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Verringerte Messunsicherheit für Wechselspannungs-Temperaturmessbrücken mit neuem PTB-Brückennormal

30.12.2005

Das Prinzip der Wechselspannungs-Temperaturmessbrücken

Die Widerstandsthermometrie benötigt neben dem Widerstandsthermometer einen Normalwiderstand und eine Messbrücke. Die präzisesten Temperaturmessbrücken ermitteln das Verhältnis aus Thermometerwiderstand RT und Normalwiderstand RS bei niedrigen Messfrequenzen von einigen 10 Hz mit Auflösungen bis hinab zu einigen 10-9. Der von der Temperaturmessbrücke TB (siehe Bild 1) generierte Messstrom Im wird durch die in Serie geschalteten Widerstände RT und RS geleitet und verursacht die Spannungsabfälle UT = Im•RT und US = Im•RS. Der Messwert A, behaftet mit der Messabweichung Δ, wird aus dem Verhältnis der Spannungsabfälle UT und US ermittelt:

Zur rückführbaren Kalibrierung (d.h. zur Bestimmung der Meßabweichung Δ an einigen diskreten Punkten der Übertragungsfunktion f ) derartiger Messbrücken wurde ein Brückennormal entwickelt und aufgebaut, mit dem sich ausgewählte Spannungsverhältnisse zwischen 0,1 und 1,3 mit Unsicherheiten von ca. 3•10-8 (k = 2) darstellen lassen.


Bild 1: Einsatz einer Temperaturmessbrücke TB in der Widerstandsthermometrie

Der Aufbau des Brückennormals

Das PTB-Brückennormal stellt Spannungsverhältnisse mit einem speziell für diese Anwendung entwickelten induktiven Zweikern-Spannungsteiler mit separater Magnetisierungs- und Teilerwicklung dar. Zur rein elektrischen Kalibrierung von Temperaturmessbrücken werden Thermometer- und Normalwiderstand durch diesen Teiler TBS und einen Widerstand R ersetzt (siehe Brückennormal BS in Bild 2). R wird anstelle von RT und RS geschaltet, an ihm fällt die Spannung U= Im•R ab. Der parallel zum Ersatzwiderstand angeschlossene Teiler besitzt 24 gleiche Teilwicklungen, mit denen sich 24 Teilungsverhältnisse darstellen lassen. An seinen Ausgängen können die Ausgangsspannungen Uai 

abgegriffen werden. Dni sind die Nenn-Teilungsverhältnisse, Ki die zugehörigen Korrektionen. Verbindet man die in Bild 2 gezeigten, mit a, b und c bezeichneten Ausgänge mit den Eingängen der zu kalibrierenden Temperaturmessbrücke, dann wird das angelegte Spannungsverhältnis UT/US auf Teilungsverhältnisse des induktiven Spannungsteilers zurückgeführt:

Mit der Ablesung A, dem von der Messbrücke ermittelten Messwert, kann aus (1) und (3) die gesuchte Messabweichung Δ aus den Nennwerten Dna und Dnb mit den zugehörigen Korrektionen Kaund Kb berechnet werden:

Durch Variation von Da und Db ergibt sich eine große Anzahl von darstellbaren Spannungsverhältnissen UT/US. Besonders sinnvoll sind die Kombinationen aus Db = 11/24 mit Da = 12/24 bis 24/24, mit denen sich die 13 Spannungsverhältnisse UT/US = 0,090 909 ..., 0,181 818 ..., 0,272 727 ... bis 1,181 818 ... darstellen lassen. Aber auch die Kombinationen Db = 10/24 mit Da = 11/24 bis 24/24 (14 Verhältnisse UT/US = 0,1, 0,2, 0,3 bis 1,4) oder Db = 9/24 mit Da = 10/24 bis 24/24 (15 Verhältnisse UT/US = 0,111 ..., 0,222 ..., 0,333 ... bis 1,666 ...) liefern interessante Kalibriersignale. Darüber hinaus lassen sich auch Spannungsverhältnisse in einem weiteren Bereich (UT/US = 0,04 bis 3,8) generieren, wodurch die Kalibrierung von Messbrücken in allen in der Praxis benötigten Bereichen ermöglicht wird.


Bild 2: Elektrische Kalibrierung einer Temperaturmessbrücke mittels Brückennormal BS

Die In-sich-Kalibrierung des Brückennormals

Die In-sich-Kalibrierung ist ein Verfahren, bei dem die Korrektionen Ki des Teilers TBS über ein zunächst unbekanntes, aber im Kalibrierzeitraum stabiles Spannungsverhältnis eines Referenz-Spannungsteilers TR mit galvanisch getrennter und geschirmter Ausgangswicklung bestimmt werden.

Zur Kalibrierung werden beide Spannungsteiler eingangsseitig parallelgeschaltet und vom GeneratorG mit nachgeschaltetem Hilfsteiler TH erdsymmetrisch gespeist (Bild 3). Das Nenn-Teilungsverhältnis DnR = 1/24 des Referenz-Spannungsteilers entspricht dabei dem Nenn-Teilungsverhältnis einer Teilwicklung des Brückennormals. Die idealerweise sehr kleine Differenzspannung zwischen den Ausgängen der beiden Teiler wird mit Hilfe eines Lock-in-Verstärkers LIV mit der erforderlichen Auflösung gemessen.

Die Ausgangsspannung des Referenzspannungsteilers wird nacheinander mit allen 24 Teilspannungen der 24 Teilwicklungen des Brückennormals verglichen. Die so ermittelten Messwerte der Differenzspannungen erlauben die Berechnung der Korrektion KR des Referenzspannungsteilers TR und damit die Bestimmung der Korrektionen Ki der 24 Ausgänge des Brückennormals.

Um die Messabweichung Δ aus Gl. (4) mit Unsicherheiten von wenigen 10-8 ermitteln zu können, müssen die Korrektionen Ki des Brückennormals mit einer Unsicherheit von einigen 10-9 bestimmt werden. Das setzt größtmögliche (Kurzzeit-) Stabilität des Referenzteilers, eine Unabhängigkeit seiner Ausgangsspannung von der sich ändernden Potentialdifferenz gegen Erde (Unterdrückung von Gleichtaktsignalen) sowie eine hohe Auflösung unter 10-9 bei der Messung der Differenzspannungen voraus. Bei den niedrigen Messfrequenzen von einigen 10 Hz kann die Stabilität nur durch zweistufigen Aufbau des Referenzspannungsteilers in Verbindung mit einer elektronisch gespeisten Magnetisierung erreicht werden und die erforderliche Gleichtaktunterdrückung durch elektronische Steuerung der sekundärseitigen Schirme. Die hohe Auflösung wird durch einen rauscharmen Vorverstärker VV in Verbindung mit einer transformatorischen Rauschanpassung durch den Anpassungstransformator TA erzielt. Bei einer Rauschbandbreite von 0,1 Hz können damit bei der Messfrequenz 25 Hz Spannungen bis zu 0,2 nV aufgelöst werden.


Bild 3: In-sich-Kalibrierung des Brückennormals


Bild 4: Neues PTB-Brückennormal zur Kalibrierung von Wechselspannungs-Temperaturmessbrücken