
Basierend auf den in der PTB gewonnenen Erkenntnissen zum Erwärmungsverhalten umrichtergespeister Antriebe und dem neu entwickelten Prüf- und Zertifizierungskonzept [1, 2] erfolgte im Rahmen eines über das PRO INNO II Förderprogramm geförderten Forschungsprojektes zusammen mit einem mittelständischen Industrieunternehmen die Entwicklung eines Motorschutzgerätes für frequenzumrichtergespeiste Antriebe. Ziel ist es dabei zum einen auf die Forderung der Implementierung einer frequenzabhängigen Strombegrenzung (Bild 1) in den Frequenzumrichter durch den Hersteller, und zum anderen auch auf die zusätzliche Forderung nach einer zweiten, funktionsgeprüften Schutzmaßnahme verzichten zu können. Diese zusätzliche Maßnahme wird im Regelfall durch in die Wicklung eingebettete Kaltleiter zusammen mit einem gemäß Richtlinie 94/9/EG als Überwachungsgerät zertifizierten Auswertegerät realisiert. Dieses ist erforderlich, da der Frequenzumrichter nicht geprüft und zertifiziert wird, und dieses wegen des hohen Aufwandes von den Herstellern auch nicht gewünscht ist.
Eine wesentliche Anforderung an das Schutzgerät ist es dabei, alle Betriebszustände des Motors über die elektrischen Parameter zu erkennen, die zu einer unzulässig hohen und den Explosionsschutz in Frage stellenden Erwärmung führen würden. Häufige Fehlerfälle Die Überlastung gilt als häufigster Störungsfall, der analog zum netzgespeisten Motor über den Anstieg des Stromeffektivwertes erkannt werden kann. In Abhängigkeit des Grades der Überlast erfolgt bei einem netzgespeisten Motor die Abschaltung gemäß der Auslösekennlinie des Motorschutzschalters nach definierter Zeit. Im einfachsten Fall wird dazu das thermische Verhalten des Motors durch das Schutzgerät über ein so genanntes Einkörper-Ersatzschaltbild nachgebildet. Der Bemessungsstrom des Motors wird bei einem netzgespeisten Antrieb bei der Inbetriebnahme eingestellt und bleibt dann unverändert bestehen. Bei einem eigenbelüfteten, umrichtergespeisten Antrieb (der Mehrzahl der frequenzumrichtergespeisten Antriebe) ist die Situation jedoch grundverschieden. Da bei diesen Maschinen der thermische Widerstand zur Umgebung stark drehzahlabhängig ist, (Bild 2) muss der dauernd zulässige Bemessungsstrom mit fallender Frequenz reduziert werden. Dieses ist eine zentrale Funktionalität des neu entwickelten Schutzgerätes.
Kurzzeitige Überlastungen in gewissen Grenzen sind zulässig, dabei nehmen die in Bild 2 dargestellten Wärmekapazitäten Wärmeenergie auf und verlangsamen somit den Temperaturanstieg. Eine weitere Forderung an das Schutzgerät ist daher gewesen, die Wärmekapazitäten der Maschine entsprechend zu berücksichtigen, kurzzeitige Überlastungen zuzulassen und die Überlastzeit in Abhängigkeit des Überlastgrades zu begrenzen. Eine weitere Forderung an das Schutzgerät ist gewesen, das Abkühlverhalten der Maschine abzubilden, um auch bei intermittierenden, kurzzeitigen Überlastungen unzulässige Erwärmungen zu vermeiden. [3] Weitere kritische Fehlerfälle Damit das Schutzgerät später beim Betreiber des Motors seine Funktion sicher erfüllt, muss es noch weitere, kritische Fehlerzustände erkennen und abschalten. Hier seien zunächst die Fehler „Unterspannung“ und „Überspannung“ für die aktuelle Betriebsfrequenz genannt, die durch einen Umrichterfehler bzw. falsch parametrierten Umrichter verursacht werden können. Beide Fehlerfälle führen zu einem Anstieg der Maschinenverluste und müssen erkannt werden, bevor unzulässige Erwärmungen auftreten. Test des Schutzgeräteentwurfes Vor Beginn der Prototypentwicklung wurde mittels der Labview-Entwicklungsumgebung ein Rechnermodell des Schutzgerätes programmiert und die Funktion mit simulierten Messdaten und an realen Antriebssystemen getestet. Die elektrischen Größen wurden dabei über einen Poweranalyzer gemessen und als Eingabedaten für die Simulationssoftware verwendet. Später sollen diese Messgrößen durch das Schutzgerät über vorgeschaltete Wandler für Strom und Spannung erfasst werden. Es zeigte sich, dass das Schutzgerätekonzept alle Anforderungen erfüllte und eine Motorüberlast sowie die anderen hier beschriebenen Fehlerfälle sicher erkannt wurden. Die über das Rechnermodell simulierte Funktionalität konnte daher durch den Industriepartner bei der Prototypenentwicklung (Bild 3) umgesetzt werden.
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Ansprechpartner:
C.Lehrmann, AG 3.72, christian.lehrmann(at)ptb.de