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Erdgasabrechnung durch Gasbeschaffenheitsmessgeräte

04.11.2005

Im gesetzlichen Messwesen wird bei der thermischen Gasabrechnung neben dem Volumen auch der Energieinhalt, über den Brennwert des Gases, gemessen. Beide Messgrößen sind temperatur- und druckabhängig und werden zur Vergleichbarkeit auf definierte Normbedingungen umgerechnet. Die vom Verbraucher bezogene Energiemenge ergibt sich dann aus dem Produkt von Brennwert und Volumen im Normzustand.

Teil der Umrechnung des Volumens vom Betriebs- in den Normzustand für größere Abnehmer ist die "SGERG"-Gleichung. Eingangsgrößen dieser Gleichung sind neben Druck und Temperatur, der Kohlenstoffdioxidanteil, der Brennwert und die Normdichte. Die "SGERG-Gleichung" ist ein Berechnungsverfahren, anwendbar für die bisher in Europa verteilten natürlichen Erdgase.

Seit einiger Zeit werden jedoch auch künstlich veränderte Erdgase in die Transportnetze eingespeist. Diesen Erdgasen werden die höheren Kohlenwasserstoffe (insbesondere Propan und Butane) zur separaten kommerziellen Verwertung entzogen. Für die übrigbleibenden, abgereicherten Erdgase führt das "SGERG-Verfahren" zu falschen Ergebnissen, insbesondere bei höheren Drücken, z.B. wurde bei 10 MPa eine Abweichung von 0,5 % festgestellt. Daher ist die Anwendung eines verbesserten Berechnungsverfahrens, AGA 8-DC92 nach ISO 12213-2, notwendig und wurde Ende 2004 zugelassen.

Das Verfahren benötigt allerdings als Eingangsgrößen, neben Temperatur und Druck, die Stoffmengenanteile aller Komponenten (außer Spurenbestandteilen), die sog. Gasbeschaffenheit. Damit werden die Stoffmengenanteile, wenn sie in das Berechnungssverfahren einfließen, abrechnungsrelevant und daher eichpflichtig. Dies erfordert die Zulassung und Eichung der bisher nur als Brennwert- und Normdichtemessgeräte verwendeten Prozessgaschromatographen (PGC) als Analysengeräte (Gasbeschaffenheitsmessgeräte). Neue Eichfehlergrenzen für die Stoffmengenanteile wurden von der Vollversammlung für das Eichwesen im März 2005 festgelegt.

Die Bauartzulassung der neuen Gasbeschaffenheitsmessgeräte benötigt eine Vielzahl neuer rückgeführt zertifizierter Prüfgase, die die Messrichtigkeit jeder eichpflichtigen Komponente über den Arbeitsbereich des Messgerätes an mehreren Punkten zu prüfen erlauben.

Die Arbeitsgruppe 3.31 entwickelt deshalb ein gaschromatographisches Vergleichsverfahren zur Zertifizierung von Erdgasen, rückgeführt auf gravimetrisch hergestellte Normale. Dazu wird ein sogenannter 4 Kanal-MicroGC mit Wärmeleitfähigkeitsdetektoren eingesetzt. Als Trägergase kommen Argon und Wasserstoff zum Einsatz. Analysiert werden können routinemäßig Helium, Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff, Methan und Kohlenmonoxid auf einer Molekularsiebsäule; weiterhin Ethan, Ethen und Kohlenstoffdioxid auf einer PoraPlot-Säule. Propan, Propen, Butan, 2-Methylpropan (Isobutan), Pentan, 2-Methylbutan (Isopentan) und 2,2-Dimethylpropan (Neopentan) werden auf einer Aluminiumoxid-Säule getrennt. Höhere Kohlenwasserstoffe ab Hexan werden schließlich auf einer OV-1-Säule aufgetrennt.

Die Abbildung zeigt die erhaltenen Chromatogramme für ein 17-Komponenten-Gasgemisch.


Abbildung: Chromatogramme der verschiedenen Säulen eines 17-Komponenten-Kalibriergases
a) Molekularsiebsäule, b) PoraPlot-Säule, c) Al2O3-Säule, d) OV-1TM.-Säule 

Das Verfahren wird künftig die Zertifizierung der unterschiedlichsten natürlichen und synthetischen erdgasähnlichen Gasgemische erlauben, die als Prüfgase in der Bauartzulassung eingesetzt werden.