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Interview mit Prof. Dr. Stefanie Kroker

Frau Kroker, Sie leiten seit April 2016 die LENA Nachwuchsgruppe für Metrologie funktionaler Nanosysteme. Warum wurde diese Gruppe neu geschaffen?

Es geht darum, die Zusammenarbeit zwischen der PTB und der TU Braunschweig auf dem Gebiet der Nanomesstechnik zu intensivieren. Im LENA-Forschungsbau wird es Großgeräte und Forschungsmöglichkeiten geben, die es bisher weder an der TU noch an der PTB gab. So profitieren beide Seiten von der Zusammenarbeit.

Womit beschäftigt sich Ihre Arbeitsgruppe?

Die Nanometrologie umfasst ein sehr breites Themenspektrum. Da ich von Hause aus „Optikerin“ bin, ist unsere Forschung etwas „optiklastig“ – auch wenn ich an der Schnittstelle zur Festkörperphysik arbeite. Unseren Forschungsschwerpunkt bildet die Licht-Materie-Wechselwirkung an strukturierten Oberflächen.

Können Sie das genauer erläutern?

Wir können Oberflächen gezielt designen und herstellen, sodass sie Licht in einer ganz bestimmen Art und Weise formen oder beeinflussen. Dazu benötigen wir optische Nanostrukturen – auch Metaoberflächen genannt. Durch das „maßgeschneiderte“ Licht, das wir auf diese Weise erzeugen, bekommen wir z.B. Zugriff auf Anregungsprozesse in Molekülen, Atomen und Zellen.

Ist die Krebstherapie ein mögliches Einsatzfeld dieser Technologie?

Ja, sowohl die Therapie als auch die Diagnose: Das „maßgeschneiderte“ Licht kann man je nach benötigter Diagnose bedarfsorientiert einsetzen, um zu bestimmten Ergebnissen zu kommen. Des Weiteren wird es künftig möglich sein, mittels Nanostrukturen kranke Zellen gezielt zu bestrahlen bzw. zu therapieren. Die Medizin ist allerdings nur eines von vielen Anwendungsfeldern, die aktuell erforschet werden.

In welchen weiteren Bereichen benötigt man Nanostrukturen?

Überall dort, wo es auf millionstel Millimeter genaue Abmessung ankommt – also in der Hochpräzisionsmetrologie. Der Trend geht aktuell zu Lasern mit immer kürzeren Wellenlängen, die Messungen im Bereich von wenigen Nanometern ermöglichen. Mittels Nanostrukturen können wir einerseits hochempfindliche Messsysteme verbessern und andererseits die benötigten Strukturen überhaupt erst hochgenau herstellen. Das ist ein Kreisprozess: Das eine bedingt das andere – und es geht nur zusammen.

Können Sie ein aktuelles Beispiel für ein hochgenaues Experiment nennen, bei dem Nanostrukturen von Vorteil sind?

Die Gravitationswellenastronomie ist ein gutes Beispiel. Die dabei eingesetzten Detektoren wackeln oder wie es genauer heißt: sie rauschen. Das erschwert die Messungen. Wir erforschen daher – gemeinsam mit Kollegen vom Albert-Einstein-Institut in Hannover –, wie sich Rauschprozesse in optomechanischen Systemen mittels Nanostrukturen minimieren lassen. Ähnliche Mechanismen kommen bei der Thermometrie mit optischen Mikroresonatoren zum Tragen. Hier bereiten wir momentan z.B. gerade ein Forschungsvorhaben gemeinsam mit den Kollegen aus Berlin vor.

Neben der Forschung sind Sie als Juniorprofessorin auch in der Lehre tätig. Wie gefällt Ihnen ihre neue Tätigkeit?

Sehr gut! Was ich an dieser Stelle schätze, ist die Mischung aus PTB und Universität – und dass ich das „Mischverhältnis“ selbst steuern kann. Da meine Labore in der PTB sind, bin ich derzeit häufiger hier.

Was war eines Ihrer ersten Highlight im neuen Job?

Meine erste Vorlesung: Mir wurde gesagt, ich solle nicht enttäuscht sein, wenn niemand kommt, da mich ja noch niemand kennt. Letztendlich kamen 23 Studenten – und die sind mir über das Semester größtenteils treu geblieben. Das gibt einem viel zurück und motiviert!

Ist der Spagat zwischen Forschung und Lehre stressig?

Es ist immer viel zu tun, aber selten stressig. Zwar arbeite ich mehr als 40 Stunden die Woche, aber mir macht die Arbeit Spaß und ich möchte ja etwas erreichen.

Was wollen Sie erreichen? Beispielsweise in einem Jahr…

Ich möchte das Labor der Gruppe aufgebaut haben und möglichst die ersten experimentellen Ergebnisse liefern können. Zudem hoffe ich, dass meine Doktoranden gut vorankommen und Spaß bei der Arbeit haben.

Was machen Sie, wenn Sie nicht gerade Licht „maßschneidern“ oder perfekte Oberflächen herstellen?

Ich spiele gerne Klavier und habe ein Faible für Neapel – speziell für neapolitanische Literatur. In meiner Freizeit versuche ich daher mein Italienisch am Laufen zu halten. Zudem reise ich gerne, wobei meine privaten Reiseaktivitäten derzeit etwas nachgelassen haben, da ich dienstlich oft unterwegs war.

Haben Sie eine Schlussbotschaft für die Leser dieses Interviews?

Wir sind immer auf der Suche nach Bachelor- und Masterstudenten, die mit uns Zusammenarbeiten wollen. Vielen Studenten warten auf konkrete Stellenausschreibungen, aber man findet fast immer die Möglichkeit, gute Leute zu beschäftigen. Wer sich für unsere Arbeit interessiert, sollte uns ansprechen.