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Herstellung von elektrischen Quantennormalen mittels epitaktischem Graphen

Graphenofen bei 1600°C. In dem weißglühenden Hohlraum befindet sich die Graphenprobe in einem Grafitschiffchen (nicht sichtbar), welches induktiv mittels der außenliegenden Kupferrohrwicklung geheizt wird. Das Schiffchen wird von dem dunkleren Grafitfilz-Hohlzylinder gehalten, der gleichzeitig das Aufheizen des äußeren Quarzylinders verhindert. Während des Graphenprozesses strömt Argongas mit nahezu Atmosphärendruck durch den Quarzzylinder über die Probenoberfläche.
Links(a): AFM Topografie (Abteilung 5) einer Graphenprobe mit ≈0,8 nm hohen Nanostufen.
Rechts(b): Raman-Spektroskopie Messungen (Abteilung 3) die einen durchgehenden Graphenfilm aus Monolagen (grün) und Bilagen-Flecken (rot-gelb) zeigen.

Messung von Hall- und Längswiderstand an einer Probe aus epitaktischem Graphen nach dem „photo-chemical gating“ (Elektronen-Konzentration von 7x10-11 cm-2 und -Beweglichkeit von 7700 cm2/Vs).
Rechteckiger Hall-bar aus 1-lagigem Graphen. Die dünnen Gold-Kontakte messen die Hall- bzw. Längsspannung. Dunkle Flecken sind Luftblasen im Klebstoff an der Substratunterseite, da Graphen und SiC für das Auge transparent sind.

Das Material Graphen erlaubt die elektrische Widerstandseinheit „Ohm“ mit sehr hoher Präzision zu reproduzieren. Das planare Netzwerk aus sechseckig angeordneten Kohlenstoffatomen bietet auf Grund seiner speziellen Eigenschaften einen echten Vorteil, denn ein daraus gefertigtes  Quantennormal könnte ohne flüssiges Helium und bei kleinen Magnetfeldstärken betreiben werden und würde somit helfen, technischen Aufwand und Kosten zu verringern. Damit könnte Galliumarsenid als Ausgangsmaterial für die sogenannten Quanten-Hall-Bauelemente abgelöst werden.
Mittels der vor noch einigen Jahren verwendeten Materialgewinnungsmethode, dem „mechanischen Exfoliieren“ konnten nur sehr kleine Graphen-Flocken (im Mikrometer-Bereich) von einem kristallinen Graphitblock abgelöst werden. Um diese Hürde zu überwinden, wird im Reinraum-Zentrum der PTB eine Apparatur zur Herstellung von sogenanntem epitaktischem Graphen betrieben. Damit lassen sich zentimetergroße Siliziumkarbid (SiC)-Substrate mit Graphen bewachsen. Bei diesem Prozess werden die oberen Atomlagen des SiC-Substrates bei sehr hohen Temperaturen von über 1600°C aufgelöst (Graphenofen im Betrieb siehe Foto), so dass Siliziumatome an der SiC-Oberfläche sublimieren und die verbleibenden Kohlenstoffatome bei geeigneter Prozessführung das graphentypische, zwei-dimensionale, hexagonale Kristallgitter ausbilden. 

Unglücklicherweise kommt es jedoch beim epitakischen Wachstum von Graphen immer wieder zur Aufrauhung bzw. zur Bündelung von mehreren Kristallebenen der Siliziumkarbid-Substratoberfläche mit bis zu 10 nm bis 20 nm hohen Terrassenstufen. QHE-Präzisionsmessungen haben gezeigt, dass sich die hohen Stufenstrukturen negativ auswirken und daher verhindert werden müssen. Physiker der PTB und der Universität Hannover haben sich diesem Problem angenommen und konnten nun ein neues  Verfahren vorstellen, in dem durch eine zusätzliche Vorbehandlung in Argon-Atmosphäre bei niedrigeren Temperaturen von 1400°C diese Aufrauhung verhindert wird. So erhalten wir eine atomar glatte SiC-Oberfläche mit nur noch 0,75 nm bis 0,8 nm hohen Nanostufen, wie Aufnahmen mit den Rasterkraftmikroskop zeigen (Abteilung 5). Auf dieser SiC-Oberfläche wächst ein zusammenhängender Graphenfilm aus einer Lage Kohlenstoff, was Raman-Spektroskopie Messungen (Abteilung 3) eindeutig belegen.

Grund ist wohl, dass schon während der Vorbehandlung eine kohlenstoffreiche Schicht (der sogenannte „bufferlayer“) entlang der Terrassenkanten entsteht, welche eine Bündelung der Terrassenstufen verhindern. Die verbleibenden atomaren Stufen von weniger als einem Nanometer Höhe, haben keine Auswirkungen mehr auf die Genauigkeit der Widerstands-Messungen. Mit dem neuen Verfahren können jetzt also glatte Graphenschichten hergestellt werden, die in Präzisionsmessungen des quantisierten Hall-Widerstandes, den Wert der von-Klitzing-Konstante mit einer Standardabweichung von 4,5x10-9 zeigen. Einige dieser Proben werden bereits im europäischen Forschungsprojekt „GraphOhm“ verwendet. Die ausführliche Forschungsarbeit mit dem Titel „Epitaxial graphene on SiC: Modification of structural and electron transport properties by substrate pretreatment“ [1] ist kürzlich in der Fachzeitschrift “Journal of Physics: Condensed Matter“ veröffentlicht worden.

 

Publikation:

  • M. Kruskopf, K. Pierz, S. Wundrack, R. Stosch, T. Dziomba, C.-C. Kalmbach, A. Müller, J. Baringhaus, C. Tegenkamp, F. J. Ahlers and H. W. Schumacher, "Epitaxial graphene on SiC: modification of structural and electron transport properties by substrate pretreatment", J. Phys. Condens. Matter 27 (2015) 185303.