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Erstmalige Messung des Leistungseintrages eines Phakoemulsifikationsgerätes in das Auge

29.06.2012

Der graue Star (Katarakt) zählt zu den häufigsten Erkrankungen im Alter und ist durch eine Trübung der Augenlinse gekennzeichnet. Im Fall einer deutlichen Absenkung der Sehschärfe wird die getrübte Augenlinse mittels Ultraschall entfernt (Phakoemulsifikation) und durch eine Kunststofflinse ersetzt. Als Komplikationen während der Operation können hierbei thermische Schäden auftreten. An der PTB wurde nun erstmals die durch Phakoemulsifikationsgeräte eingebrachte Leistung gemessen und damit eine Abschätzung über das thermische Schädigungspotential ermöglicht.

Mit rund 800.000 Eingriffen pro Jahr ist die Phakoemulsifikation die häufigste in Deutschland durchgeführte Operation. Infolge des demographischen Wandels wird die Bedeutung dieser Methode weiter zunehmen und auch geringe Komplikationsraten werden zu hohen Folgekosten für das Gesundheitssystem führen. Als eine mögliche Komplikation kommen dabei thermische Schäden des Hornhautendothels in Frage. Durch Reibungsvorgänge an der über 42.000mal pro Sekunde schwingenden Spitze des Phakoemulsifikationsgerätes entsteht Wärme, welche durch Strömungen und Wärmeleitung innerhalb der Vorderkammer verteilt wird und die Zellen schädigen könnte. Die PTB arbeitet daher daran, die komplexen Vorgänge während der Phakoemulsifikation durch Modellrechnungen und Messungen so beschreiben zu können, dass eine Risikoabschätzung möglich wird.

Bild 1: Mit Hilfe von Ultraschall wird die getrübte Augenlinse fragmentiert und entfernt. Die Spitze des Phakoemulsifikationsgerätes schwingt dabei über 42.000mal pro Sekunde.

In einem ersten Schritt wurde nun die ins Auge eingebrachte Leistung kalorimetrisch bestimmt. Hierfür wurde ein adiabatisches Kalorimeter aufgebaut, bei dem die eingebrachte Leistung  proportional zur gemessenen Temperatursteigerung ist. In Abb. 2 ist ein Temperaturverlauf exemplarisch dargestellt. Nach vorheriger Kalibrierung des Kalorimeters konnte aus der Steigung der Temperaturkurve ein Leistungseintrag von (6,11 ± 1,03) W bestimmt werden.

Bild 2: Beispiel für einen typischen Temperaturverlauf während der Leistungsmessung des Phakoemulsifikationsgerätes

Die Messungen wurden mit einer Schwingungsamplitude von 56 ?m durchgeführt. Um den Leistungseintrag und damit den Temperaturanstieg gering zu halten, werden in der klinischen Praxis allerdings kleinere Amplituden verwendet. Aus diesem Grund wurden zusätzlich Experimente mit einer für Operationen üblichen Amplitude von 28 µm durchgeführt, welche einen Leistungseintrag von (1,41 ± 0,18) W lieferten. Näherungsweise hängt dieser also quadratisch von der Schwingungsamplitude ab.

Bei einem normalsichtigen Auge beträgt das Volumen an Kammerwasser 250 µl. Der gemessene Leistungseintrag reicht demnach aus, um die Temperatur in der Vorderkammer um rund 1,3°C pro Sekunde zu steigern.

Damit ermöglicht die Messung der eingebrachten thermischen Leistung eine erste Abschätzung des thermischen Schädigungspotentials und liefert einen Beitrag zum besseren Verständnis über die Vorgänge während der Phakoemulsifikation.

Contact person:

Steffen Buschschlüter, Dept. 1.6, WG 1.62, E-mail: steffen.buschschlueter@ptb.de