert werden. Da die Messung einer großen Zahl von Partikeln sehr zeitaufwändig ist, sind Messungen von Größenverteilungen nur eingeschränkt möglich. Für Vergleichsmessungen mit anderen Verfahren oder in anderen Laboratorien ist das Problem der repräsentativen Probenteilung bzw. des Wiederfindens der Partikel zu lösen.


Literatur:

[1]       European Metrology Research Programme T3.J1.1, Traceable characterization of nanoparticles, www.euramet.org

[2]       E. Buhr, N. Senftleben, T. Klein, D. Bergmann, D. Gnieser, C.G. Frase, H. Bosse: Characterization of nanoparticles by scanning electron micrsocopy in transmission mode, Meas. Sci. Technol. 20, 084025 (9p), 2009