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Automatische Zweitor-Messbrücke für Kapazitätsmessungen

01.10.2022

Der zeitaufwändige Abgleich einer in der PTB zur Kalibrierung von Kapäzitätsnormalen verwendeten Messbrücke konnte durch den Einsatz rechnergesteuerter induktiver Spannungsteiler und neu entwickelter Software bei unverändert niedriger Messunsicherheit deutlich beschleunigt werden.

 

Die Kalibrierung von Kapäzitätsnormalen, also Maßverkörperungen für das Farad (Einheit der Kapazität) erfolgt mit Messbrücken, die einen Vergleich mit einem bekannten Normal unter Verwendung des kalibrierten Teilungsverhältnisses induktiver Spannungsteiler durchführen. Technisch realisierte Kapazitätsnormale weisen einen unerwünschten resistiven Anteil (Verlustfaktor) auf und sind überwiegend in koaxialer Leitungstechnik aufgebaut. Somit muss neben dem Abgleich für den Real- und Imaginärteil des Kapazitäts­verhältnisses auch ein komplexer Abgleich der Brücke (der sogenannte „Wagner-Abgleich“) erfolgen, um die Anschlussbedingungen für den koaxialen Betrieb zu gewährleisten. Für den vollständigen Brückenabgleich ist es somit notwendig, die Teilungsverhältnisse von insgesamt vier induktiven Spannungsteilern so einzustellen, dass Real- und Imaginärteil sowohl der Brückenspannung als auch der Spannung im Wagner-Arm gleichzeitig verschwinden. Da diese Einstellungen nicht vollständig zu entkoppeln sind, ist eine iterative Annäherung an den Abgleichpunkt erforderlich, die bei händischer Durchführung mehrere zehn Minuten in Anspruch nehmen kann. Die damit ermittelten Einstellungen der jeweils acht Teilerdekaden sind dann in Formblättern für die spätere Auswertung zu dokumentieren.

 

Mit dem neuen Aufbau ist es demgegenüber möglich, die erforderlichen Einstellungen aller vier Teiler aus den Ausschlägen der beiden Null-Instrumente für die Brückenspannung und für die Wagner-Spannung voraus­zuberechnen. Mit idealen Bauelementen könnte die Brücke grundsätzlich mit zwei Verstellschritten komplett abgeglichen werden, während in der Praxis wegen unvermeidlicher Rauscheinflüsse in der Regel mehrere Schritte erforderlich sind. Dennoch ist es möglich, den Abgleich innerhalb weniger Minuten durchzuführen. Die vollautomatische Bedienung der Messbrücke ermöglicht zudem eine sofortige Auswertung und Beurteilung der Messergebnisse, so dass z.B. schlechte Kontaktierungen sofort erkannt und beseitigt werden können. Zudem sind damit auch zahlreiche Wiederholungsmessungen automatisch durchführbar, die eine quantitative Einschätzung der statistischen Schwankungen ermöglichen.

 

 

Bild: Rechnergesteuerter Aufbau der automatisierten Zweitor-Kapazitätsmessbrücke mit zwei General-Radio-Kondensatornormalen.

 

Ansprechperson:

Jinni Lee

Fachbereich 2.1 „Gleichstrom und Niederfrequenz“

jinni.lee@ptb.de